Rose Harbor und der Traum von Glueck
reichlich Zeit. «
» Perfekt. «
Ihre Mutter zögerte. » Bist du okay? «
» Mir geht’s gut, Mom. Mehr als gut. «
» Das freut mich, denn wir haben uns Sorgen gemacht. Bis nachher. «
» Ach, Mom … «
» Ja? « Ihre Mutter hörte sich an, als habe sie gerade ihr Handy abschalten wollen. » Was ist denn? «
Um ein Haar hätte Abby ihr vom Friedhof und dem Zwiegespräch mit Angela erzählt, bremste sich aber noch rechtzeitig. » Schon gut, nicht weiter wichtig. Wir haben vor der Hochzeit ja reichlich Zeit, uns zu unterhalten. «
» Okay. Habe ich dir erzählt, dass ich beschlossen habe, das pinkfarbene Kostüm und nicht das hellgrüne zu tragen? «
» Gut. Pink steht dir. «
» Findest du? Es ist zwar so ein typisches Mutter-des-Bräutigams-Outfit, doch dein Vater hat mich daran erinnert, dass ich das schließlich sei. «
Abby lächelte. » Du wirst umwerfend aussehen. «
» Das werden wir beide « , antwortete ihre Mutter.
23
I ch wartete, bis das Haus leer war, bevor ich meinen Mantel und meine Umhängetasche holte. Ein paar Dinge waren zu erledigen, nichts davon sonderlich wichtig. In erster Linie ging es darum, die Stadt besser kennenzulernen und Kontakte zu anderen Geschäftsinhabern zu knüpfen.
Konkret standen auf dem Plan eine chemische Reinigung, wo ich ein paar Kissenbezüge abgeben wollte, und ein Besuch bei Grace Harding, der Bibliothekarin. Zu Fuß machte ich mich schließlich auf den Weg, wandte mich jedoch nicht wie beabsichtigt hügelabwärts, sondern schlug unwillkürlich die Richtung zu Mark Taylors Haus ein.
Ich war ihm noch eine Antwort schuldig, denn ich hatte am Tag zuvor auf seine Frage nach Paul nicht reagiert, sondern gewissermaßen die Flucht ergriffen. Ohne dass er mich zurückzuhalten versuchte, wofür ich ihm dankbar war. Aber er hatte eine Erklärung verdient, fand ich, und was mich betraf, so wollte ich von ihm mehr über die merkwürdige Geschichte mit Spencer wissen.
Wie am Vortag traf ich Mark in seiner Werkstatt an, wo er eine wunderschöne Wiege abschmirgelte, ein wahres Kunstwerk mit aufwendigen Schnitzereien an Kopf- und Fußteil. Er blickte auf, als ich auf der Schwelle auftauchte. In seinen dunklen Augen spiegelte sich Überraschung wider. Er trug einen Overall über einer dicken karierten Winterjacke, was ihn aussehen ließ wie das Michelin-Männchen, und auf eine Rasur hatte er offenbar verzichtet. Eindeutig schien er auf sein Äußeres wenig Wert zu legen.
» Sie schon wieder. « Er wirkte über meinen unerwarteten Besuch alles andere als erfreut.
» Ja, ich schon wieder. Haben Sie ein paar Minuten Zeit? «
» Nicht wirklich. «
Ich achtete nicht auf seinen Widerspruch, sondern ging zu der Kaffeekanne hinüber und goss jedem von uns eine große Tasse ein.
» Setzen Sie sich einen Moment zu mir « , schlug ich vor.
Marks Augen blickten düster. » Was wollen Sie denn jetzt noch? Wenn Sie mich ständig aufhalten, wird das Schild nie fertig. «
» Wie es aussieht, arbeiten Sie ohnehin gerade an etwas anderem. «
Die Furchen auf seiner Stirn vertieften sich, aber er überging die Bemerkung.
» Hat jemand Sie beauftragt, eine Wiege zu schreinern? « , hakte ich nach.
Zögernd schüttelte er den Kopf.
» Und warum machen Sie es dann? «
» Sind Sie immer so neugierig? « , grollte er.
» Manchmal « , sagte ich heiter und zog mir unbekümmert einen Stuhl heran. Tat so, als würde ich überhaupt nicht merken, dass ich störte. Entspannt schlug ich die Beine übereinander, wärmte meine Hände an der Tasse und musterte ihn.
Mark seinerseits verhielt sich so, als sei ich Luft für ihn oder gar nicht im Raum. Jedenfalls schien er ganz in seine Arbeit vertieft.
» Die Wiege ist wirklich bildschön « , sagte ich, und das war nicht gelogen. Ich konnte meine Augen kaum von dem kunstvollen Schnitzwerk wenden. Dieser Mark Taylor war weiß Gott ein begnadeter Handwerker.
Er trat zurück und schien sein Werk auf einmal mit anderen Augen zu betrachten. » Danke. «
» Erwartet jemand, den Sie kennen, ein Kind? «
» Nein. Die Idee dazu ist mir eines Nachts gekommen « , fügte er leicht schroff hinzu. » Einfach so. «
» Und da haben Sie beschlossen, eine Wiege zu bauen? «
Er ließ die Hand sinken und musterte mich misstrauisch. » Haben Sie ein Problem damit? «
» Nein. « Ich gab mir alle Mühe, mich von seiner abweisenden Art nicht ins Bockshorn jagen zu lassen.
Ein leises Lächeln spielte plötzlich um seine Lippen. » Da bin ich ja froh « ,
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