Romana Gold Band 11
deutlich spürte sie, wie angespannt Ron war und wie er um Fassung rang. Am Blick seiner dunklen Augen hatte sie gesehen, dass er sie verletzen wollte. Dieser Mann stellte eine Gefahr für sie dar. Sie atmete tief ein und griff nach den Zügeln ihres Pferds, ohne die Augen von Ron abzuwenden. Plötzlich ließ sie resigniert die Schultern sinken und drehte sich unvermittelt zu ihm um. Einen Moment lang bemerkte sie eine Zärtlichkeit in seinem Blick, die sie überraschte.
„Es tut mir leid, ich habe überreagiert“, sagte er dann ohne großes Bedauern in der Stimme.
„Das kann man wohl sagen“, fuhr sie ihn an und blickte ihm zornig in die Augen.
„Meine Mutter starb bei einem Reitunfall“, erwiderte er leise. „Auch sie liebte den wilden Galopp.“
Jamsey sah ihn verwirrt an. „Das kann ich nicht glauben“, brachte sie atemlos hervor. Der Gedanke war so schrecklich, dass sie ihn am liebsten sofort verdrängt hätte.
„Es ist wahr“, sagte er verbittert. „Sie war noch so jung und lebendig. Es war so ungerecht …“ Er presste die Lippen zusammen.
„Dann muss ich mich entschuldigen. Ich wusste ja nicht, dass …“
„Natürlich nicht. Es ist schon lange her, und ich versuche, es zu vergessen. Aber als ich dich gerade gesehen habe, da …“ Seine Miene verfinsterte sich, und er blickte geistesabwesend in die Ferne. „Ich war bei ihr an diesem Tag. Als sie über ein Hindernis sprang, warf das Pferd sie ab. Ich ritt sofort nach Haus zurück, um Hilfe zu holen, aber es war zu spät. Sie war auf der Stelle tot.“
Jamsey schüttelte ungläubig den Kopf. „Willst du damit sagen, du hast das Unglück beobachtet?“
Ron nickte, das Gesicht schmerzverzerrt, und fuhr sich mit der Hand durch das vom Wind zerzauste blonde Haar. „Dad nahm es so schwer, dass er zu trinken anfing. Obwohl ich erst zehn Jahre alt war, musste ich die Verantwortung übernehmen.“ Er lächelte bitter. „Das war das Ende meiner Kindheit“, fügte er hinzu und fluchte leise.
Jamsey senkte den Kopf. Ihre Gedanken wirbelten durcheinander. Was sie soeben erfahren hatte, verwirrte sie, denn sie hatte geglaubt, Ron hätte einfach alles geerbt. Stattdessen hatten ihm tragische Ereignisse seine Rolle aufgezwungen und ihn der Chance beraubt, ein eigenes Leben zu führen. Sie hätte erkennen müssen, dass er eine schwere Bürde trug, denn die schwere Zeit nach dem Tod seiner Mutter hatte sein markantes Gesicht deutlich geprägt.
„Es tut mir so leid – es muss hart für dich gewesen sein.“ Sie sah ihn mitfühlend an.
„Es war sicher nicht einfach“, erwiderte er. „Aber ich habe es geschafft – ich musste es einfach bewältigen, denn ich hatte keine Wahl.“ Sein Blick wurde finster.
„Wie bist du nur zurechtgekommen?“, fragte Jamsey und hielt den Atem an. Hoffentlich hielt er sie nicht für aufdringlich.
Ron lachte kalt. „Ich bin sehr schnell erwachsen geworden.“ Er hob den Kopf und wandte sich ihr zu, doch als er das Mitleid in ihren Augen sah, senkte er unvermittelt den Blick. Jamsey legte ihm eine Hand auf den Arm. Ohne Jamsey anzusehen, wich er einen Schritt zurück, als hätte ihn die Berührung verbrannt. Sie seufzte tief und zog die Augenbrauen hoch. Er schloss sie aus – offensichtlich tat es ihm leid, dass er ihr so viel von sich erzählt hatte.
„Sollen wir weiterreiten?“, fragte Jamsey und versuchte, ihre Stimme unbeteiligt klingen zu lassen. Als er bereitwillig nickte, stieg sie enttäuscht aufs Pferd. Beide schwiegen angespannt, und eine Zeit lang hörten sie nur das rhythmische Klappern der Hufe und genossen die wärmende Sonne. Der Weg führte weiter hinauf in die Berge, und die Luft wurde dünner. Jamsey atmete tief ein und betrachtete fasziniert den herrlichen Ausblick. Ron drehte sich zu ihr um. Er ritt so dicht neben ihr, dass sein Schenkel ihren berührte. Nur zu sehr war sie sich seiner Nähe bewusst – seine männliche Ausstrahlung war in der freien Natur noch stärker. Die Freiheit, nach der er sich so sehnte, ließ ihn noch ungezähmter erscheinen.
„Der Ausblick ist wunderschön“, sagte Jamsey und ließ den Blick über die farbenfrohe Landschaft schweifen. Ringsum erhoben sich felsige Berge und bildeten einen eindrucksvollen Kontrast zu den sanften, dicht mit Heidekraut bewachsenen Hügeln. Ron lächelte.
„Mache ich dich nervös?“, fragte er spöttisch, als Jamsey ihr Pferd leicht zur Seite lenkte.
„Nein, gar nicht“, erwiderte sie schnell, konnte aber ein leichtes
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