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Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken

Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken

Titel: Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Ellis
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vorher?«
    Â»Ich … ich weiß nicht«, stammelte ich. »Wahrscheinlich kenne ich sie gar nicht so besonders gut.«
    Â»Du bist aber nicht auch noch lesbisch, nee?«, fragte Nicole drohend.
    Â»Weil wir dich dann nämlich umbringen müssten.« Nathan lachte, aber ich war mir nicht sicher, ob das wirklich ein Scherz war. »Mit Schwulen sollte man mal gründlich aufräumen. Da hatte Hitler schon ganz recht.«
    Das war das nächste Stichwort für die Clique. Sie fingen an, alle aufzuzählen, mit denen man auch endlich mal kurzen Prozess machen sollte: Gameshow-Teilnehmer, langsame Kellnerinnen, Schachklub-Mitglieder – und ich seufzte erleichtert, weil es endlich nicht mehr um mich ging.
    Kurz darauf entschuldigte ich mich und ging zur Toilette. Mit gesenktem Kopf wusch ich mir die Hände. Sehr lange und sehr gründlich.

Kapitel 16
    Hast du langsam genug gehört? Oder ödet dich die Story allmählich an? Ich hab schon mitgekriegt, wie du auf die Uhr gesehen hast und mit deiner Kaffeetasse spielst. Du kannst ruhig gehen, wenn du willst. Du weißt zwar längst noch nicht alles, aber vielleicht willst du den Rest ja gar nicht mehr hören. Die Tür ist nicht zugeschlossen. Keiner hält dich gegen deinen Willen hier fest.
    Wenn du gehen willst, dann geh ruhig, aber tu nicht so, als ob du in dieser gottverlassenen Gegend um die Zeit irgendwo anders sein müsstest. Das nervt nämlich. Aber wenn du loswillst, dann verzieh dich, bevor ich meinen nächsten Satz beendet habe. Ob sich das jetzt gehört oder nicht, ist mir scheißegal.
    Aber du gehst nicht, stimmt’s? Du bleibst, weil ich noch nicht fertig bin mit meiner Story und weil ich so ’ne Art Promistatus habe. Da fühlst du dich geschmeichelt, wenn ich dir so viel von mir erzähle.
    Noch am selben Nachmittag ging ich bei den Whites vorbei, weil ich genau wusste, dass ich es nie tun würde, wenn ich es auch nur noch eine Stunde länger aufschob.
    Mrs White öffnete die Tür. Sie begrüßte mich ziemlich reserviert und bat mich auch nicht herein.
    Â»Michael geht’s nicht gut. Er vermisst Casey so sehr, und seit diese Vandalen Farbe in den Tank von unserem Auto geschüttet haben, wissen wir nicht, wie wir mit ihm zum Gefängnis kommen sollen.« Sie seufzte tief und strich sich die Haare aus dem Gesicht. »Ich rufe jeden Tag bei der Polizei an, ob sie die Täter schon gefasst haben. Aber sie sagen mir immer nur, ich soll mich gedulden.«
    Als ich ihr das Käferbuch übergab und sie bat, über die Anwältin zu erreichen, dass Casey im Gefängnis Schulaufgaben erledigen durfte, hellte sich ihr Gesicht ein wenig auf.
    Sie sagte ein paar freundliche Worte über Miss Burke und meinte dann: »Ich weiß, dass du sehr in die Enge getrieben wirst, Jess, und dann Sachen sagst, die du gar nicht so meinst. Ich hoffe, dass es für dich bald wieder einfacher wird.«
    Ich hätte sie gern umarmt, aber sie blieb hinter der Tür in Deckung. Aus der Küche roch es lecker nach Hühnersuppe. Aber da Mrs White mich nicht zum Essen einlud, fuhr ich wieder nach Hause.
    Am nächsten Morgen vor dem Unterricht erstattete ich Miss Burke Bericht. Sie war hocherfreut, dass sie über Mela Cross Schulstoff an Casey übermitteln konnte, und sah plötzlich sehr viel jünger im Gesicht aus. Was Vergebung doch alles bewirken kann, dachte ich in diesem Moment, denn Miss Burke hatte sich selbst verziehen, dass sie sich nicht früher für Casey eingesetzt hatte. Sogar ihr Rücken, der wie bei vielen älteren Damen leicht gekrümmt war, straffte sich ein bisschen.
    Â»Ich werde heute mit den anderen Lehrern reden«, sagte sie. »Danke, Jessica. Du bist für Casey eine echte Freundin, darauf kannst du stolz sein. Du hast es im Moment bestimmt nicht leicht. Und wenn der Prozess beginnt, wird es sicher noch mal schwerer. Aber das stehst du durch, oder? Freundschaft hat eben auch ihren Preis. In meinem Leben gab und gibt es auch ein paar sehr enge Freundinnen, die mich manchmal besser kennen als ich selbst …«
    Es klingelte, sodass ich mich entschuldigen und zum Unterricht rennen musste. Aber vorher umfasste sie noch mit ihrer ältlichen Hand meine Schulter und drückte sie. Diese Berührung spürte ich noch den ganzen restlichen Tag. Eigentlich wollte sie mir damit sicher Mut machen, aber es erinnerte mich nur daran, wie feige ich

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