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Ronja Räubertochter

Ronja Räubertochter

Titel: Ronja Räubertochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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Lammfleisch. Sie spülten alles mit klarem Quellwasser hinunter, wie Ronja es vorausgesagt hatte. Dunkel wurde die Nacht  zu dieser Jahreszeit nie, aber ihre Körper spürten, daß der Tag zu Ende war und sie Schlaf brauchten. Im Höhlendunkel sang Ronja für Birk das Wolfslied, und diesmal ging es besser. Doch wieder machte es sie traurig,und sie fragte Birk:
    »Glaubst du, daß sie in der Mattisburg an uns denken? Unsere Eltern, meine ich.«
    »Es wäre wohl seltsam, wenn es anders wäre«, antwortete Birk. Ronja schluckte, bevor sie weitersprechen konnte.
    »Vielleicht grämen sie sich?«
    Birk überlegte.
    »Das ist wohl verschieden. Undis grämt sich, aber noch größer ist ihr Zorn. Und Borka ist wütend, aber trotzdem trauriger.«
    »Lovis grämt sich sehr, das weiß ich«, sagte Ronja.
    »Und Mattis?« fragte Birk. Ronja schwieg lange. Dann sagte sie:
    »Ich glaube, ihm ist es recht so. Daß ich fort bin. Da kann er mich vergessen.«
    Sie versuchte es zu glauben. Aber in ihrem Herzen wußte sie, daß es nicht so war. In der Nacht träumte sie, Mattis säße allein in einem dunklen schwarzen Wald und weinte so sehr, daß aus den Tränen zu seinen Füßen eine Quelle wurde. Und tief unten in dieser Quelle saß sie selbst. Und war wieder klein und spielte mit Zapfen und Steinchen, die er ihr mitgebracht hatte.

12.
    FRÜH AM NÄCHSTEN MORGEN GINGEN SIE ZUM FLUSS HINUNTER, um zu sehen, ob sich Fische im Netz gefangen hatten.
    »Netze muß man einholen, bevor der Kuckuck ruft«, sagte Ronja. Sie hüpfte vor Birk den Pfad entlang. Es war ein schmaler,kleiner Pfad, er schlängelte sich durch einen jungen Birkenwald den Steilhang hinab. Ronja spürte den Duft des zarten Birkenlaubs, es roch gut, es roch nach Frühling, und das machte sie froh. Deshalb hüpfte sie. Hinter ihr kam Birk, noch ein wenig verschlafen.
    »Ja, falls es sich lohnt, das Netz einzuholen. Glaubst du etwa, es ist voller Fische?«
    »Hier im Fluß gibt es Lachse«, sagte Ronja, »und es wäre doch seltsam, wenn uns kein einziger ins Netz gehopst wäre.
    »Seltsam wäre es auch, wenn du, meine Schwester, bei deinem Gehopse nicht bald im Fluß auf der Nase liegst.«
    »Es ist mein Frühlingsgehopse«, sagte Ronja. Birk lachte.
    »Frühlingsgehopse, ja, dieser Pfad ist wie geschaffen dafür. Wer mag den getrampelt haben, was meinst du?«»Vielleicht Mattis«, antwortete Ronja.
    »Früher, als er in der Bärenhöhle gelebt hat. Und Lachs ißt er sehr gern, das hat er schon von jeher getan.«
    Dann schwieg sie. Was Mattis gern aß oder nicht gern aß, daran wollte sie jetzt nicht denken. Ihr fiel der Traum ein, und auch den wollte sie rasch vergessen. Aber der Gedanke daran kehrte wie eine lästige Schmeißfliege immer wieder und ließ ihr keine Ruhe. Bis sie den Lachs sah, der im Netz zappelte und glänzte. Ein großer Lachs war es. Sie würden viele Tage zu essen haben, und als Birk ihn aus dem Netz holte, sagte er zufrieden:
    »Vor Hunger wirst du nicht sterben, meine Schwester, das versprech ich dir.«
    »Nicht, ehe der Winter da ist«, sagte Ronja. Aber bis zum Winter war es noch lange hin, was kümmerte der sie jetzt? Von lästigen Schmeißfliegengedanken hatte sie nun genug. Sie gingen mit dem Lachs zur Grotte zurück. Er hing ausgenommen an einer Astgabel, und hinter sich her schleppten sie eine vom Sturm gefällte Birke. Den Baum hatten sie mit ihren Riemen an den Gürteln festgebunden, und wie ein Paar Zugpferde mit einer Holzlast arbeiteten sie sich damit mühsam den Pfad hinauf. Sie brauchten das Holz. Daraus wollten sie Näpfe und andere nützliche Dinge schnitzen, das hatten sie sich vorgenommen. Birk hatte den Baum abgeästet Dabei war ihm die Axt ausgerutscht, und jetzt blutete er aus einer Wunde am Fuß. Er hinterließ eine Blutspur auf dem Pfad, aber das kümmerte ihn wenig.
    »Das macht nichts«, sagte er.
    »Die Wunde kann bluten, bis sie es leid ist.«
    »Sei nicht so keck«, sagte Ronja.
    »Vielleicht kommt ein wilder Bär und schnüffelt an deiner Spur und möchte gern wissen, wo es noch mehr von dem herrlichen Blut gibt.«
    Birk lachte.
    »Dann zeige ich es ihm mit dem Speer in der Hand.«
    »Lovis«, sagte Ronja nachdenklich, »legt immer getrocknetes Weißmoos auf, wenn man irgendwo blutet. Ich glaube, ich muß uns auch einen Vorrat davon sammeln, denn wer weiß, wann du dir das nächste Mal in die Haxen haust.«

    Und das tat sie, ganze Arme voll Weißmoos holte sie aus dem Wald und legte es zum Trocknen in die Sonne.

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