Room 27 - Zur falschen Zeit am falschen Ort
ungerührt wie möglich.
»Musst du wissen.«
»Warum solltest du mich betäuben wollen?«
»Geht dich nichts an.«
»Siehst du, das kann gar nicht stimmen. Du kannst dir nicht einmal einen guten Grund ausdenken.«
»Aber sicher!«
»Ach ja?« Ich lege meine Hand hinter mein Ohr. »Ich höre jedenfalls nichts.«
Das stimmt nicht ganz. Ich kann ihn mit den Zähnen knirschen hören.
»Gut, wenn du es denn unbedingt wissen willst«, sagt er mit einer Stimme voller Hass. »Val sagte, du wärest ziemlich eingeschnappt gewesen, als sie dich im Whirlpool abgewiesen hatte. Sie hatte dich schon eine ganze Weile an der langen Leine gehalten und wir fürchteten, dass dies der Tropfen zu viel sein könnte. Dass du beschließen könntest, allein weiterzureisen. Und das konnten wir nicht riskieren. Wir brauchten dich ja noch. Dich und deine EC-Karte. Also gaben wir dir das Gefühl, du und Val…« Er rutscht weiter nach hinten, damit er sich mit dem Rücken an die Wand lehnen kann. »Zufrieden?«
Noch lange nicht.
»Du hättest das Geld doch auch auf dein eigenes Konto überweisen können?«, sage ich.
»Natürlich nicht, du Trottel. Dann würden sie dahinterkommen, dass Val und ich es getan hatten.«
»Was getan?«
»Nichts.« Er fegt mit der Hand durch die Luft. »Ich habe schon viel zu viel gesagt.«
Aber noch längst nicht genug.
»Du meinst die Website und die Bettelmail und so?«, frage ich.
Er zieht die Beine an.
»War das auch deine Idee. Oder die von Valerie?«
Ohrenbetäubende Stille.
Vielleicht sollte ich die Taktik ändern. Nicht piksen, sondern streicheln.
»Ich wünschte, mir wäre so etwas selbst eingefallen«, sage ich.
»Ja, klar.«
»Ja, Mann. Viel besser als so ein blöder Job im Supermarkt.«
Er sieht mich abwägend an.
»Es ist doch so?«, fahre ich fort. »Einbrechen oder Leute berauben, das ist echt kriminell. Aber so eine Site einrichten, das würde ich mich schon trauen. Ich meine, die Leute sind selbst schuld, wenn sie so blöd sind, drauf hereinzufallen. Dafür kann man doch nichts?«
»Nimmst du mich jetzt auf den Arm?«
»Warum sollte ich? Ich wünschte, ich wäre so geschickt mit Computern wie du.«
»Ach«, sagt er gespielt lässig, aber auf seinem Gesicht zeigt sich ein Anflug von Stolz.
»Dass du den Laptop und den Internetanschluss der Familie Limo genutzt hast und meine Kontonummer, ist ein genialer Einfall. Sogar wenn der Betrug entdeckt werden würde, wäre das überhaupt kein Risiko für dich und Val.«
Keine Reaktion.
Ich habe natürlich zu dick aufgetragen. Wenn mich jemand so vollschleimen würde, glaubte ich ihm auch kein Wort.
Aber dann sagt Felipe selbstgefällig: »Es war ein Kinderspiel. Wir mussten bloß noch dein Konto leer räumen und jeden denken lassen, dass du jedes Mal selbst Geld abgehoben hast, damit immer noch keine Spur zu uns führen würde.«
»Aber du hast vergessen, einen Verband um deine Hand zu wickeln«, rutscht mir heraus.
Er ist sofort wieder auf der Hut. Seine Augen verengen sich zu Schlitzen. »Ja, das war dumm. Perez hat mir die Filme gezeigt. Aber er kann mir nichts. Ich bin überhaupt nicht darauf zu erkennen. Das ist kein Beweis für einen Richter.«
Das nicht, nein.
»Eins kapiere ich immer noch nicht«, sage ich. »Du gibst dir weiß Gott was für eine Mühe, um bei nichts erwischt zu werden, aber dann wohnst du seelenruhig im Haus fremder Leute. Angenommen, sie wären unerwartet nach Hause gekommen?«
»Ach was.«
»Woher warst du dir da so sicher?«
»Einfach so.«
»Einfach so.« Ich versuche, ein wenig Bewunderung in meine Stimme zu legen, was ziemlich anstrengend ist, wenn man jemanden eigentlich am liebsten schlagen würde. »Kannst du denn in die Zukunft schauen oder was?«
»So ähnlich.« Felipe hat seine selbstsichere Haltung wiedergefunden. »Es war vollkommen klar, dass die Limos zwei Wochen wegbleiben würden. Ihr Auto war nicht da. Auf der Matte lag ein Stapel Post. Die Kleiderschränke waren halb leer. Einige Lampen waren mit einer Zeitschaltuhr verbunden. Und neben dem Kühlschrank hing ein Kalender, auf dem URLAUB und vierzehn leere Tage weiter ZURÜCK AUS DEM URLAUB stand.«
»Also bist du einfach eingebrochen.«
»Ich habe dich jedenfalls nicht klagen hören. Gratis Kost und Logis. Und einen Whirlpool.«
»Aber ich dachte, dein Onkel würde dort wohnen!«
»Das hast du wohl falsch gedacht.«
Wieder verspüre ich die unbezwingliche Neigung, ihm in sein arrogantes Gesicht zu schlagen. Ich wende
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