Romantic Christmas - Denn entkommen wirst du nicht (German Edition)
zu überlegen. Wenn sie hier herauskam, konnte sie Nicole helfen. Sie streifte ihre High Heels ab und stand vom Toilettenboden auf.
Jeder Zentimeter ihres Körpers schmerzte. Die Blutung an ihrer Seite war schwächer geworden, und das Blut hatte angefangen zu gerinnen und auf ihrer Haut eine Kruste zu bilden. Sie würde heute nicht verbluten, aber der Schmerz in ihrer Seite trug nicht zu ihrer Beruhigung bei.
Mit schmerzverzerrtem Gesicht öffnete Charlotte die Perlmuttknöpfe ihrer Bluse, schlug die Seide zurück und inspizierte die Wunde. Die linke Hälfte ihrer Bluse war tiefrot und durchnässt. Mit zitternden Händen schälte sie sich aus dem Kleidungsstück. Beim ersten Blick auf das Blut und die Wunde drehte sich ihr fast der Magen um. Sie hatte nie gut Blut sehen können, vor allem nicht ihr eigenes.
Wer nicht wagt, der nicht gewinnt … Diese Worte waren das Mantra ihrer Mutter gewesen, seit sie denken konnte, und sie waren ihres geworden seit dem Tag, als sie sich entschlossen hatte, die Wohnwagensiedlung hinter sich zu lassen. Sie riss eine Handvoll Toilettenpapier von der Rolle ab, richtete sich langsam auf und drehte den Wasserhahn auf. Sie hielt das Papier unters Wasser, drückte es aus und legte es auf das über der Wunde getrocknete Blut. Augenblicklich stöhnte sie auf. „Verdammt!“
Der Schmerz raubte ihr den Atem, und sie musste eine kurze Pause machen und warten, bis ihr Herz aufhörte zu rasen.
Behutsam tupfte sie die Wunde ab, bis der Bereich darum sauber war. Beim vorsichtigen Abtasten ihrer Haut stellte sie fest, dass die Kugel in ihr war, sie steckte tief in ihrem Inneren fest. Unmöglich konnte sie sie jetzt herausbekommen. Sie hatte die Stelle gesäubert, so gut sie konnte. Das Beste, was sie jetzt tun konnte, war, einen Weg aus diesem Raum hinaus zu suchen.
Sie hatte es an der Tür schon mehrmals probiert, aber der Schreibtisch, den Denny davor geschoben hatte, sorgte dafür, dass sie sich nicht bewegen ließ. Charlotte drückte ein Ohr dagegen.
„Hilfe! Kann mich jemand hören?“ Es kam keine Antwort, aber sie rief noch fünf Minuten lang weiter, bis Schmerz und Müdigkeit sie überwältigten.
Niemand würde sie retten. Es war ganz allein ihre Aufgabe, aus dieser verdammten Toilette herauszukommen.
Sie fragte sich, ob Denny Nicole und Ayden wohl gefunden hatte. Das Layfette House war ein abgelegener, romantischer Ort, den nur wenige kannten. Die meisten Touristen übernachteten in den Kettenhotels.
Obwohl die beiden versucht hatten, es zu überspielen, hatte es zwischen ihnen nur so geknistert vor sexueller Energie.
„Du wirst sentimental, Wellington“, flüsterte Charlotte. Normalerweise hatte sie nichts übrig für Romantik. Sie fand so etwas überspannt und albern. Aber schließlich war Weihnachten.
Jetzt betete sie, dass ihr schwacher Moment dem Paar das Leben gerettet hatte.
Ein Schwindelanfall ergriff sie. Ihre Sicht verschwamm. Sie befeuchtete sich die Lippen, während sie die Augen schloss und wieder öffnete. Sie fixierte die Tapete, eine Jagdszene in kräftigem Rot und Grün. Sie hatte diese Tapete ausgewählt, weil sie sie in einer Zeitschrift gesehen hatte. Sie hatte teuer gewirkt und ließ auf alten Geldadel schließen.
Die Zeit und Mühe, die sie darauf verwendet hatte, die Toilette zu renovieren, kam ihr jetzt lächerlich vor. „Oma hat dir schon immer gesagt, dass dein Ehrgeiz dir eines Tages noch schaden wird. Und jetzt sieh, was er dir gebracht hat. Du stirbst, bist mutterseelenallein, und das auch noch an Weihnachten.“
Tränen traten ihr in die Augen. Nicht so sehr wegen des Sterbens, das sie nicht vorhatte, sondern wegen der Verschwendung. Sie hatte geknausert und gespart und so verdammt hart gearbeitet, um aus der Wohnwagensiedlung herauszukommen und eine angesehene Persönlichkeit aus sich zu machen. Und jetzt machte ihr ein Auftrag alles kaputt, bei dem sie von Anfang an ein mulmiges Gefühl gehabt hatte.
„Ich sterbe heute nicht.“ Mit schmerzverzerrtem Gesicht richtete sie sich auf und sah sich noch einmal in der Toilette um. Der Lüftungsschacht in der Decke war zu klein, als dass sie hindurchgepasst hätte, selbst wenn es ihr gelungen wäre, auf das frei stehende Waschbecken zu steigen und sich dort hinaufzustemmen.
Fenster gab es nicht. Der einzige Ausweg war die Tür, und die war verbarrikadiert.
Sie starrte auf die Tür und begann das dicke Walnussholz zu hassen, auf das sie so stolz gewesen war, als sie das Haus gekauft hatte. Das
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