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Romanzo criminale

Romanzo criminale

Titel: Romanzo criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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vielleicht gemeint, wenn er schrieb, dass die fünfundfünfzig Tage nach dem 16. März im Zeichen einer „literarischen“ Stimmung gestanden hätten. Im Zeichen des Wahrscheinlichen, des Offensichtlichen, aber nicht des Wahren. Im Land Pirandellos und Machiavellis. Das waren die Gedanken des stellvertretenden Staatsanwalts Borgia, während er die lautstarke Versammlung verließ, die seine quälenden Zweifel in keiner Weise beschwichtigen hatten können.
    Der Großteil derer, die seine Meinung teilten – und das waren nicht wenige – blieb in der ersten Reihe sitzen, vielleicht um größeren Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen. Borgia ging, weil in ihm ein Gefühl aufkeimte, das einem stellvertretenden Staatsanwalt der Republik gewiss gefährlich werden konnte. Niemand hinderte ihn daran. An dem Morgen, an dem Scialoja die Postkarte mit dem Eiffelturm erhalten hatte, hatte er beschlossen, ihm zu folgen. Die Postkarte war nicht unterschrieben, aber die Botschaft war eindeutig: Sandra war in Paris in Sicherheit. Bei einem Stück eisgekühlter Melone, an der Ecke zu der Brücke, wo im Jahr davor die Studentin Giorgiana Masi umgebracht worden war, bestätigte Leutnant Tagliaferri, „Spillo“ genannt, seine Ahnung.
    – Erinnerst du dich an die geile Schnitte? Sie hat sich verdrückt. Ein Fall. Wenn nicht Schlimmeres. Diese Revolutionäre aus guter Familie fallen doch immer auf die Butterseite!
    Die Genossen aus Sandras Gruppe schmorten währenddessen in Rebibbia. Keiner von ihnen hatte erklärt, ein politischer Gefangener zu sein. Sie machten halbe Zugeständnisse, aus denen hervorging, dass es zwar den Versuch gegeben hatte, Kontakt mit einem untergetauchten Terroristen aufzunehmen, der im Verdacht stand, am Überfall in der Via Fani beteiligt gewesen zu sein. Aber nur mit den besten Absichten: Die Revoluzzer hatten gehofft, den „Genossen Nardo“ überreden zu können, Moro freizulassen. Nicht weil sie grundsätzlich dagegen waren, im Namen der Causa Blut zu vergießen. Sondern aufgrund eines politischen Kalküls, das „genauer“ und strategischer war als das der Brigaden.
    Sowohl Borgia als auch Scialoja atmeten auf, als sie nicht mehr mit Politik zu tun hatten. Und die Nachricht, dass Terribile und Tigame gewöhnlichen Morden zum Opfer gefallen waren, hatte sie beinahe in gute Laune versetzt. Nun hatten sie wenigstens etwas Konkretes, auf das sie sich konzentrieren konnten. In diesem Fall wussten sie oder glaubten zumindest zu wissen, wo die Grenze zwischen Gut und Böse verlief.
    Zwei Morde in vier Tagen also. Ein gefürchteter und respektierter Boss wie Terribile, ein kleiner Fisch wie Tigame. Sowohl Borgia als auch Scialoja ahnten den Zusammenhang. Aber es fehlte, wie so oft, an Beweisen. Aber während es eine Unmenge Gründe gab, Terribile umzulegen, schien die Ermordung des armen Teufels aus Vitinia in kein Schema zu passen. Die direkten Nutznießer der Eliminierung des einzigen Zeugen standen unter Aufsicht, für sie sprach ein wasserdichtes Alibi. Wäre die Sache nicht so tragisch, wäre sie komisch gewesen. Es war, als ob jemand von außen Freddo einen Gefallen erweisen wollte. Eine Verbindung, gewiss. Aber von diesen Indizien bis zu den Beweisen ... dennoch, irgendetwas veränderte sich augenblicklich in der Unterwelt. Wechselten die Protagonisten? Nicht nur. Das Muster wurde gewechselt. Wie eine militärische Strategie. Es war das Vorspiel zu einer Veränderung, die vielleicht schon in vollem Gange war. Und sie waren wie immer die Letzten, die es bemerkten. Borgia zeichnete ein Diagramm der Organisation:
    – Wir haben: Freddo, die Buffoni-Brüder und Fierolocchio drinnen ... laut Ihren vertraulichen Quellen gibt es dann noch Bufalo, Dandi und Libanese draußen ...
    Scialoja nickte. Es waren zwei Gruppen. Sie haben sich zusammengeschlossen. Sie sind eine Bande geworden. Sie machen reinen Tisch.
    Sie verhörten Freddo, Fierolocchio, sie verhörten die Buffoni-Brüder, sie verhörten Bufalo, sie verhörten Libanese. Sie verhörten sie zwei-, drei-, viermal. Sie machten Gegenüberstellungen. Nichts. Absolut nichts. Sie waren zynisch und selbstsicher, hin und wieder sogar unterwürfig. Sie logen immer und gegenüber jedem. Bei den seltenen Gelegenheiten, bei denen sie sich in die Enge getrieben fühlten, wechselten sie einen Blick mit dem eiskalten Anwalt Vasta und beriefen sich auf ihr Recht zu schweigen. Allmählich bekam Scialoja eine Vorstellung von ihrem Charakter. Fierolocchio und Bufalo

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