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Romanzo criminale

Romanzo criminale

Titel: Romanzo criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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Lieferungen waren regelmäßig und die Ware von erstklassiger Qualität. Die aufgrund von Sorcios Geständnis stark beschädigten Netze wurden geflickt, neue Mitarbeiter rekrutiert. Leute von Nercio und Secco, zusätzlich zu den Pferden, die Hausarrest hatten oder unter Polizeiaufsicht standen. Nero kontrollierte den Videopoker-Sektor und hatte auch beim Pokern wieder einen Fuß in der Tür. Das
Full ’80
war mehr denn je ein In-Lokal. Secco hatte ein Auge auf ein paar Geschäfte im Zentrum und ein paar Gründe an der östlichen Peripherie geworfen, deren Wert, wie es hieß, bald in die Höhe schnellen würde. Sogar der ewig währende Zwist mit Bufalo schien beigelegt zu sein: Der aufrichtige Respekt vor den Geschäften und die Großzügigkeit beim Verteilen des Gewinns sprachen für ihn. Die im Knast brauchten sich nicht zu beschweren, und selbst die Hartnäckigsten hatten letzten Endes einsehen müssen, dass ein regelmäßiger Geschäftsgang der ganzen Gesellschaft zugutekam. Abgesehen von Borgia und Scialoja natürlich. Die beiden wollten absolut nicht klein beigeben. Jeden Tag erließen sie einen neuen Haftbefehl, manchmal sogar wegen lange zurückliegender und vergessener Vorfälle, und noch dazu nur aufgrund von Indizien, ohne Beweise. Dieser ist ein Arsch und macht gemeinsame Sache mit jenem, der, wie man weiß, ein Feind von dem Dritten ist. Der Dritte stirbt, also waren es dieser und jener. Dass es wirklich so gelaufen war, hatte einen normalen Richter nicht zu interessieren. Es gab keine Beweise und amen. Tatsache war, dass Borgia und Scialoja nicht normal waren. Irgendwie tickten sie anders. Dandi hatte sich oft schon gefragt, ob es nicht ein tragischer Fehler gewesen war, den Polizisten zu schonen. Dann dachte er an die weisen Ratschläge Zio Carlos, stellte sich eine bessere Zukunft vor und resignierte. Geduld. Warten. Und schlussendlich Sieg. Auch wenn die Haftbefehle nicht abrissen. Auch wenn der Tag der Verhandlung in immer weitere Ferne rückte.
    – Auf keinen Fall vor dem Ende des nächsten Jahres, sagte Miglianico weise. Auch Vasta ist einverstanden.
    – Du kennst Vasta?
    – Sicher. Ein ausgezeichneter Kollege. Aber einer, der sich Illusionen hingibt. Er hat noch nicht begriffen, dass man Prozesse außerhalb des Gerichtssaals gewinnt.
    Dandi hoffte, dass er bis zum Freispruch auf freiem Fuß bleiben würde, war jedoch auf jede Eventualität gefasst. Er lief unbewaffnet herum, um das Risiko einer bewaffneten Auseinandersetzung zu vermeiden, und hatte immer ein Kuvert mit medizinischen Analysen und Diagnosen bei sich, die ihm sein Arzt, der Logenbruder, beschafft hatte. Dandi hatte wirklich an alles gedacht. Aber am Weihnachtsabend hielt er es nicht mehr aus und ging zu Patrizia. Klar im Kopf, mit perfekter Rasur, doch der Stiernacken sprengte fast den Hemdkragen unter dem Smoking und der Fliege. Patrizia hatte den Besuch erwartet. Sie war allein, im Abendkleid. Sie tanzten eng umschlugen, nahmen eine Prise Koks, liebten sich, dann setzten sie sich an den Tisch. Nur sie beide, mit einschmeichelnder Hintergrundmusik an einer langen Tafel, Kerzen und einem exklusiven Buffet von Ruschena: Hummer, Austern, Crystal und Chablis, Strudel und Mousse au Chocolat. Als die bis an die Zähne bewaffnete Einsatzpolizei die Tür eintrat, erläuterte Patrizia ihm gerade ihren Plan, in der Nähe der Via Veneto einen Schönheitssalon mit Fitnessstudio zu eröffnen.
    Als Dandi sah, dass er von Polizisten umzingelt war, gratulierte er dem Streifenführer. Der machte mit finsterem Blick einen Schritt beiseite und hinter ihm tauchte in der Tür die schlaksige Gestalt Scialojas auf. Er hatte die anderen nur mit Mühe überreden können. Er hatte einen Hinweis erfinden müssen. Er hätte schwören können, dass Dandi am Weihnachtsabend zu seiner Freundin ging. Er hatte gewettet und gewonnen. Aber er hatte keine vertrauliche Mitteilung erhalten. Er hatte sich an diesem Abend einfach auf seine Intuition verlassen.
    – Was machen wir mit der Frau?, fragte der Streifenführer.
    – Nichts, antwortete Scialoja und musterte Patrizia.
    Sie wandte den Blick ab. Dandi deutete eine leichte Verbeugung an, schlürfte die letzte Marennes-Oléron und folgte ihnen mit einem spöttischen Lächeln auf den Lippen.
    Als Miglianico ihm etwas von Krebs erzählte, brach Borgia in lautes Lachen aus. Der Anwalt machte zwar ein zerknirschtes Gesicht wie ein Bettler, der es mit einer blinden Übermacht zu tun hat, am Grunde seiner Seele jedoch

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