Rosenberg, Joel - Hüter der Flamme 05
Schluß gekommen, daß er es sich eigentlich nicht erlauben konnte, einfach zu schlafen, immerhin trug er die Verantwortung für seine Freunde und das gesamte Unternehmen, da übermannte ihn schon die Müdigkeit, und er schlief ein.
Durine weckte ihn, als sie Elleport fast erreicht hatten; die beiden anderen waren bereits aufgestanden und hatten das Zelt verlassen.
Jason rieb sich mit dem Handrücken die brennenden Augen, kratzte an den Stellen, wo die Wanzen, die das Zelt bevölkerten, ihn gestochen hatten - genaugenommen überall - und befaßte sich nach dem Ankleiden mit seinen beiden Revolvern, dem einen im Schulterhalfter und dem zweiten in seinem Rucksack. Wie üblich vergewisserte er sich, daß sie geladen waren, drehte die Trommel, bis er die Kammer unmittelbar vor der ungeladenen unter dem Hammer hatte und betätigte an jeder Waffe einmal den Abzug, um sich zu überzeugen, daß der Mechanismus noch funktionierte, was der Fall war.
Valeran, sein Lehrer, hatte ihm beigebracht, sich im Umgang mit Schußwaffen ein Ritual anzugewöhnen. Sich auf die neuen Handgriffe einzustellen, war ihm nicht schwergefallen.
Innerhalb kürzester Zeit waren die Waffen überprüft, schußbereit und verstaut. Er trat in den Nachmittag hinaus.
Als der Kahn die letzte Biegung umrundete, stakten die vier Männer das Fahrzeug gegen die Flußmitte, um zwei flußaufwärts fahrenden Kähnen auszuweichen, dann mühten sie sich mit gekrümmten Rücken und zu Halbmonden gebogenen Staken, wieder das ruhige Fahrwasser am Ufer zu erreichen, damit sie nicht von der Strömung auf den Zirrischen See hinausgetragen wurden.
Auf den Feldern längs der Ufer verkündeten welke Maisstengel, daß ihre Früchte abgeerntet waren und sie nun ergeben darauf warteten, ihren Daseinszweck als Häckselfutter im Schweinetrog oder als Streu im Viehstall zu erfüllen.
»Das sind die Docks, da drüben«, sagte einer der Stakenmänner und deutete mit dem Kinn in die entsprechende Richtung, bevor er seine Arbeit wieder aufnahm. Es dauerte länger, den Kahn an seinen Liegeplatz zu manövrieren, als Jason vermutet hatte, doch als das Fahrzeug sich schließlich der Kaimauer näherte, brauchten die wartenden Hafenarbeiter nur wenige Augenblicke, um die geschickt geworfenen Leinen aufzufangen, den Kahn dicht an die Pier zu ziehen und sicher zu vertäuen.
Die Sonne stand tief am Himmel, als sie schließlich das Boot verließen und über die schwankende Pier zum Ufer gingen. Es dauerte eine Weile, bis sie ihre Landbeine wiedergefunden hatten.
Bren Adahan übernahm die Führung. »Als erstes«, verkündete der Baron, »sollten wir uns ein Quartier für die Nacht suchen. Morgen werden wir dann damit anfangen, die Wahrheit über Karl Cullinane herauszufinden.«
»Oder«, verbesserte Jane, »was die Leute hier für die Wahrheit über Karl Cullinane halten.«
Kapitel siebzehn
Fragen und Antworten
Freundlichkeit können wir kontrollieren, aber Zuneigung nicht. Dr. Samuel Johnson
Ein bißchen Freundlichkeit reicht nicht weit. Verteile sie großzügig, wenn es dir möglich ist, und oft.
Walter Slowotski
Jason, Jane und Bren Adahan schlenderten über den Bauernmarkt und schlugen die Richtung zu den Docks und dem Gildehaus der Sklavenhändler ein. Elleport war nicht gerade Pandathaway, doch die Märkte hatten ihren Reiz.
Dies ist wieder ein Beispiel dafür, daß es oft nur Zeitverschwendung ist, alles besonders gründlich planen zu wollen, dachte Jason. Wie sich herausstellte, waren ›der Krieger‹ und seine beiden Gefährten das Tagesgespräch auf den Märkten, und Gerüchte gab es gleich im Dutzend billiger. Leider waren sie nichts wert: Mit jedem Erzählen kamen mehr Schnörkel und Ausschmückungen hinzu.
Jason und die beiden anderen hatten einige Veränderungen an ihrer Erscheinung vorgenommen: da sie ihr Gepäck in der Herberge unter den wachsamen Augen von Kethol zurückgelassen hatten, konnten sie auch einer gründlichen Überprüfung gelassen entgegensehen. Jason und Bren trugen das ungegerbte Leder der Viehtreiber von Wehnest, Janie hatte das fadenscheinige Hemd und den eisernen Halsreif einer Sklavin angelegt. Die Tatsache, daß ein verborgener Mechanismus es ihr erlaubte, den Reif abzunehmen, und daß dabei auch noch eine schmale Klinge zum Vorschein kam, die mühelos durch Leder oder Fleisch schnitt, blieb selbst scharfen Augen verborgen.
Ihre hübschen Beine hingegen konnte niemand übersehen. Beinahe jedesmal, wenn sie stehengeblieben waren, um nach
Weitere Kostenlose Bücher