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Romanzo criminale

Romanzo criminale

Titel: Romanzo criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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Luxus. Die Unschuldsvermutung gehört abgeschafft. Der mutmaßliche Terrorist soll beweisen, dass er keiner ist, nicht umgekehrt.“
    „Die rechtsstaatlichen Prinzipien aufrechterhalten: Das ist das Gebot der Stunde.“
    „Den Mördern den Garaus machen: Das ist das Gebot der Stunde.“
    „Wir befinden uns im Krieg, aber das ist kein Grund, um eine jahrhundertealte Rechtstradition über Bord zu werfen.“
    „Wir befinden uns im Krieg, aber der Krieg selbst ist der Grund: für den Krieg ...“
    Ein Argument folgte auf das andere. Die Stimmung heizte sich auf. Richter, Politiker, Rechtsanwälte, viele Studenten, einfache Bürger. Es ging darum, den Terrorismus „einzuschätzen“. Der Vorwand: Weitere Sondergesetze, die der Meinung ihrer Befürworter zufolge das „Meer trockenlegen sollten, in dem die Fische der Roten Brigaden schwammen“, sollten verabschiedet werden. Die Kluft zwischen den Verteidigern rechtsstaatlicher Prinzipien und den Scharfmachern war unüberbrückbar. Borgia, der gut getarnt zwischen den Studenten in den letzten Reihen saß, verfolgte mit wachsendem Unbehagen die Reden, die dem Fall Moro galten. Auch hier gab es zwei Richtungen. Es ist uns nicht gelungen, ihn zu retten, weil es bequemer war, ihn sterben zu lassen. Immer wenn wir kurz vor dem Durchbruch standen, wurde die Untersuchung von geheimnisvollen Apparaten behindert, die boykottierten, den Ermittlern Steine vor die Füße legten, beschwichtigten. Oder: Die Brigaden waren unbesiegbar, weil Richtern und Polizisten aufgrund viel zu permissiver Gesetze die Hände gebunden sind. Borgia faltete ein Blatt Papier, auf dem er sich einen Satz von Leonardo Sciascia notiert hatte:
    Man kann zwar der italienischen Polizei entkommen – der italienischen Polizei, so wie sie ausgebildet, organisiert und geführt wird, nicht aber der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Wenn man der vom Innenministerium veröffentlichten Statistik bezüglich der von der Polizei im Zeitraum zwischen der Entführung Moros und der Auffindung des Leichnams ausgeführten Operationen Glauben schenkt, haben die Roten Brigaden jedoch die Wahrscheinlichkeitsrechnung widerlegt. Was
wahrscheinlich
ist, jedoch nicht wahr oder real sein kann. 1
    Er klammerte sich an die Worte des Meisters aus Racalmuto wie an einen Rettungsanker. Er fühlte sich hin- und hergerissen zwischen den Argumenten der Verteidiger rechtsstaatlicher Prinzipien und jenen der Scharfmacher. Wir befinden uns zwar im Krieg, aber in jedem Krieg rechtfertigt der Zweck die Mittel. Wir befinden uns im Krieg, aber es ist ein inoffizieller Krieg, der nie offiziell erklärt wurde. Und vor allem befinden wir uns mitten auf einem Schlachtfeld, dessen Grenzen nicht genau festgelegt sind. Wohlverstanden: Wer schießt, setzt sich ins Unrecht, und den Staat muss man auf alle Fälle verteidigen. Aber wie sollte man die Zweideutigkeiten, die Geheimnisse, die vertuschten Fakten deuten, von denen die Ermittlungen zum Fund in der Via Fani gekennzeichnet waren? Wenn man im Verlauf einer militärischen Operation, nach einer Säuberung vor einer verschlossenen Tür steht und sie nicht eintritt; wenn man danach erfährt, dass sich hinter dieser Tür, hinter genau dieser und keiner anderen Tür, hinter dieser einen Tür, die du nicht eingetreten hast, möglicherweise das Verlies des Entführungsopfers befand ... wenn du eine derartige Ungeheuerlichkeit gewissermaßen am eigenen Leib erfährst, dann fragst du dich, ob man das alles mit unüberlegten Aktionen, widersprüchlichen Befehlen, mit der Ohnmacht angesichts der Übermacht des Feindes und der Unbedarftheit der einzelnen Beamten erklären kann. Oder ob die angebliche Faulheit der Ermittler nicht der x-te Trick eines Superhirns ist, ob das Ganze nicht von einem fantasievollen Magier ausgeheckt worden ist, der sich mit dem Talent eines Illusionisten auf dem Grat bewegt, der Freund von Feind scheidet, Opfer von Schlächter.
    Und selbst wenn man wie Scialoja, der pragmatische Scialoja, meinte, dass es eine geheime Intervention wenn überhaupt erst in der zweiten Phase gegeben hatte ... wenn also erst nach der Entführung Moros jemand aus politischem Kalkül den Brigaden Schützenhilfe geleistet haben sollte ... sie protegiert ... verteidigt ... ihre Festnahme verhindert haben sollte ... bedeutete das dann nicht, dass die Guten in gewisser Weise am tragischen Resultat mitverantwortlich waren, indem sie in entschiedener Weise kooperiert hatten? Nichts anderes als das hatte Sciascia

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