Room 27 - Zur falschen Zeit am falschen Ort
ich noch einmal.
Er hebt einen Finger. Ich hoffe, das heißt, dass Perez in einer Stunde hier sein wird und nicht erst in einem Tag.
Als er endlich auftaucht, liege ich wieder auf meinem Bett. Zu meinem großen Erstaunen empfinde ich sogar so etwas wie Freude beim Anblick seines weinerlichen Gesichts. Es ist eine Erleichterung, mit jemandem in einer Sprache reden zu können, die beide verstehen.
»Ich muss etwas Wichtiges erzählen!«, rufe ich.
»Auch einen guten Morgen«, sagt Perez ungerührt.
Ich bin zu ungeduldig, um ihn zu grüßen. »Es ist wirklich sehr wichtig! Ich weiß, wer diese SMS geschickt hat.«
»Wer denn?«
»Stefano.« Ich berichte Perez, was ich mir in der vergangenen Nacht alles überlegt habe.
Er öffnet kopfschüttelnd die Zellentür. »Stefano also. Der Junge, den niemand gesehen hat.«
»Wir sind zu dritt in Córbador essen gewesen«, sage ich. »Er, Val und ich. Bei Mélia, einem sehr teuren Restaurant. Sie müssen den Inhaber anrufen!«
»Wieso?« Perez hält mir die Zellentür auf. »Wolltest du mit mir zu Abend essen?«
Ich lache höflich über seinen lahmen Scherz. »Nein, aber…«
»Gleiches Büro.« Perez macht eine Kopfbewegung, ich soll vor ihm hergehen. Protokoll? Oder hat er wirklich Angst, ich könne ihn von hinten niederschlagen?
Der Flur ist stickig. Die meisten Türen stehen offen und ich sehe einen Mann im Overall, der einen Raum betritt. CARLOS CLIMATIZACIÓN steht auf seinem Rücken. Ich vermute, er soll die Klimaanlage reparieren.
Die Tür von Barbalalas Büro ist verschlossen, aber Perez hat einen Schlüssel. Er schaltet den Ventilator ein und bedeutet mir, ich könne mich auf den Holzstuhl darunter setzen.
Mistventilator. Ich hoffe, der Klimaanlagenmann beeilt sich ein bisschen.
Diesmal nimmt Perez sehr wohl Barbalalas Stuhl. Bestimmt hat sie heute frei. Wie lange wird es noch dauern, bevor ich auch…
Heulalarm! Ich presse die Fingernägel in meine Handfläche, bis das Gefühl abebbt.
»Was willst du jetzt mit dem Restaurant?«, fragte Perez. »Warum soll ich den Inhaber anrufen?«
Ich berichte von dem Abend bei Mélia. »Wir brauchten nichts zu bezahlen. Stefano hatte sich mit dem Inhaber geeinigt wegen des Glasstücks, weil sich Val ja hätte verletzen können.« Ich rutsche vor auf die Stuhlkante. »Aber ich glaube, er hat die Scherbe selbst in das Püree gesteckt, damit wir kostenlos essen können.«
»Und du meinst, dass sich der Eigentümer noch an Stefano erinnern kann?«
Ich nicke heftig.
»Gut«, sagt Perez. »Ich erkundige mich bei dem Restaurant. Aber dann habe ich immer noch ein Problem: der Geldbeutel von Señora Somez.«
Frau Somez. Ich stehe sofort wieder in diesem grässlichen Hotelzimmer. »Wieso?«
»Du sagst, dass Valerie ihn dir gegeben hat.«
»Ja.«
»Wie kann es dann sein, dass sie keine Fingerabdrücke hinterlassen hat?«
Ich kann ihm für einen Moment nicht mehr folgen.
»Es gibt nur zwei unterschiedliche Fingerabdrücke auf dem Geldbeutel«, sagt Perez. »Die von Señora Somez und deine.«
20
Zeit: heute
Ort: Polizeiwache Francaz – Spanien
Eine Polizistin betritt den Raum, spricht mit Perez und verschwindet dann wieder.
»Deine Mutter hat einen Rückflug gebucht«, sagt Perez.
Ich fühle mich um hundert Kilo leichter. Für einen Moment vergesse ich sogar diese dummen Fingerabdrücke.
»Leider geht das nächste Flugzeug, in dem sie noch einen Platz bekommen konnte, erst in drei Tagen.« Er macht eine entschuldigende Geste. »Du wirst dich also noch ein bisschen gedulden müssen.«
Drei Tage! Ich beiße mir auf die Knöchel.
Zum Glück gönnt mir Perez ein paar Minuten Ruhe. Er reicht mir einen Becher Wasser und ich versuche, meine Enttäuschung hinunterzuschlucken. Meine Mutter kommt hierher.
Okay, es dauert etwas länger, als ich gehofft hatte, aber sie kommt wenigstens.
Es hilft nicht. Ich habe immer noch eine Stinklaune. Und die wird noch schlimmer, als Perez den Rekorder wieder einschaltet und das Verhör fortsetzt.
»Mal schauen, wo waren wir stehen geblieben?«
Er nimmt den gelben Notizblock, reißt ein Blatt davon ab und beginnt, etwas Kompliziertes daraus zu falten. »Der Geldbeutel von Señora Somez… Valerie hat ihn dir also gegeben, ohne auch nur einen einzigen Fingerabdruck zu hinterlassen. Erklär mir doch einmal, wie das geht.«
Ich kann nur an eins denken: Drei Tage sind auch drei Nächte. Ein unsichtbares Band schließt sich um meinen Brustkasten.
»Nein, warte. Ich verstehe es
Weitere Kostenlose Bücher