Romanze im spanischen Schloss
wollte, nahm sie das Tablett mit den Speisen mit auf ihr Schlafzimmer. Später schrieb sie Pia eine E-Mail und schickte sie sogleich ab, und danach rief sie ihren Bruder an.
„Danke, dass du dich meldest, Jilly. Bist du allein?“
„Ja.“
„Gut. Wie schlimm ist es? Ich möchte die Wahrheit wissen, immerhin bin ich dein großer Bruder und mache mir Sorgen um dich.“
Ihre Gefühle für Remi hatten sie vollauf in Anspruch genommen, sodass sie gar nicht mehr an ihre Augenverletzung gedacht hatte. „Ich habe dir doch schon erklärt, dass die Sicht teilweise etwas verschwommen ist, woran ich mich allerdings schon gewöhnt habe.“
„Das glaube ich dir nicht.“
Sie versteifte sich. „Also, es gibt da etwas viel Wichtigeres, was ich dir berichten muss.“ Sie ließ sich auf das Bett sinken und erzählte ihrem Bruder die letzten Neuigkeiten und auch, wie Remi von seiner Exfrau belogen und betrogen worden war.
Als sie fertig war, schwieg David sekundenlang. „Der arme Kerl“, brachte er schließlich hervor.
Jillian konnte nicht mehr still sitzen und stand auf. „Remi ist ein bemerkenswerter Mann, er hat sich nicht unterkriegen lassen.“
„Ihr scheint euch sehr ähnlich zu sein. Sei vorsichtig, Jilly. Da schwingt etwas in deiner Stimme, was mich beunruhigt.“
„Was genau meinst du?“ Sie fühlte sich ertappt.
„Du magst ihn sehr. Angela und ich haben natürlich gehofft, dass du jemanden kennenlernst. Doch ein Mann, der so tief verletzt worden ist, hat seine eigenen Probleme. Er könnte dich, ohne es zu wollen und zu merken, zerstören. Du musst dir bewusst sein, dass er ganz anders ist als Kyle.“
„Ja“, flüsterte sie und versuchte vergebens, die Tränen zurückzuhalten.
„Ach, Jilly!“ Seine Stimme klang besorgt. „Ich befürchte, es ist zu spät, dir gute Ratschläge zu erteilen, oder?“
„Wahrscheinlich hast du recht.“ Sie wischte die Tränen mit der Hand weg. „Lass uns über etwas anderes reden, okay? Wie geht es Angela?“
„Relativ gut. Der Geburtstermin rückt immer näher.“
„Habt ihr euch schon auf einen Namen für meinen neuen Neffen geeinigt?“
„Es stehen nur noch Max oder Matt zur Diskussion.“
„Mir gefallen beide.“ Sie hatte darüber nachgedacht, wie ihre und Remis Kinder aussehen würden. Sie hätten sicher fast schwarze Augen und dunkles Haar. Und ihre Namen würden Basilio Remigio de Gray y Goyo oder Carolina Domenica de Gray y Goyo oder so ähnlich lauten. Jedenfalls würden sie ihre Kinder nach Strich und Faden verwöhnen.
„Jilly?“, riss ihr Bruder sie aus ihren Tagträumen.
„Ja, ich bin noch da. Was hältst du davon, dass ich im August für einige Tage zu euch komme, um mir das Baby anzusehen?“
„Darauf freuen wir uns. Du weißt doch, wie sehr die Kinder dich lieben.“
„Ich sie auch“, erwiderte sie. „Aber jetzt sollten wir Schluss machen, wir haben schon viel zu lange geredet. Du musst arbeiten, oder?“
„Ja. Nimm mir bitte die offenen Worte nicht übel, Jilly. Ich will nur dein Bestes.“
„Das ist mir klar. Wir hören wieder voneinander. Grüß alle“, beendete sie das Gespräch.
Vielleicht würde Remi im August mit ihr nach New York fliegen. Er könnte es mit einem Besuch bei seinem Vertreter verbinden, und sie wäre in der Lage, kurz bei Pia vorbeizuschauen. Kaum auszudenken, dass Remi dann auch noch bereit wäre, mit ihr nach Albany zu fahren. Sie wünschte sich sehr, die wichtigsten Menschen in ihrem Leben würden einander kennenlernen. Angela würde bei Remis Anblick rein aus dem Häuschen geraten. Hoffentlich gibt es kein böses Erwachen, und meine Träume verwandeln sich in Albträume, überlegte Jillian.
Bisher hatten sich die Bedenken und Zweifel ihres Bruders immer als berechtigt herausgestellt. Machte sie sich nur etwas vor, wenn sie hoffte, eines Tages würde Remi sie lieben und begehren?
Davids Bemerkungen hatten sie verunsichert. Sie stellte sich ans Fenster und blickte hinaus auf die Olivenhaine. Sehe ich nur, was ich wahrnehmen will? überlegte sie. Die Worte ihres Bruders gingen ihr nicht aus dem Kopf. „Du musst dir bewusst sein, dass er ganz anders ist als Kyle“, hatte er gesagt.
Natürlich hatte er damit recht. Remi wurde von den Dämonen der Vergangenheit geplagt, und vielleicht konnte sie ihm gar nicht helfen, alles zu vergessen.
8. KAPITEL
Die beiden Mädchen bedankten sich bei Jillian für das Marzipan, das sie ihnen aus Madrid mitgebracht hatte. Dann setzten sie sich alle zusammen auf
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