Romanzo criminale
eines bezahlten Killers zurückgestuft worden zu sein. Er, Dandi! Am Abend in seinem Versteck in Sabaudia erfuhr er aus den Nachrichten, dass es Larinese nicht geschafft hatte. Zum ersten Mal nach vielen Jahren fühlte Dandi sich wie ein Stück Scheiße und betrank sich bis zum Umfallen.
Ein paar Tage danach gaben ihm Zeta und Pigreco ein kleines Büchlein zu lesen und eine Woche später wurde er in einen Palazzo gebeten, der auf die Villa Balestra blickte. Er wurde in ein dunkles Zimmer geführt und von einer Versammlung von Kapuzenmännern mit idiotischen Fragen bombardiert. Dandi sagte die Phrasen aus dem Büchlein auf, die er auswendig gelernt hatte, und wenn er sich verhaspelte, lachten die Kapuzenmänner höflich. Dann schwor er dreimal Treue auf irgendeinen großen Baumeister, und schließlich ging das Licht wieder an, die Gäste legten die Kapuzen ab und feierten mit Applaus die gelungene Initiation des neuen Adepten. Dandi blickte sich enttäuscht um; das Kasperletheater ödete ihn an. Zeta und Pigreco stellten ihm die Logenbrüder vor: einen volksnahen Politiker, einen Schauspieler, einen Universitätsprofessor, einen Arzt und die beiden Anwälte Miglianico und Grattantini, zwei im Justizpalast ziemlich bekannte Gesichter. Vasta hatte sie einmal als „luxuriöse Kotflügel“ bezeichnet. Dandi fragte sich, ob er nicht einen tragischen Irrtum begangen hatte. Zeta bot ihm ein Getränk in einem Pappbecher an. Dandi kostete angewidert den billigen Moscato. Deswegen hatte er Larinese ausgelöscht? Miglianico hakte sich bei ihm ein.
– Eine bescheidene Zeremonie im Geiste der Bruderschaft …
– Die ich teuer bezahlt habe!
– Vor langer Zeit habe ich einmal einen deiner Freunde gekannt … Nembo Kid … auch er war ein Bruder …
– Und hat ein beschissenes Ende genommen.
– Ja, aber bei dir wird es besser ausgehen, mach dir keine Sorgen.
Dandi kratzte sich am Kopf. Der Anwalt lachte und schlug ihm auf die Schulter.
– Vertrau mir. Alles wird gut!
Dandi ließ seinen Freunden im Knast ausrichten, dass sie sich einen neuen Anwalt nehmen würden. Bufalo und Freddo blieben Vasta treu. Alle anderen gingen mit Dandi. Zehn Tage nach der Zeremonie bei den Kapuzenmännern schickte der Untersuchungsrichter Trentadenari in Hausarrest. Die Idee war zwar auf Vastas Mist gewachsen, und um ehrlich zu sein, hatte auch er den ganzen Akt erstellt. Aber Dandi hielt die ungewöhnliche Chronologie für einen Wink des Schicksals. Endlich ein gutes Zeichen. Vanessa hatte zwar ihr Bestes gegeben und auch Nercio hatte sich angestrengt, aber es war beinahe ein Ding der Unmöglichkeit, die kaputten Fixer wieder in die Hand zu bekommen. Wenn Trentadenari in Freiheit war, sah die Sache gleich ganz anders aus. Jetzt konnte man den Verkauf wieder aufnehmen. Larinese war schnell vergessen. Dandi hatte wie immer das Richtige gemacht.
V.
Im Fernsehen wurde das Begräbnis Enrico Berlinguers live übertragen. Dem Chef der Kommunisten war bei einem Parteitreffen die Vene geplatzt. Ein Leben im Dienste der Demokratie, hieß es in den Kommentaren. Tod infolge von Stress. Ein Schlag und aus. Genau wie die Kugel, die am Ende der Straße auf dich wartete. Immer dieselbe Geschichte. Dem Finale kann sich niemand entziehen. Freddo verfolgte die Übertragung im Gemeinschaftssaal und fragte sich, was Hunderttausende Menschen dazu trieb, sich wegen eines Toten die Haare zu raufen. Sogar der Faschist Giorgio Almirante hatte seinem langjährigen Erzfeind die Ehre erwiesen. Wer war dieser Mann gewesen? Was hatte er gemacht? Warum erwiesen ihm so viele ihre Ehre, warum trauerten so viele an seinem Sarg? Wenn er versuchte, sich sein eigenes Begräbnis vorzustellen, musste er an das strenge Gesicht seines Vaters denken, an die Tränen seiner Mutter, und er fragte sich, ob auch Gigio kommen würde … seit wann hatte er nichts mehr von ihm gehört? Seit wann war er so verzweifelt allein? Immer schon? Warum ist der eine glücklich und wird geliebt, warum wird der andere ein Arschloch? Der Maresciallo klopfte ihm diskret auf die Schulter.
– In den Gesprächsraum. Sie haben Besuch.
– Der Anwalt?
– Besuch. Mehr weiß ich nicht.
Freddo folgte ihm widerwillig. Als er sie sah, wurden seine Knie weich und er musste sich an den Schultern des Unteroffiziers anhalten.
– Geht es Ihnen gut?
– Alles in Ordnung, Chef, sagte er, nachdem er sich wieder erholt hatte. Aber der forsche Ton verbarg nur schlecht seine Unsicherheit: Begehren, vielleicht
Weitere Kostenlose Bücher