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Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Titel: Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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sie.
    »Ja. Mir geht’s gut! Bist du blind? Ich sitze doch hier, oder?«
    Ich lachte.
    Sie machte ein finsteres Gesicht und glättete ihre Seidenbluse, die voller Ruß war. Im Gesicht und in ihrem kurzen blonden Haar waren schwarze Streifen.
    Ich stand auf und umarmte sie. Momma zitterte wie Espenlaub. Sie war diejenige, die Grandma hustend und keuchend aus dem Haus gezogen hatte.
    »Ach, nun hör doch auf.« Sie klammerte sich fest an mich. »Übertreib nicht so.«
    »Tu ich ja gar nicht«, beharrte ich, ohne sie loszulassen. »Aber ich bin froh, dass du im Wohnzimmer nicht in Flammen aufgegangen bist. Das wäre unerfreulich gewesen. Hätte deinen Stoppelkopf ruiniert.«
    »Mein Stoppelkopf!«, rief sie. »Mein Haar wächst schneller als deins! Isabelle, was mach ich nur mit dir? Deine süße, liebe Grandma hätte bei lebendigem Leib verbrennen können, und daran bin nur ich schuld, nur ich  …«
    Ich hörte Dad hinter mir hereinklettern und spürte, wie sich Mommas Klammergriff lockerte.
    »River!«, rief er und stolperte auf sie zu, behindert durch sein schlimmes Bein. Er war kalkweiß im Gesicht und drückte Momma an sich, drückte seine vernarbte Wange an ihre verrußte. »Geht’s dir gut, Liebling?«
    »Ja, junger Mann.« Sie nahm sein Gesicht in die Hände. Dad war oft ihr »junger Mann«. »Ja, mir geht’s gut.«
    Sie legten die Stirn aneinander, und Dad griff nach Grandmas Hand. »Mit dem Flugzeug abgestürzt, Amelia?«
    »Ja, Sir, so war es.«
    Da sieht man’s wieder. Dad verstand unsere Familie.
    Er zwinkerte mir zu.

    Man könnte denken, wir hätten Grandma nach dem Zwischenfall im Wohnzimmer in ein Heim gegeben.
    Hätten wir tun sollen.
    Taten wir aber nicht.
    Das Missgeschick passierte, als Velvet ihre Freundinnen in Vegas besuchte. Wir Schwestern beschlossen, bei Velvets nächstem Urlaub Grandma abwechselnd mit Argusaugen zu bewachen. Momma hatte einen kurzen Nachmittagsschlaf gehalten, und schon war es passiert. Flammen überall.
    Momma war müde gewesen, weil wir am Vorabend alle zusammen im Kino gewesen waren, um uns auf der Leinwand eines von Janies verfilmten Büchern anzusehen, und spät nach Hause gekommen waren. Der Film war so gruselig, so spannend, dass Janie vor Angst aus dem Kinosaal gehuscht war und mit klopfenden Fingern neben dem Popcornautomaten gewartet hatte. Nachts hatten wir im Wandschrank gehockt, während sie stickte. Ich hielt ihr die Taschenlampe. Der Film hatte uns gewaltig Angst gemacht, keine von uns konnte schlafen.
    Er wurde ein Kassenschlager.
    Am Ende des Films war Grandma aufgestanden und hatte den Fahneneid abgelegt.
    Am nächsten Tag hatte sie beschlossen, im Wohnzimmer ein Feuer anzuzünden, um sich nach ihrem Flug aufzuwärmen, während Momma schlief. Grandma hatte die Streichhölzer gefunden – und das war’s dann. Das Feuer brannte.
    Nach dem Brand wollte Momma nichts davon hören, Grandma ins Heim zu geben. »Wir werden diese liebe Frau nicht in ein Heim stecken nach allem, was sie für mich und für uns getan hat, was sie geopfert hat.«
    Wir Schwestern lachten nicht, aber uns gingen lebhafte Bilder der beiden durch den Kopf, wie sie sich mit dekorativen Glasflaschen bewarfen und einen Machtkampf nach dem anderen ausfochten.
    »Und wenn ich mit der Faust auf den Tisch schlagen muss«, Momma schlug mit der Faust auf den Tisch, »Grandma bleibt hier.«
    Also schlossen wir die Streichhölzer und das Bügeleisen weg, kurzum alles, was heiß werden konnte, deckten die Herdplatten mit lustigen Scheiben ab, verriegelten den Backofen. Brachten an allen Türen Alarmanlagen an.
    Wer wollte schon gegen die Faust auf dem Tisch angehen? Vor allem, wenn es Mommas Faust war.
    Außerdem hatten wir Amelia gerne um uns.

    Drei Wochen nach Henrys Beerdigung begann ich wieder zu arbeiten. Ich flog in den Sudan, zusammen mit Stefan Morticelli, einem international bekannten Dokumentarfilmer, mit dem ich schon oft zusammengearbeitet hatte und der sauer auf mich war, weil ich in den vergangenen Monaten weder auf seine Anrufe noch auf seine E-Mails reagiert hatte.
    Ich hatte mir sein Gemecker zwei Minuten lang angehört und dann gefragt: »Um was geht’s?«
    Er erzählte es mir.
    Wir flogen hin und nahmen im Sudan so viele Gräueltaten auf wie möglich, ohne dabei erschossen zu werden. Zuerst befürchtete ich, meine Psyche würde wieder zusammenklappen wie ein Pappkarton, aber es geschah nicht.
    Als wir zurück in Paris waren, gab ich Stefan meine Filme, und er machte sich an

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