Romana Gold Band 13
deiner Mutter und dir etwas mitgebracht“, sagte sie. „Hätte ich gewusst, dass dein Bruder hier ist, hätte ich auch für ihn etwas besorgt … vielleicht Strychnin.“
Christopher lächelte schwach. „Ich würde mich nicht wundern, wenn ihn nicht einmal das umbringen könnte. Er war schon immer ein harter Bursche, und jetzt kommt er mir noch wilder vor.“
Caroline musste sich zurückhalten, um nicht zu gestehen, wie gut sie das beurteilen konnte.
7. KAPITEL
Virginia Grove lag außerhalb des Dorfes, ein paar Minuten Fußweg vom Laden der Hammonds entfernt. Bevor Caroline und Christopher die Allee erreichten, die zum Herrenhaus führte, waren sie bereits von vielen Einheimischen mit freundlichem Lächeln begrüßt worden. Es kam Caroline jedoch vor, als würde in jedem Lächeln die stumme Frage liegen: „Ist er gekommen, um alles zu übernehmen? Was soll dann aus euch beiden werden?“
Inmitten makelloser Rasenflächen gelegen und von immergrünem Efeu umrankt, wirkte Virginia Grove zeitlos. Caroline liebte das Anwesen und empfand es längst als ihr künftiges Heim. Es war wunderschön, friedvoll und geradezu perfekt. Doch heute tickte eine Zeitbombe darin. Ich hätte nicht nach Kreta gehen sollen, dachte Caroline die ganze Zeit. Irgendwie habe ich diese Schwierigkeiten über uns gebracht. Der Brief seiner Mutter allein hätte das nicht bewirkt.
Anna Drayford hatte Caroline offenbar erwartet. Sie öffnete selbst die Haustür und begrüßte sie mit Tränen in den Augen. „Gott segne dich“, sagte sie und streckte ihr die Arme entgegen. „Wie hast du das nur gemacht?“
Caroline wich zurück und vergab so die Chance, einmal herzlich von Christophers Mutter umarmt zu werden. „Ich habe gar nichts gemacht. Ich habe ihm nur deinen Brief gegeben.“
„Es hat jedenfalls funktioniert“, entgegnete Anna vergnügt. „Rafe ist zu Hause!“ Sie nahm Caroline und Christopher bei der Hand und führte sie in den großen Salon, als wollte sie die beiden einer Hoheit vorstellen. Ob ich wohl einen Hofknicks machen muss? fragte sich Caroline im Stillen.
Der Salon war ein lang gestreckter Raum und wirkte noch länger, wenn man den Wintergarten hinzunahm, durch dessen gläserne Türen viel Licht hereinfiel. Rafe stand neben dem Kamin aus weißem Marmor. Sein Vater saß in einem hochlehnigen Sessel neben ihm. Robert Drayford hatte gerade gelacht. Caroline hatte diesen würdevollen, ziemlich wichtigtuerischen Mann nie zuvor lachen hören, doch er schmunzelte noch immer, als sie jetzt näher traten.
Rafe trug einen dunklen, makellos geschnittenen Anzug mit Seidenhemd und Krawatte. „Wenn das nicht der Bergmensch ist“, begrüßte ihn Caroline. „Ich hatte nicht erwartet, dich so bald wieder zu sehen.“
„Zurück aus der Wildnis“, erwiderte er. Sein Haar hatte noch dieselbe Länge, doch es war jetzt sorgfältig gekämmt. Der Ausdruck in seinen Augen jedoch war unverändert: wachsam, wissend und stets ein wenig belustigt. Rafe war hier zu Hause. Er besaß die natürliche Autorität eines mächtigen Mannes. Seine Ausstrahlung war überwältigend.
Caroline wagte nicht, ihm die Hand zu schütteln. Wenn er sie berührte, würde sich dieser Raum womöglich in Luft auflösen und sie würden wieder in dem verschneiten Dorf in den Bergen sein, Tausende von Meilen entfernt.
Caroline sah sich fragend um. „Ist Elpida bei dir?“
„Nein.“
„‚Vernaschen und vergessen‘ ist also deine Devise?“
Bevor Rafe eine Antwort geben konnte, mischte sich seine Mutter ein. „Hattest du denn einen schönen Urlaub?“, fragte sie Caroline.
„Oh ja, es war wunderbar.“
„Du siehst blass aus.“ Gewöhnlich machte sich Anna Drayford nicht viele Gedanken um andere Menschen, doch Caroline hatte heute wohl einen Bonus bei ihr. Sie sah tatsächlich ein wenig mitgenommen aus. Nach dem langen Rückflug hatte sie noch keine Gelegenheit gefunden, sich frisch zu machen, und außerdem hatte die unvermittelte Begegnung mit Rafe sie ziemlich erschüttert.
„Meine Lilie.“ Christopher sah Caroline bewundernd an.
Rafe brach in schallendes Gelächter aus. „Eine reizende Blume. Es gibt nichts Reineres als Lilien.“ In seinen Augen blitzte es verdächtig auf.
Caroline sah ihn gleichmütig an. „Nett, dass du so etwas sagst. Was hat dich dazu bewogen, deine Meinung zu ändern und nach Hause zu kommen?“
„Brauche ich einen besonderen Grund?“
„Natürlich nicht“, fiel seine Mutter ein. „Es war höchste Zeit, und wir
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