Romana Extra Band 6
dieses Tages, an dem sie viele Gegenstände gesehen hatte, die sie gerne malen wollte, lag Liz entspannt in der großen Marmorbadewanne, bis zum Hals im warmen, duftenden Wasser.
Sie hing ihren Gedanken nach und fragte sich, ob er ihr jemals die ganze Wahrheit über sich offenbaren würde. Dabei fiel ihr wieder ein, dass er sie am ersten Morgen nach seiner Rückkehr für jemand anderen gehalten hatte.
Sie hatte ihn noch nie nach der Identität dieser anderen Frau gefragt. Vielleicht sollte sie das tun und könnte so die Ursache erfahren für den sorgenvollen Ausdruck, den sie letzte Nacht auf seinem Gesicht beobachtet hatte.
Schlaflosigkeit war ihrer Meinung nach fast immer ein Symptom einer tief liegenden seelischen Störung. Ein Mann ohne Sorgen konnte durchschlafen, und das erst recht nach einer Liebesnacht.
Erst am Abend des Tages, an dem Anna operiert wurde, brachte Liz den Mut auf, David nach der anderen Frau zu fragen. Sie waren an diesem Nachmittag nicht ins Krankenhaus gefahren und hatten sich deshalb seit dem Frühstück nicht gesehen. David hatte den ganzen Tag in seinem Atelier verbracht, und Liz hatte in einer schattigen Ecke des Gartens gearbeitet. Momentan schrieb und illustrierte sie ein Kinderbuch über die Abenteuer einer Schiffskatze.
Gegen ein Uhr brachte Teresa jedem von ihnen als Mittagsimbiss eine Schale Suppe und etwas Obst. Erst abends um sechs kam David aus seinem Arbeitsraum und gesellte sich zu Liz.
Nach einem leichten Abendessen, das Teresa für sie zubereitet hatte, saßen sie nun gemütlich auf der Terrasse. Da wagte Liz die Frage, die ihr schon eine Weile auf der Seele lag. „David … wer, dachtest du, lag im Bett mit dir, an jenem ersten Morgen?“
Gefasst auf eine verärgerte Reaktion war sie erleichtert, als er prompt antwortete: „Francine Valery … eine Frau, die vor einigen Jahren hier gelebt hat.“
Liz fühlte sich ermutigt nachzufragen: „Mit dir hier gelebt hat, meinst du?“
David nickte. „Sie war eine tolle Köchin und ein sehr sympathischer Mensch. Sie war zur gleichen Zeit hier wie Bethany. Aber Francine war ein unruhiger Geist; eines Tages ging sie auf und davon, und ich habe sie seitdem niemals wiedergesehen.“
„Hast du sie geliebt?“
„Nein. Ich habe sie sehr gern gehabt. Sie war vier Jahre älter als ich und noch mit einem Franzosen verheiratet, den sie nach einer kinderlosen Ehe verlassen hatte. Sie kam als Köchin auf einer Jacht nach Portofino. Der Kapitän hatte sich an sie herangemacht, deshalb ergriff sie gern die Gelegenheit, eine Zeit lang für mich zu kochen. Sie tat auch Bethany sehr gut. Meine Nichte war in ihrem Heim ein unerwünschtes Stiefkind, sie brauchte den Kontakt zu jemandem wie Francine … jemandem, der freundlich und verständnisvoll war.“
„Das bist du doch auch.“ Liz lächelte ihn an.
„Das möchte ich hoffen … trotzdem bin ich ein Mann. Ein junges Mädchen braucht eine Frau, der sie sich anvertrauen kann.“
„Natürlich“, seufzte Liz, „das weiß ich aus eigener Erfahrung, obwohl mein Vater ein wunderbarer Vertrauter war. Wie hat denn Anna auf Francines Anwesenheit reagiert?“
„Anna hat damals noch nicht bei mir gearbeitet. Nach Francines Weggang hat Bethany den Haushalt geführt, sogar sehr gut. Aber was für ein Leben ist das für eine Siebzehnjährige? Deshalb habe ich eine Bleibe und einen Job in London für sie organisiert. Bald danach kam Anna ins Haus.“
„Ich fürchte, wenn Anna aus dem Krankenhaus kommt und feststellt, dass wir miteinander schlafen, wird das nicht ihre Billigung finden. Vorausgesetzt, dass wir das dann noch tun“, fügte sie hinzu.
„Gibt es Gründe, warum du das bezweifelst?“
„Im Moment nicht, aber wer weiß? Hier und heute leben ist mein Motto.“
„Ein sehr gutes Motto“, stimmte er zu. „Viel zu viele Leute vergeuden die Gegenwart, indem sie ständig an die Zukunft denken. Auf das Hier und Jetzt kommt es an.“ Er füllte die Gläser nach und stieß mit ihr an.
Als Liz ihr Glas an die Lippen führte, bemerkte sie, dass David ihr zwar noch in die Augen sah, sein Blick jedoch durch sie hindurchging. Er war mit seinen Gedanken an einem ganz anderen Ort. Es dauerte nur ein paar Sekunden, dann war er wieder geistig anwesend.
„Ist dir wichtig, was Anna denkt?“
„Nein. Oder na ja … doch, irgendwie schon. Da sie so eine übertrieben gute Meinung von mir hat, würde ich sie ungern enttäuschen.“
„Von dir wird sie nichts Schlechtes denken. Sie wird
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