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Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Titel: Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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den Kopf abreißen zu lassen. Aber durch Henrys Tod war Momma fünfhundert Striche auf der Aggressionsskala nach unten gerutscht.
    Sie liebte jetzt anders, glaube ich, weil sie so viel verloren hatte. Dad liebte sie, sie war in Frieden mit dieser Liebe, und wir, ihre Töchter, waren noch am Leben und offen für diese Liebe. Sie nahm diese Offenheit wahr. Ja, es war ein Wunder. Nein, sie wurde nicht die Liebenswürdigkeit in Person – sie konnte immer noch jeden mit links fertigmachen, und ihre Trauer um Henry würde nie enden … aber jetzt blitzte bei ihr doch öfter mal Freundlichkeit auf, anders als früher.
    Sie hatte für jede von uns etwas auf ihr rosa Papier geschrieben. Auf meinem Zettel stand: »Ich liebe dich. Ich habe dich immer geliebt und werde dich immer lieben. Momma.«
    Momma schwieg ein paar Minuten, und wir ließen uns vom Wind umspielen, still und ruhig.
    »Da gab es nichts zu verzeihen«, sagte sie schließlich. »Wir können uns nicht vorstellen, was der arme Mann durchmachen musste. Sein Knie wurde mit einem Hammer zertrümmert. Zwei Finger wurden ihm mit einer Machete abgehackt. Er wurde geschlagen und ist fast verhungert. Das war sein zweiter Einsatz in Vietnam, nachdem er über ein Jahr im Dschungel gelebt hatte, beschossen worden war und auf andere geschossen hatte, nachdem er zusehen musste, wie die Hälfte seiner Einheit während eines Nachtangriffs getötet wurde, ganz zu schweigen von all den anderen grausigen Dingen, die dort passiert sind und von denen die Veteranen bis zum heutigen Tag nicht reden wollen.
    Als er bereit war, als er wusste, dass er sein Leben geordnet hatte, und wusste, dass er etwas anzubieten hatte, dachte er daran, zurückzukommen. Doch er befürchtete, seine Rückkehr könnte selbstsüchtig sein, könnte unser Leben durcheinanderbringen, zusätzlichen Stress, erneute Wut und Verletzung hervorrufen. Aber ich bin so froh …«, sie wischte über ihre strahlenden Augen. »Ich bin so froh, dass euer Dad nach Hause gekommen ist.«
    »Du liebst ihn immer noch, nach all dem Schlamassel, den du durchmachen musstest, nach all diesen bedrückenden Erfahrungen!«, sagte Janie. Sie legte einen Stapel Klassiker zu Boden, den sie auf dem Schoß balanciert hatte.
    »Ja. Ich konnte nie aufhören, euren Dad zu lieben, genau wie ich nicht aufhören kann, euch verrückte drei Mädchen und Henry zu lieben.« Sie funkelte uns finster an, damit wir nicht vollkommen sentimental wurden.
    Sie steckte die Hand in die Tasche. »Jetzt schaut euch bloß an, was euer dusseliger Dad mir neulich gegeben hat.« Sie zog einen auf sie ausgestellten und von Carl Bommarito unterzeichneten Scheck hervor. Die Summe war enorm. »Er hat all seine ausstehenden Zahlungen von der Regierung kassiert – sie sollte damals das Geld an mich weiterleiten, als ihr Kinder wart, hat es aber nicht getan, weil sie in ihrer eigenen Verwaltung den Überblick verloren hatte und alles verschusselte.«
    Ich sperrte den Mund auf. Wir alle sperrten den Mund auf.
    »Dazu gehört auch das Geld, das seine Eltern ihm hinterlassen haben, in Aktien. Es sollte an mich und euch Kinder gehen, doch als euer Vater uns verließ, waren zwei Urkunden versehentlich noch nicht unterschrieben, daher erreichte uns das Geld nicht. Er wusste nichts davon. Aber seht ihr, was passiert, wenn man sein Geld dreißig Jahre lang auf dem Aktienmarkt stehen lässt, Mädels?«
    Ich lehnte mich auf der Schaukel zurück. Guter Gott, sie war reich. Sie würde sich nie mehr Sorgen ums Geld machen müssen.
    »Euer Dad sagte, ich hätte es verdient, weil ich so viel durchmachen musste. Verrückter Mann. Er hat mich gebeten, auch jeder von euch einen Scheck zu geben. Hier sind sie.« Sie zog drei weitere Schecks hervor, unterzeichnet von Dad, und reichte sie uns.
    Ich blinzelte.
    Scheibenkleister.
    Wir Schwestern würden nie mehr arbeiten müssen.

    Aber all das Geld machte uns nachdenklich. Ich brauchte es nicht, genauso wenig wie Janie, die halb Frankreich hätte kaufen können, Cecilia ebenso wenig.
    Doch wir wussten, wer es brauchen konnte.

    Das Henry-Bommarito-Tierheim wurde achtzehn Monate nach der Geburt unserer Idee eröffnet. Wir spendeten unsere Schecks von Dad, führten mehrere Spendensammlungen durch, bekamen Geld von vielen Tierschutzgruppen, von der Stadt, von unseren Freunden (ich kann kaum fassen, dass ich sie als »unsere Freunde« bezeichne, so als wären wir Bommaritos normale Menschen), von Momma und Dad und von Dr. Silverton, der an

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