Romanze im spanischen Schloss
wach. Dabei hatte sie jedoch das eigenartige Gefühl, dass ihre Zeit als Reiseleiterin vorbei war.
„Meine Damen und Herren, ich heiße Sie herzlich willkommen auf dem Landgut Soleado Goyo, wo das Olivenöl gleichen Namens hergestellt wird. Ich bin Jillian und Mitarbeiterin von EuropaUltimate Tours. Ehe es losgeht, möchte ich Ihnen Conde Remigio Alfonso de Vargas y Goyo vorstellen, der ein Nachkomme der Duque von Toledo und Besitzer dieses wunderbaren Anwesens ist. Er hat sich freundlicherweise bereit erklärt, Führungen durch seine Olivenhaine und die Besichtigung seiner Produktionsstätten zuzulassen.“
Die Leute waren beeindruckt, und Kameras surrten. Jillian wagte nicht, Remi anzusehen. Sie wusste, dass er nicht gern im Mittelpunkt stand, doch heute musste er es ertragen.
„Außerdem möchte ich Ihnen Paco Avilar vorstellen. Er weiß mehr über Olivenbäume als jeder andere, außer Conde Goyo natürlich. Er wird Sie umherführen und Ihnen alles erklären. Falls Sie Fragen haben, wird er sie Ihnen gern beantworten.
Die Waschräume befinden sich in dem Gebäude rechts hinter mir. In dem Laden dort links können Sie Getränke kaufen.
In zehn Minuten beginnt die Führung. Anschließend können Sie in der Tapasbar, die von Pacos Frau Maria geführt wird, etwas essen, ehe Sie nach Toledo zurückfahren.“
Nach Jillians kleiner Ansprache eilten einige Reiseteilnehmer sogleich zu den Waschräumen, während die anderen sich jedoch vor allem für Remi interessierten, wie Jillian sich schon gedacht hatte. Sie wusste genau, was in den Köpfen der Leute vorging: Remi sah besser aus als jeder Filmstar, außerdem war er ein echter Conde und Kastilier. Wie oft hatte man schon die Chance, einem solchen Mann zu begegnen?
Francine nahm sie beiseite. „Meine Güte, Jilly, wo, zum Teufel, hast du den denn aufgegabelt?“, fragte sie leise. „Er ist ja jede Sünde wert.“
„Das ist eine lange Geschichte“, antwortete Jillian.
„Zwischen euch beiden knistert es“, stellte Francine fest.
„Er lässt dich keine Sekunde aus den Augen.“
„Ach, Francine, es ist einfach schön, dich wiederzusehen.“ Lachend umarmte Jillian die Kollegin noch einmal.
„Wir haben uns schon gefragt, wann du wieder am Leben teilnimmst. Dein strahlender Blick verrät mir jedoch, dass du glücklich bist, und das freut mich für dich. Ist mit deinem Auge alles wieder in Ordnung?“
„Ja.“
„Welches war denn verletzt? Das rechte oder das linke?“
„Siehst du das nicht?“, fragte Jillian überrascht.
„Ah ja, die rechte Pupille sieht aus wie ein Komma.“
Jillian lachte hell auf. Remi hörte es und kam näher. „Was ist denn hier so lustig?“, wollte er wissen.
„Francine behauptet, die Pupille meines rechten Auges sehe aus wie ein Komma. Was meinst du dazu?“ Sie sah ihn lächelnd an.
Er verzog die Lippen. „Ich würde sie eher mit einer Birne vergleichen.“
„Ja, das kommt hin.“ Francine entdeckte Telly, der mit einer Flasche Mineralwasser in der Hand aus dem Laden kam, und rief ihm zu: „Telly, deine Meinung ist gefragt!“
Nachdem man ihn aufgeklärt hatte, worum es ging, schaute er Jillian tief in die Augen. „Felix, der Kater ohne Ohren“, erklärte er dann.
„Du hast vielleicht eine blühende Fantasie, Telly“, meinte Jillian lachend.
Daraufhin nahm er sie in die Arme und presste sie sekundenlang fest an sich. „Wann kommst du zurück? Wir brauchen dich. Ich habe noch viel mit dir vor.“
Jillian wünschte, er würde den Mund halten. „Wohl Anfang Dezember“, erwiderte sie, denn es hatte keinen Sinn, sich noch länger etwas vorzumachen.
Telly runzelte die Stirn. „Warum erst dann? Hat der Arzt das gesagt?“
„Nein. Ich möchte noch so lange hierbleiben, bis sich alles eingespielt hat, damit Remi nicht eines Tages bereut, sich auf die Sache eingelassen zu haben.“
Offenbar spürte Francine, dass irgendetwas nicht stimmte, denn sie wandte sich an Remi, um ihn abzulenken. „Unsere Geschäftsleitung ist begeistert über die Zusammenarbeit mit Ihnen, Hoheit. Da Jillian alles in die Hand genommen hat, wird es keine Probleme geben. Darauf können Sie sich verlassen.“
„Ja, das kann ich unterstreichen“, mischte sich Telly ein. „Wir haben es nur ihr zu verdanken, dass die Umsätze von Jahr zu Jahr steigen.“
Remi nickte, ehe er Jillian einen rätselhaften Blick zuwarf. „Das kann ich mir gut vorstellen.“
Zu gern hätte Jillian gewusst, was er wirklich dachte, aber die Leute wollten
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