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Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)

Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)

Titel: Rosendorfer muss dran glauben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Bertram
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Plattenfirmen. Das sieht denen ganz ähnlich«, schimpft der Fremde.
    »Ist denen aber leider nicht nachzuweisen«, erklärt Moritz. »Im Internet warnen sie schon davor. Musst du mal nachgucken.«
    »Puh, da hab ich bis jetzt ja echt noch Glück gehabt.«
    »Sachen gibt’s, da denkt man, die gibt’s gar nicht. Schönen Abend noch«, verabschiedet sich Pascal und zieht Moritz vom Tresen weg zu einem Stehtisch in der Nähe der Klos.
    Es ist derselbe, an dem damals Anne auf Moritz gewartet hat. Von dort beobachten die beiden, wie der Typ am Tresen sich an seinen Nachbarn wendet.
    An einem Tisch etwas entfernt sitzen zwei Männer, die nicht miteinander reden, aber die ganze Zeit zu Pascal und Moritz hinüberblicken. Ich kenne die zwei nicht, aber richtige Profis sind das keine, sonst hätte ich sie gar nicht bemerkt. Vielleicht ist es aber auch nur ein altes schwules Pärchen, das sich nichts mehr zu sagen hat und nach Frischfleisch Ausschau hält. Das wird bei denen auch nicht anders sein als bei Heteros. Obwohl, schwul sehen die beiden eigentlich nicht aus. Aber
that’s none of my business
, wie die Amis sagen. My business ist Moritz, und der unterhält sich mit Pascal.
    »Morgen erzählt er es seinen Kollegen, und die erzählen es ihren Leuten und so weiter und so fort, und je mehr Leute es erzählen, desto wahrer wird deine Geschichte.«
    »Und das klappt immer?«, fragt Moritz.
    »Immer. Die Leute sind ganz verrückt nach solchen Storys. Legenden, Verschwörungen, Mysteriöses, Unerklärliches – das ist doch viel spannender als ihr normales, langweiliges Leben.«
    »Apropos langweiliges Leben, ich muss los.« Moritz guckt auf die Uhr.
    »Hey, es ist noch lange nicht Feierabend. Hobbe schmeißt eine Party, und du stehst auf der Gästeliste.«
    »Das nächste Mal«, antwortet Moritz und klopft Pascal auf die Schulter.
    »Vorsicht, der Boss sieht es nicht so gern, wenn er einlädt und man kommt nicht.«
    »Ich bin sein Geschichtenerfinder. Nicht sein Sklave«, erwidert Moritz cool.
    »Du bist ein freier Mensch in einem freien Land. Aber heul später nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.«
    »Keine Sorge, tu ich nicht.«
    Moritz klopft Pascal zum Abschied auf den Oberarm, während Pascal ihm leicht gegen die Schulter schlägt. Ich könnte mich irren, aber für mich sieht das hier ganz nach dem Beginn einer wunderbaren Freundschaft aus.
    »Pass auf dich auf!«, ruft Pascal ihm nach, als Moritz die SonderBar verlässt.
    Ich folge ihm, und einer von den beiden Schwulen, die bestimmt keine sind, auch.

13 / 10 / 2015  – 23 : 35  Uhr
    Moritz wartet vor dem Krankenhaus. Anne müsste gleich rauskommen. Ihre Schicht ist fast zu Ende. Das habe ich gegengecheckt, weil ich keine Lust habe, Moritz hier beim sinnlosen Warten zuzusehen. Doch wenn Anne ihn in seinen neuen Klamotten sieht, könnte das interessant werden.
    Statt ihr verlassen aber nur ein Mann und eine Frau das Krankenhaus. Sie trägt einen Säugling im rechten Arm und einen Koffer in der anderen Hand. Er hat eine Videokamera und filmt die ganze Zeit, statt seiner Frau beim Tragen zu helfen. Die junge Mutter tut mir leid, aber ich werde jetzt bestimmt nicht aus meiner Deckung treten und den Gentleman spielen.
    Brauche ich auch gar nicht, weil Moritz das für mich erledigt. Er schleppt ihr den Koffer bis zu einem Taxi, das für die Familie vorfährt. Auch das filmt der frisch gebackene Vater, der sich mit seiner freien Hand bei Moritz für die Hilfe bedankt und dann mit Frau und Kind davonbraust.
    Als Moritz sich umdreht, steht Anne vor ihm. Sie hat alles beobachtet. Genau wie ich. Sie wirkt gerührt von Moritz’ Hilfsbereitschaft. Genau wie ich.
    »Schick siehst du aus!« Anne zeigt auf Moritz’ neuen Anzug. »Steht dir.«
    »Ich dachte, du wolltest was Seriöseres«, erwidert Moritz und beißt dabei auf seiner Unterlippe herum. Das hat er länger nicht mehr getan.
    Die beiden stehen sich gegenüber. Anne hält so viel Abstand, dass Moritz sie nicht einmal mit ausgestrecktem Arm berühren könnte.
    »Damit meinte ich nicht nur die Klamotten«, erwidert Anne, die sich sichtlich bemüht, Moritz nicht in die Augen zu sehen. So als würde dort eine Gefahr lauern, von der sie selbst nicht weiß, wie groß und bedrohlich sie wirklich ist.
    »Ich habe jetzt ja auch einen Job«, erklärt Moritz, und wenn er so weitermacht, ist seine Lippe bald blutig.
    »Wieder im Lager?«, fragt Anne und nimmt ihre Brille ab. Vielleicht denkt sie, dass die Gefahr nicht so groß

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