Romy & Alain: Eine Amour fou (German Edition)
ablenkt, zum Lachen bringt. Er prügelt sich für sie auch mit Paparazzi, denn rund um den Set, hinter Türen und Zäunen, in Autos und auf Bäumen lauern Fotografen, die Bilder von der schmerzgebeugten, der leidenden, der kaputten Romy an ihre Redaktionen verkaufen wollen.
»Das letzte Mal sah ich sie bei den Dreharbeiten von Die Spaziergängerin ... in Berlin«, erzählt Roger Fritz. »Ich kam an einen leeren S-Bahnhof, in dessen Nähe gedreht wurde, und es war komisch: Der ganze Bahnsteig war menschenleer, nur ein Koffer stand da und Romy saß drauf. Als ich sie dort sah, hatte ich ein bisschen das Gefühl von Leere, von Einsamkeit. Auch weil es in dem Moment keine Szene war, sie saß einfach nur dort.« 371
Marlene
Romys Versuche, Anfang der 1980er Jahre wieder mit ihrer Vertrauten Marlene Dietrich Kontakt aufzunehmen, scheitern immer mehr an dem Umstand, dass sich die alterndeDiva mittlerweile in ihre private Festung, der Wohnung in der Avenue Montaigne 12, zurückgezogen hat und dort kaum mehr Menschen, auch nicht Freunde und Bekannte empfing. Briefe allerdings nahm sie noch entgegen und beantwortete sie auch meist. Schriftstücke blieben nicht die einzigen Postsendungen, die zwischen den beiden Damen gewechselt wurden. Ein Privatsekretär musste regelmäßig Buchsendungen in Romys damalige Wohnung liefern und wunderte sich, dass Romy Schneider die Pakete stets selbst entgegennahm, statt dies dem Personal zu überlassen. Eine Zeitlang staunte er über Madame Schneiders bibliophile Neigungen, bis ihm eines Tages das Rasselgeräusch in dem vermeintlichen Buchpaket auffiel. Der Schluss, dass die Bücher als Transportmittel für Medikamente präpariert worden waren, lag nahe und erklärte auch die persönliche Entgegennahme. Wie viele Amphetamine und Beruhigungsmittel so in Schneiders Besitz kamen, muss Spekulation bleiben, die Journalistin France Roche erzählte, dass ihr Romy gelegentlich während eines gemeinsamen Tees mit jener Selbstverständnis Beruhigungsmittel anbot, wie man es gewöhnlich mit Keksen macht.
Marlene Dietrich war, auch wenn man sich nur unregelmäßig sah, in den Jahren zuvor zu einer wichtigen Ansprechperson für Romy Schneider geworden. Über ihre Kindheit, ihre Vergangenheit in Deutschland sprach Romy kaum, bis sie sich mit der Filmdiva anfreundet. Nun hat sie eine Gesprächspartnerin für diese Themen. In den Interpretationen mancher Beobachter wird die Dietrich für Romy Schneider zu einem Gegenpol ihrer Mutter, zur lebendigen Alternative zu einer angepassten Karriere im Dritten Reich. Diese Thematik wird Romy Schneider zeitlebens beschäftigen, sie wird in Interviews und Filmen immer wieder dazu Stellung nehmen.
Auch sonst verbindet sie manches mit der Dietrich, wird sie heute in einem Atemzug mit ihr und Hildegard Knef genannt, wenn es darum geht, deutschsprachige Filmschauspielerinnen mit internationalen Erfolgen zu benennen. Dietrichs Weigerung in den 1930er Jahren, die NS-Politik durch das Mitwirken in deutschen Filmproduktionen zu unterstützen, imponierten Schneider ebenso wie das Engagement der Diva bei der US-Truppenbetreuung. Vielleicht kannte sie auch Billy Wilders Bonmot, die Dietrich wäre öfter und länger an der Front gewesen als der Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte, General Dwight D. Eisenhower.
Es ist nicht schwer zu erraten, dass Romy Schneider in Marlene Dietrich in vieler Hinsicht ein Vorbild erblickte, eine selbstbewusste Frau, die sich eine international respektable Schauspielkarriere aufbauen konnte und sich politisch engagierte.
Wenn keine persönlichen Treffen möglich sind, telefoniert man oder schreibt sich kürzere oder längere, mehrsprachig gehaltene Nachrichten, wie etwa:
»an Dich denken
Dich sehen
Dich hören
heisst – de continuer
tout – avec love
joy
passione
+ le sourire!
a toi toujour
Romy«
»ich lieb dich
wie Freunde die Glück
bringen et bienplus
und Du gibst mir
Courage – Courage –
as Pinter says –: ›to
continue
le metier – la vie –
les hommes, [...]‹« 372
Besonders berührend ist eine kurze handschriftliche Notiz, die Romy Schneider 1981 auf ein Programmheft der Spaziergängerin von Sans-Souci schrieb und an ihre Freundin schickte:
»Marlene Liebste!
Meine Freundin – beste!
Dank Dir für Alles
Verständnis –
Bin sehr ›Ko‹ – alles zu viel –
Love love v. D.
Deine doofe Romy« 373
Anhang
Dank
Wolf-Dieter Albach (Weltbürger), Rolf Aurich (Deutsche Kinemathek/Berlin),
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