Romanzo criminale
sich. Freddo ließ locker und zog ihn hoch.
– Bist du verrückt geworden?
– Warum hast du mir das angetan?
– Ich hab nichts gemacht …
– Red keinen Scheiß, ich weiß alles. Aldo, wenn dir jemand den Arsch retten kann, dann ich …
– Du bist verrückt …
Freddo verpasste ihm einen Faustschlag. Aldo verlor das Gleichgewicht. Freddo packte seinen Kopf und schlug ihn gegen die Fliesen.
– Wenn du mir nicht gehorchst, bist du fertig, verstanden? Fertig …
An der Tür wurde geklopft. Freddo rief, sein Freund fühle sich nicht gut und er kümmere sich um ihn. Aldo hatte zu weinen begonnen. Freddo machte ein Handtuch nass und wischte Blut und Tränen ab. Er half ihm beim Aufstehen und setzte ihn auf die Kloschüssel. Aldo begann zu jammern.
– Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist … alle machen, was ihnen passt … Freddo, ich weiß nicht, was in mich gefahren ist …
– Hör mir zu, Aldo. Du nimmst zwanzig Riesen und zahlst sie in die Gemeinschaftskasse ein …
– Ich habe keine Lira, Freddo.
– Keine Sorge, ich helfe dir! Wir setzen ein halbes Jahr lang deinen Gewinn aus. Inzwischen machst du weiter wie immer: Du nimmst den Stoff in Empfang, verkaufst ihn in deiner Zone, erhältst dafür aber keine Lira. Du spurst und alles ist in Ordnung …
– Und die anderen?
– Um die kümmere ich mich. Aber mach keine Dummheiten, ja? Keine Lira weniger, kein Gramm weniger …
Sie verließen das Klo. Freddo hatte seinen Arm um seine Schultern gelegt und stützte ihn. Aldo hatte zu weinen aufgehört, aber die Spuren im Gesicht und die Blässe waren nicht zu übersehen. Die Leute an den Tischen blickten sie scheel an. Freddo bezahlte und ging mit Roberta. Im Auto begann sie zu weinen. Freddo hielt an und nahm sie in die Arme.
– Ich habe abtreiben lassen.
– Ohne mir was zu sagen …
– Warum auch? Es interessiert dich ja doch nicht. Du hast es nicht einmal bemerkt … Nur diesem Mädchen habe ich davon erzählt … Dorotea … sie hat mich verstanden …
Freddo wusste nicht, was er antworten sollte. Zu Hause sagte sie zu ihm, dass sie ein paar Tage lang getrennt schlafen würden. Freddo sah sich ein altes Video mit
Mamma Roma
an. Mitten in der Nacht kam sie zu ihm.
– Bitte, tu ihm nichts!
Im Morgengrauen rief Freddo Nero an. Aber niemand hob ab.
II.
Verschwinden. Diesen Ratschlag hatte ihm Zeta gegeben. Seit der Bombe in Bologna machte man auch den Rechten das Leben schwer. Und ein paar lästige Richter begannen merkwürdige Fragen zum rätselhaften Tod von Pidocchio zu stellen. Nero hatte einen Koffer voll Geld und eine Tasche mit Waffen in den Audi geladen. Zeta hatte die Ausweise besorgt. Er sollte sechs bis sieben Monate im Tessin verbringen. Während Nero auf die Grenze zufuhr, summte er
Addio Lugano bella
. Die Anarchisten waren ihm sympathisch, vor allem die, die sich Tag für Tag ein Schicksal aus Abfuhren und Niederlagen zusammenbastelten. Auf ihre Weise waren sie Krieger. Er ließ nicht allzu viel zurück: nur seine Welt. Aber es war nur ein vorläufiger Abschied. Er würde Freddo schreiben. Vielleicht würde er ihn einladen, ihn in seinem vorübergehenden Exil zu besuchen. Bufalo tat ihm leid: ein erstklassiger Kämpfer. Aber ehrlicherweise musste er zugeben, dass die Aktion unter militärischem Gesichtspunkt eine Katastrophe gewesen war. Der Hinterhalt war improvisiert gewesen, darunter hatte die Qualität gelitten. Sie hatten Gefallen am Blutvergießen gefunden und aufgehört zu denken. Die Sioux schlachteten niemals zu viele Bisons: Der Massenmord war eine Sache der Stalinisten. Und der Weißen.
Was war das? Eine Straßensperre? Die Carabinieri hielten ihn an. Nero blieb am Rande des Fahrstreifens stehen und zeigte ihnen seinen funkelnagelneuen Pass.
– Olivier Benson, ja?
– Oui.
– Ich muss das Auto durchsuchen. Tut mir leid, Monsieur Benson … oder soll ich Sie lieber …
Als er seinen wahren Namen hörte, begriff Nero, dass sie ihn verraten hatten. Zeta, dieser ehrlose Bastard. Freddo hatte Recht. Man durfte niemandem vertrauen. Er wollte gerade die Arme heben, doch der andere schien seine Geste misszuverstehen, vielleicht hatte er aber auch einen Befehl erhalten. Er feuerte eine Salve aus der Maschinenpistole ab. Nero spürte, wie ihm die Kugeln die Beine zerfetzten. Während er zusammenklappte, schrie er:
– Nicht schießen! Ich bin unbewaffnet!
Der Carabiniere hörte nicht auf zu schießen. Im Grunde erfüllte er nur seine Pflicht, dachte Nero,
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