Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)
Schlafzimmer hinauf.
Man sollte immer erst anklopfen, bevor man ein fremdes Schlafzimmer betritt: Es könnte etwas Privates darin vorgehen. Etwas sehr Privates.
Ich platzte ins Zimmer.
Und dort hatte ich das erneute Vergnügen, Dr. Silvertons (nackte) Bekanntschaft zu machen, denn er lag im Bett meiner Schwester, um das Kerzen eine romantische Atmosphäre verbreiteten. Später sagte ich zu Cecilia, er hätte einen recht knackigen Allerwertesten.
»Ähm … ähm … Entschuldigung«, stotterte ich und fuchtelte abwehrend mit den Händen. »Cecilia, Scheibenkleister. Tut mir leid.«
Sie lachte und zuckte mit ihrer nackten Schulter. Ich kicherte und schlich mich wie ein Stinktier wieder aus dem Haus.
Während ich meine Spaghetti aß, musste ich lachen und konnte nicht wieder aufhören, bis sich meine Tränen mit der Soße, den Gewürzen und dem Fadenkäse vermischten.
Den Windsurfer sehe ich immer noch. Ich winke ihm jeden Morgen zu. Er winkt zurück.
Vielleicht bleibe ich eines Tages ein bisschen länger stehen und sage Hallo.
Vielleicht aber auch nicht.
Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ein Mann in meinem Leben, eine Beziehung zu einem Vertreter der männlichen Spezies, im Moment keinen Reiz für mich hat. Ich brauche den Stress nicht, ich brauche das Drama nicht. Von beidem hatte ich schon mehr als genug.
Meine Erfahrung hat mich auch gelehrt, dass Männer auf Entfernung viel angenehmer sind, dass sie besser in unseren Köpfen aufgehoben sind, wenn wir von ihnen phantasieren und glauben, was wir glauben wollen , als dass wir sie wirklich in unser Leben lassen. Im wirklichen Leben sind sie, wenn der Lack ab ist, einfach nur … Männer, äußerst fehlerhaft und anstrengend.
Bis auf meinen Dad, den ich innig liebe, und Henry.
Ganz allein habe ich Isabelle gefunden, nach einer außerordentlich turbulenten Reise, und im Moment möchte sie keinen Mann neben sich haben. Auf keinen Fall möchte sie ihre schicken BHs mit einem Mann teilen. Ich mag Isabelle. Ich mag die Person, die ich geworden bin. Endlich habe ich Frieden gefunden. Warum sollte ich mir den von einem Mann verderben lassen?
Aber vielleicht werde ich eines Tages meine Meinung ändern.
Ich werde darüber nachdenken.
Die Hochzeitsfeier fand im Sommer in der Kirche statt, es folgte ein Empfang in Grandmas Haus.
Das Kleid war lavendelfarben, dazu passende Schuhe, der Bräutigam trug einen prächtigen schwarzen Smoking. Die Kirche war mit Freunden gefüllt und mit weißen Bändern, gewaltigen Blumensträußen und massenweise Kerzen geschmückt.
Ich war nervös und glücklich, aufgeregt und nah am Wasser gebaut. Janie und Cecilia hielten meine Hände, wie immer.
»Willst du, Carl Bommarito«, fragte Pater Mike lächelnd, »geloben, deine Frau zu lieben und zu ehren, bis dass der Tod euch scheidet?«
»Ich will«, sagte Dad.
»Und willst du, River Bommarito, geloben, deinen Mann zu lieben und zu ehren, bis dass der Tod euch scheidet?«
»Oh, das will ich«, sagte Momma, ausnahmsweise mal nicht heftig, sondern sanft und liebevoll. Ihr neuer Ehering blitzte. Ein echtes Prachtexemplar. »Ich will.«
Es war eine herzerwärmende, zu Tränen rührende Feier.
Und vom rechtlichen Standpunkt völlig unnötig.
Momma hatte sich nie von Dad scheiden lassen.
Dad hatte sich nie von Momma scheiden lassen.
Aber sie beharrten starrköpfig darauf, ihr Gelübde zu erneuern. Pater Mike hielt es für eine gesegnete Idee, gesegnet , göttlich, heilig!
»Warum, Momma?«, fragte ich sie eines Abend auf der Verandaschaukel, mit Janie und Cecilia neben uns in den Korbsesseln. »Warum hast du dich nie scheiden lassen?«
Sie schnaubte. »Warum hätte ich mich denn von eurem Dad scheiden lassen sollen, Isabelle?«
»Ähm, weil er uns verlassen hat?«
»Er hat uns verlassen, weil das Monster in ihm ihn zum Monster machte. Irgend so ein Blödmann in Washington hat ihn in den Krieg geschickt, und das hat ihn total versaut. Ich liebe euren Dad. Ich liebe ihn nach wie vor und werde es immer tun. Und ich wusste immer, dass er zurückkommen würde.« Sie drohte mir mit dem Finger. »Und ich hatte recht, Isabelle, vergiss das nicht. Ich hatte recht.«
»Aber du hast ihm sofort verziehen, Momma. Wie hast du das gemacht? Vergebung ist nicht gerade deine große Stärke, weißt du.« Ich konnte kaum fassen, dass ich dieses Gespräch mit ihr führte. Vor Henrys Tod hätte ich dieses Thema niemals anschneiden können, es sei denn, ich wäre darauf erpicht gewesen, mir
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