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Romanzo criminale

Romanzo criminale

Titel: Romanzo criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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sie gewähren. Sie benutzen sie. Sie hätscheln sie. Der Antikommunismus ist der Schlüssel zu allem. Letztlich liegt dem Ganzen die Angst vor den Roten zugrunde. Ich persönlich gehe seit Jahren nicht mehr zu den Wahlen. Die Vorstellung, man müsse mit Terroristen ins Bett gehen, um Leute wie Amendola oder Berlinguer fernzuhalten, macht mich krank. Drogenhändler protegieren. Neofaschistische Terroristen bezahlen. Der Mafia grünes Licht geben.
    CR
: Tun sie das wirklich?
    NS
: Natürlich. Jeder, der auf dem Markt über eine gewisse Stoßkraft verfügt, wird sofort angeheuert. Und sobald sie nicht mehr wissen, was sie mit ihm tun sollen, werfen sie ihn über Bord. Das ist mehr oder weniger die Situation. Dann gibt es auch noch welche, die aus Freude am Spiel mitmachen.
    CR
: Donnerwetter!
    NS
: Hören Sie zu, auf einem gewissen Niveau wird die Ausübung der Macht zu einem Selbstzweck. Man macht aus Trägheit weiter, oder weil man nicht mehr umkehren kann, oder weil es einfach viel zu viel Spaß macht, die Figuren auf dem Schachbrett hin- und herzuschieben. Die Ziele … sofern es überhaupt mal welche gegeben hat … verblassen, verschwinden, werden aus den Augen verloren. Es bleibt nur noch ein großes, tragisches Spiel übrig … wenn ich an gewisse Personen denke, die die Fäden ziehen und die ich kennenlernen durfte … Leute, die im Schatten leben und graue Anzüge tragen … der einzige Vergleich, der mir einfällt, ist
Dr. Strangelove
… Sie erinnern sich doch an den Film Kubricks? Die Bombe um ihrer selbst willen, einfach so …
    CR
: Mag sein. Aber werden wir etwas konkreter. Was halten Sie von der gängigen Meinung, dass die Mafia … oder die verschiedenen Clans, wenn Ihnen das lieber ist, etwas Endemisches sind, mit dem man leben muss?
    NS
: Mit dem Krebs arrangiert man sich nicht. Man schneidet ihn heraus.
    CR
: Glauben Sie, dass das möglich ist?
    NS
: Eigentlich müsste die Frage anders lauten: Glauben Sie, dass man das überhaupt will?
    CR
: Eine etwas provokante Frage, meinen Sie nicht?
    NS
: Die Mafia ist nützlich. Viele machen Geschäfte mit ihr.
    CR
: Haben Sie sich nie überlegt, den Beruf zu wechseln, wo Sie doch nur schwarzsehen?
    NS
: Überhaupt nicht! Ich bleibe dort, wo ich bin, und mache weiter!
    CR
: Und mit welchen Aussichten, wenn ich Sie fragen darf?
    NS
: So viele Arschlöcher wie nur möglich festzunageln.
    Nicola Scialoja, Chef der Gerichtspolizei, kennt keine Zweifel. Ihm zufolge ist Italien eine Demokratie mit beschränkter Souveränität, die von einer Oligarchie von korrupten Politikern, Terroristen und Mafiosi beherrscht und vom Zement des Antikommunismus zusammengehalten wird. Seine Zielstrebigkeit ist beeindruckend. Sein Glaube in seine beruflichen Fähigkeiten ist genauso ungebrochen wie angesichts der Resultate unbegründet. Die italienische Geschichte, die Geschichte eines Landes, das im letzten Jahrzehnt des Jahrhunderts gefestigt, reich und vielversprechend dasteht, lässt ihn kalt, er ordnet sie seiner persönlichen Vision unter. Scialoja ist vom Bösen besessen. Man kann ihn verstehen, er hat in seinem Berufsleben schon gewiss genug zu sehen bekommen, aber man kann ihm gewiss nicht zustimmen.
    Als Bürgerin ängstigt mich der Gedanke, ein derartiger Mann könnte die Macht haben, über mein Schicksal zu bestimmen.
    Sandra Reynal
V.
    Zwei Stunden nach Erscheinen der Sonntagsbeilage des
Corriere Romano
war Scialoja vom Dienst suspendiert worden. Seine Äußerungen hatten innerhalb der Institutionen eine Bombe gezündet. Eine parlamentarische Anfrage wurde angekündigt. Die Spitzen der Sicherheitsdienste hatten wütende Stellungnahmen abgegeben. Der Vorsitzende der Kommission zur Aufklärung von Massakern verlangte eine sofortige Anhörung. Kollegen aus Palermo und Mailand hatten, wenn auch anonym, ausrichten lassen, dass sie im Wesentlichen Scialojas Ansichten teilten, auch wenn sie die Form nicht billigten. Der Anwalt der Polizeigewerkschaft, den man in aller Eile aufgetrieben hatte, riet zu einem lakonischen Widerruf, gefolgt von einer Klage gegen die Journalistin. Scialoja erklärte ihm, das sei nicht möglich: Das Interview hatte wirklich stattgefunden und gab seine Ansichten wieder. Er hatte ein paar Gläser über den Durst getrunken und diese Dinge tatsächlich gesagt. Er hatte sie gesagt, weil er genau so dachte.
    – In diesem Fall haben wir überhaupt keine Möglichkeit, uns abzuputzen. Ich kann die Sache in die Länge ziehen, aber früher oder später bekommen

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