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Romanzo criminale

Romanzo criminale

Titel: Romanzo criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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hatte.
    – Weißt du, von wann die Vorladung ist? Vom November 1977. Das war vor fast einem Jahr. Borgia kann die Sache mit dem Baron nicht vergessen und glaubt, dass er euch auf diese Weise drankriegen kann. Aber es gibt keine Fakten. Keine Zeugen. Nur sein Wort. Und Tigame ist vorbestraft, er hat ein längeres Strafregister als ihr, das könnt ihr mir glauben. Aber diesmal geht es schneller. In höchstens zwanzig Tagen seid ihr wieder draußen.
    Libanese war mit Bufalo unterwegs, als er von der Festnahme erfuhr. Er wurde wütend. Sie befanden sich gerade in einer heiklen Phase, in der immer wieder etwas Unvorhergesehenes passieren konnte. Sie durften sich keinen Fehler erlauben, nicht den geringsten. Der Tod Terribiles konnte sie ins Chaos stürzen. Vielleicht würden sich andere Gruppen profilieren, in der Hoffnung, den Platz des toten Bosses einzunehmen. Man fürchtete sie zwar, aber die Angst war noch nicht groß genug. Sie mussten sich die Herrschaft über Rom, die alte Hure, erst sichern. Wenn man einen von ihnen beleidigte, hieß das, dass man alle beleidigte.
    – Das heißt: Einer für alle, alle für einen, Bufalo!, brachte Libanese die Sache auf den Punkt, bevor er Konsequenzen ankündigte.
    So einem wie Tigame durfte man auf keinen Fall durchgehen lassen, dass er einen wie Freddo ins Gefängnis brachte. Es musste ein Exempel statuiert werden. Tigame musste dran glauben.
    – Schon gut, schon gut, unterbrach ihn Bufalo, und in seinen Augen blitzte der ihm eigene schwarze Humor auf – wenn du Latein sprichst, Libano, verstehe ich dich nicht. Worauf warten wir? Schnappen wir uns zwei Revolver und gehen wir, los!
    Libanese begriff, dass ihn der andere ausgetrickst hatte. Bufalo war nicht zu unterschätzen. Er war auf der Straße groß geworden, er hatte keine Ahnung von Strategie, aber er besaß eine Art Instinkt, eine Art sechsten Sinn. Er hatte begriffen, dass Libanese sich seiner Sache nicht sicher war.
    Sie holten zwei Revolver aus dem Ministerium, klauten ein Moped, das irgendein Trottel auf dem Lungotevere di Pietra Papa abgestellt hatte, brausten wortlos nach Vitinia, und bei Sonnenuntergang warteten sie vor der Bar, wo Tigame jeden Abend noch im ölverschmierten Overall seinen Borghetti kippte, verpassten ihm jeweils drei Kugeln und hauten ab. Stilgerecht stellte Bufalo das Moped hundert Meter von der Stelle entfernt ab, wo sie es geklaut hatten.
    Er verabschiedete sich mit den Worten:
    – Hast du dich schon beruhigt, Libano?
    Libanese ging zu Fuß bis unter die Marconi-Brücke. Seine Beine zitterten, der Adrenalinspiegel sank nur langsam. Vielleicht hatte es einen konkreten Grund gegeben, Tigame zu eliminieren. Vielleicht hatten die schönen Worte, mit denen er Bufalo zu überreden versucht hatte, einen Sinn gehabt. Vielleicht. Aber die Wahrheit war, dass er sich selbst etwas schuldig war. Sich selbst und Freddo. Der Mord an Terribile hatte eine Freundschaft besiegelt. Einen heiligen Pakt. Einen endgültigen Pakt. Die Ermordung Tigames war seine Art, den Pakt zu würdigen.
    Aber nicht einmal das stimmte zur Gänze.
    Die Tat an und für sich war eine Art Bindemittel, fernab aller Programme, fernab aller Argumente.
    Keine noch so ausgeklügelte Strategie hätte ausgereicht, ihn zum Boss zu machen. Die Tat war durch nichts zu ersetzen. Man musste sich die Hände schmutzig machen. Wie alle anderen auch. Tigame oder ein anderer, das war egal. Sie waren nichts, sie waren niemand. Die Tat. Er musste Bufalo beibringen so zu werden wie er. Und er selbst musste wie Bufalo werden. Wie Bufalo, der ein Mensch der Tat war, ohne dass ihn jemand dazu auffordern musste.
    Während er den brackigen Geruch des Flusses einatmete, wurde er langsam wieder er selbst. Und ein Gefühl unbezähmbarer Größe ließ ihn in stratosphärische Höhen wachsen: Er spürte, dass der Mord ihm gutgetan hatte, er spürte die verheerende Wirkung des Rituals, das er gemeinsam mit Bufalo im Namen der ganzen Gruppe vollzogen hatte. Denn jetzt waren sie endlich eine Gruppe. Vereint. Unschlagbar.
    Die Sache mit Terribile lag erst vier Tage zurück.
III.
    Nicht die Justiz, sondern die Ordnungskräfte haben die Aufgabe, den Terrorismus zu bekämpfen. Die Richter müssen die Rechtmäßigkeit der polizeilichen Eingriffe mit großer Sorgfalt prüfen und überwachen. Den Rechtsstaat verteidigen, vor allem den Rechtsstaat verteidigen.“
    „Aber wenn die Demokratie in Gefahr ist, ist der exzessive Schutz der rechtsstaatlichen Prinzipien ein

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