Romana Gold Band 11
dieses Landes als viele Schotten. Großmutter weckte mein Interesse daran schon sehr früh. Jeden Samstagmorgen gingen wir in die Bücherei und liehen uns alle Bücher über Schottland aus, die wir bekommen konnten – Geschichte, Geografie, Landkarten. Die folgende Woche studierten wir alles gemeinsam und holten uns dann am nächsten Samstag wieder neuen Lesestoff.“ Jamsey lächelte bei der Erinnerung.
„Ich wusste gar nicht, dass man in Australien so viele Bücher über Schottland bekommen kann“, sagte Ron verblüfft. Jamsey lachte hell auf, und das Pferd tänzelte nervös. Er sah sie belustigt an.
„Kann man eigentlich auch nicht. Wir haben die Bibliothekarin verrückt gemacht, weil wir ständig neue Unterlagen bestellten. Und dann hat Granny …“ Sie musste bei dem Gedanken wieder lachen. „Dann hat Granny an Reisebüros und das schottische Fremdenverkehrsamt geschrieben und Informationsmaterial angefordert. Sie tat so, als wären wir Millionäre und wollten ganz Schottland bereisen.“
Ron musste ebenfalls lachen. „Eine bemerkenswerte Person, deine Großmutter. Darum bist du also hier?“
„Granny behauptete immer, dass unser Familienname in Schottland berühmt sei. Doch das ist in Australien nicht ungewöhnlich. Die meisten Einwanderer sprechen ständig von dem Land, das ihnen genommen wurde – das ist schon Tradition. Eigentlich wollte ich aber wissen, wie Dunkelly wirklich aussieht.“ Jamsey dachte einen Moment nach. „Und wenn auch nur für Granny …“
„Für Granny?“, fragte er erstaunt.
„Ja, es war immer unser Traum, einmal hierher zu kommen. Wir sprachen oft darüber. Granny war in vielen Dingen recht altmodisch. Wir hatten keinen Fernseher, sondern beschäftigten uns viel mit Büchern und unseren Träumen“, erwiderte Jamsey gedankenverloren. Deutlich sah sie das Bild ihrer Großmutter vor sich: eine kleine, zierliche Dame mit dichtem weißen Haar, das sie zu einem Zopf geflochten trug. Die Erinnerung an Granny trieb ihr heiße Tränen in die Augen. Ron bemerkte es sofort und bedauerte, dass er sie ausgefragt hatte. Schnell versuchte er, sie von ihren trüben Gedanken abzulenken und aufzuheitern.
„Kannst du reiten?“, fragte er mit einem schelmischen Lächeln und lenkte sein Pferd auf sie zu.
„Ich dachte, das hätte ich schon bewiesen“, antwortete sie nichts ahnend. Mit der flachen Hand schlug er Amber aufmunternd auf den Rücken, und das Pferd fiel sofort in Galopp. Einen Augenblick war Jamsey erschrocken und presste die Beine fest an die Flanken des Tieres. Sie umklammerte die Zügel, doch als sie spürte, sie würde nicht herunterfallen, trieb sie das Pferd weiter an. Es war herrlich, den frischen Wind, der ihr fast den Atem verschlug, auf dem Gesicht zu fühlen. Der kräftige Wallach reagierte auf Anhieb und beschleunigte das Tempo. Genau wie Jamsey schien das Pferd diesen flotten Ritt zu genießen.
Jamsey warf einen Blick über die Schulter. Ron holte auf, aber sie war entschlossen, ihm zu zeigen, wie gut sie reiten konnte. Sie spornte das Pferd weiter an und sprang über eine graue Steinmauer. In gestrecktem Galopp ritt sie den steilen Hügel hinauf. Das Zusammenspiel zwischen Pferd und Reiter faszinierte sie. Oben angelangt, stieg sie ab, um dem Tier etwas Ruhe zu gönnen. Ihr Gesicht war von der Anstrengung gerötet, und ihr Puls raste. Langsam ging sie in die Hocke, legte die Hände auf die Knie und versuchte, wieder zu Atem zu kommen.
„Bist du verrückt geworden?“, rief Ron ihr zu und glitt vom Pferd.
„Wie bitte?“ Jamsey stand auf und funkelte ihn böse an.
„Du hättest dir den Hals brechen können!“, fuhr er sie an und presste wütend die Lippen aufeinander.
Jamseys Herz klopfte heftig, und ihr Magen krampfte sich nervös zusammen. „Ich bin eine gute Reiterin“, erwiderte sie unfreundlich.
Er war nicht in der Stimmung, mit ihr darüber zu diskutieren. Als er sie so verwegen davongaloppieren sah, war er zutiefst erschrocken gewesen. Mit festem Griff fasste er sie an den Schultern und schüttelte sie.
„Das war sehr dumm von dir. Ganz gleichgültig, wie gut du reiten kannst – du sitzt zum ersten Mal auf diesem Pferd und kennst die Gegend nicht!“, schrie er sie an.
Jamseys Augen begann zu brennen, und sie versuchte mühsam, die Tränen zurückzuhalten. Ron ließ sie unvermittelt los und drehte sich leise fluchend um. Jamseys Herz klopfte bis zum Hals – Rons Wut ängstigte sie. Schweigend blickte sie auf seinen Rücken. Ganz
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