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Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken

Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken

Titel: Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Ellis
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Leute euch Vorwürfe machen und das Allerschlimmste von euch denken? Würdet ihr ihnen da nicht zurufen wollen: ›He, ich bin’s! Ihr kennt mich doch! Ihr wisst doch genau, dass ich so was nie machen würde!‹ Vielleicht habt ihr es ja sogar gesagt und es hat nichts genützt.
    Ihr alle kennt Casey White. Viele von euch gehen seit der dritten Klasse mit ihr zur Schule. Ihr wisst ganz genau, dass sie zu einem so schrecklichen Verbrechen nicht fähig wäre. Casey gehört zu uns und hat mit ihrem naturwissenschaftlichen Talent schon Preise für diese Schule gewonnen. Dadurch hat sie sich ausgezeichnet und unserer Schule Anerkennung eingebracht. Und jetzt wird sie derart schlecht behandelt.«
    Die Tür zu unserem Klassenraum wurde aufgerissen. Wir zuckten zusammen.
    Â»Miss Burke hat sich im Büro mit der Sprechanlage verbarrikadiert!«, rief ein Schüler und rannte dann weiter durch den Flur, um die Nachricht zu verbreiten.
    Ich war als Erste an der Tür, aber andere waren dicht hinter mir. Als wir am Büro ankamen, hatte sich davor schon eine Traube von Schülern versammelt. Mehrere Lehrer versuchten, sie zurück in die Klassenzimmer zu treiben, aber ohne Erfolg.
    Miss Burke sprach immer noch über Caseys Leistungen, ihre freundliche Art und ihre Großzügigkeit. Aber alles, was sie sagte, wurde von der Menge mit Hohn und Spott kommentiert. Jemand kam sogar mit diesem idiotischen Kindervers »Miss Burke und Casey sitzen auf ’nem Baum und K-Ü-S-S-E-N sich …«
    Immer mehr Schüler strömten in den Flur. Irgendwo ganz hinten hörte ich die dröhnende Stimme des Direktors, der sich durch die Menge einen Weg zum Büro zu bahnen versuchte – vermutlich mit einem Ersatzschlüssel in der Hand, aber keiner ließ ihn durch.
    Â»Das wird Verweise hageln!«, drohten die Lehrer.
    Doch niemanden interessierte das.
    Miss Burkes Stimme war immer noch zu hören. »Ich lebe auf dieser Erde schon viele Jahre länger als ihr, länger als alle anderen Leute an dieser Schule. Ich habe erlebt, wie die Welt von Ungerechtigkeiten heimgesucht wurde, die durch Gier und Dummheit ausgelöst wurden. Ich habe erlebt, wie die Welt in Krieg versunken ist und wie die Menschheit einen hilflosen Kampf gegen Hunger und selbst herbeigeführte Katastrophen führt. Im Laufe der gesamten, deprimierenden Menschheitsgeschichte gab es immer wieder diese Momente, wo etwas hätte anders laufen können, wenn doch nur bestimmte Personen einen anderen Weg eingeschlagen und uns aus diesem ganzen Schlamassel herausgeholt hätten.«
    Und dann passierte etwas mit den Schülern, die sich da im Korridor drängten. Sie wurden allmählich still. Miss Burke schaffte es, dass sie ihr zuhörten. Kurz darauf waren die einzigen Stimmen, die man – abgesehen von Miss Burke – noch hörte, die der Lehrer, die uns zurück in die Klassenzimmer beordern wollten.
    Â»Eine Schule ist auch eine Gemeinschaft – genau wie ein Dorf oder eine Stadt. Die Außenwelt beeinflusst uns, so wie das in jedem Dorf oder jeder Stadt der Fall ist. Aber wir haben einen entscheidenden Vorteil. Wir sind eine geschlossene Gruppe. Wir können unsere Werte selbst bestimmen. Wir haben die Chance, hier etwas besser zu machen als in der übrigen Welt. Haben wir den Mut, diese Chance zu nutzen? Trauen wir uns das?
    Ich denke schon. Ich glaube, dass die Schüler der Highschool von Galloway sich über den ganzen Unrat erheben können, den uns die Welt vor die Füße wirft – die ganzen Lügen und allzu simplen Lösungen. Wir können es besser machen und sollten jetzt gleich damit anfangen.
    Fangen wir damit an, dass wir Freundschaft einen höheren Stellenwert einräumen, als andere das zulassen wollen. Casey White ist unsere Freundin, sie gehört zu uns. Sie wurde bislang keines Verbrechens schuldig gesprochen, und ich bin mir sicher, dass es dazu auch nicht kommen wird. Wir können uns ganz bewusst dafür entscheiden, sie nicht fallen zu lassen. Wir können ihr zur Seite stehen, so wie wir uns das von unseren Freunden wünschen würden, wenn wir mal in Schwierigkeiten stecken.«
    Â»Die Bullen!«, rief jemand, und da war die Polizei auch schon im Treppenhaus und bahnte sich einen Weg, indem sie Schüler beiseiteschob oder sogar wegtrug. Sie sorgten dafür, dass der Direktor zum Büro vordringen konnte. Als er die Tür

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