Romana Gold Band 13
traditionelle Freundlichkeit demonstrierte. Caroline genoss die Ruhe der Stadt. In den Geschäften ließ man sie ungehindert stöbern, und so kaufte sie Schuhe, ein wunderschönes Seidenkleid, einen Badeanzug und eine Handtasche, dazu eine Brosche für ihre Mutter und ein wenig Schmuck und Keramik für Freunde.
Für Christopher fiel ihr nichts ein. Am Ende entschied sie sich für Manschettenknöpfe, obwohl sie sicher war, dass er schon genügend besaß. Auf der Suche nach etwas Geeignetem für seine Mutter blickte sie gerade ratlos in das Schaufenster einer Galerie, als ihr ein Bild ins Auge fiel.
Sie hatte Rafes Gemälde nie richtig betrachtet und sich auch gescheut, mit ihm darüber zu sprechen. Sie verstand so wenig von moderner Kunst und hatte befürchtet, sich bei dem Thema zu blamieren. Doch etwas an diesem Bild im Schaufenster erinnerte sie an den kräftigen Pinselstrich und die leuchtenden Farben, die ihr in Rafes Haus aufgefallen waren.
Drinnen wurde sie von einem distinguierten, silberhaarigen Herrn im grauen Anzug empfangen. „Póso káni?“ , fragte sie in ihrem spärlichen Reiseführervokabular und deutete auf das Bild. Als er ihr den Preis nannte, fuhr sie erschrocken lachend zurück.
„Es ist eine gute Anlage.“ Ihr Akzent musste ihm verraten haben, dass sie Engländerin war. Der Mann schien nicht enttäuscht, als sie nicht weiter darauf einging, sondern lächelte in der Gewissheit, dass er trotz des hohen Preises einen Käufer für das Bild finden würde. Geduldig wartete er, bis sie eine hübsche silberne Schachtel gefunden hatte, die Anna Drayford vermutlich in eine Schublade legen und dort vergessen würde.
Während der letzten Tage ihres Urlaubs plagte Caroline das schlechte Gewissen wegen all der ungeschriebenen Ansichtskarten. Schnell schrieb sie Grüße an alle, von denen sie gewöhnlich Post aus dem Urlaub bekam. Sie würden erst nach ihr zu Hause ankommen, aber das war bei Urlaubskarten anscheinend üblich.
Angerufen hatte sie auch niemanden, und jetzt lohnte es sich kaum noch. Bald würde sie alle Fragen persönlich beantworten und Christopher sagen können, wie sehr sie ihn vermisst hatte und dass sie nie wieder ohne ihn verreisen wollte.
Der Rückflug war angenehm. Caroline fühlte sich ausgeruht, und die Erinnerung an das Abenteuer in den Bergen war wie erwartet etwas verblasst. Ihr Wagen stand im Parkhaus des Flughafens, wo Caroline ihn zurückgelassen hatte. Sie verstaute ihr Gepäck und machte sich auf den Weg nach Hause und zu Christopher.
Frohgemut fuhr sie los, doch mit jeder Meile verschlechterte sich ihre Stimmung, bis Caroline das Lenkrad so heftig umklammerte, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. Auf ihrer Stirn hatte sich eine steile Falte gebildet. Je näher sie ihrem Heimatort kam, desto unbehaglicher fühlte sie sich.
Vielleicht war der Flug doch nicht so ruhig, versuchte sie sich einzureden, oder ich habe mir auf Kreta einen Infekt eingefangen. Der Anblick der vertrauten Straßen hätte sie eigentlich beruhigen sollen, doch ihr Mund war wie ausgetrocknet, und ihr Herz schlug rasend, als sie den Wagen in die Einfahrt neben dem Laden lenkte. Sie hatte kaum den Sicherheitsgurt abgelegt, als ihre Mutter bereits aus dem Haus gestürzt kam. „Wo bist du nur gewesen?“, jammerte sie.
„Du weißt doch, wo ich war! Auf Kreta … in Griechenland.“
„Niemand konnte dich erreichen!“, klagte ihre Mutter weiter. „Christopher hat ständig nach dir gefragt, und wir hatten keine Ahnung, wo du steckst. Er ist sehr verärgert.“
Caroline hatte ein schlechtes Gewissen. Vielleicht war sie wirklich gedankenlos gewesen. Doch das erklärte noch nicht die ungewöhnliche Aufregung ihrer Mutter. „Was ist denn nur los?“
„Nicht was“, erwiderte Mary Hammond. „Wer! Sein Bruder ist zurückgekommen. Rafe Drayford ist hier.“
„Rafe kann nicht hier sein“, fuhr Caroline auf. Natürlich wusste sie, dass er leicht von Kreta gekommen sein konnte, während sie auf Rhodos gewesen war. Sie wollte ihn hier nicht haben. Seit dem Abschied aus seinem Dorf war sie vor ihm davongelaufen. Was hatte er hier zu suchen?
„Er ist schon fast die ganze Woche hier“, erklärte ihre Mutter. Dann fuhr sie fort: „Christopher hat nicht damit gerechnet, dass du ohne ihn reisen würdest. Er war sehr schockiert. Wie konntest du ihm das nur antun?“
Caroline holte ihr Gepäck aus dem Kofferraum. „Ich habe ihm gesagt, dass ich fahren würde“, erwiderte sie ungerührt. „Er war es
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