Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)
sitzen.
»Hör zu! Ich habe den Rest von der Kohle in die Aktien von NGP angelegt. Jetzt sind die zwar im Keller, aber wenn sich rausstellt, dass alles nur ein Fake war, gehen die wieder rauf, und ich werde reich. So reich, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Dann, und erst dann hau ich ab.«
»Dann ist es zu spät.«
»Außerdem hat Hobbe mich auch schon angerufen und mir von deiner Krankheit erzählt. Irgendwas Erbliches, ich hab es nicht genau verstanden. Er hat gesagt, dass du mir genau so einen Blödsinn verzapfen würdest. Du sollst dich bei ihm melden. Er will dir helfen.«
Moritz lacht bitter.
»Tut mir leid, Moritz. Das ist meine große Chance. Ich hab mir sogar schon eine Schwimmweste für meine Jacht gekauft.«
»Ich weiß, wo ich Hobbe heute Abend treffe. Er wird da sein, und wir können ihn stoppen.«
Pascal steht auf und blickt der Fähre nach, die schon wieder abgelegt hat. Diesmal ohne Passagiere.
»Ich weiß auch, wo ich Hobbe heute Abend treffen werde – im Number One. Wo sonst? Und weißt du was? Heute lade ich die ganze Mischpoke zu Champagner ein. Du bist herzlich willkommen. Wir sehen uns da.«
Als Pascal sich umdrehen will, um zurück zu seinem Wagen zu gehen, greift Moritz nach der Pistole.
Das gefällt mir nicht. Das gefällt mir überhaupt nicht. Pascal aber bleibt ganz ruhig. Er betrachtet die Waffe in Moritz’ linker Hand und grinst.
»Was willst du tun, mich abknallen?«
»Hobbe will dich umbringen!«
»Du kannst mich ja beschützen, als mein Bodyguard. Ich zahle gut.« Pascal lacht.
»Ich muss zu der Höhle. Ich hab mir das doch alles ausgedacht. Das ist meine Story.«
»Eben, du hast es dir nur ausgedacht. Du hast dir das
alles
nur ausgedacht. Und außerdem: Selbst wenn es stimmt, was du sagst, dann ist Hobbe der Mörder. Nicht du.«
»Das hat er auch gesagt. So ähnlich jedenfalls«, flüstert Moritz.
»Dann stimmt das auch. Hobbe ist zwar ein bisschen drüber, trotzdem hat der Mann den Durchblick. Glaub mir.«
Aber das tut Moritz nicht. Im Gegenteil, er hebt die Pistole und richtet sie auf seinen Freund.
»Bleib stehen!«
Pascal bleibt ganz cool und drückt den Lauf der Waffe einfach nach unten. Diesmal ist es Pascal, der Moritz umarmt. Eins, zwei, drei Sekunden, zähle ich leise mit. So lange halten sie sich fest, dann erst lockert Pascal die Umarmung.
»Pass gut auf dich auf. Und geh zum Arzt, Moritz!«
Pascal dreht sich um und geht ein paar Meter, dann bleibt er noch einmal stehen und zeigt auf die Pistole in Moritz’ linker Hand.
»Und wenn du die da benutzen willst, solltest du sie vorher entsichern. Leb wohl!«
Pascal steigt in seinen nagelneuen Sportwagen und rast mit durchdrehenden Reifen zurück auf die Straße und davon.
Die Fähre ist schon wieder auf dem Rückweg, als Moritz Annes Wagen startet. Er nimmt die nächste Autobahnauffahrt und fährt Richtung Heimat. Nicht so schnell wie damals, als er zum Geburtstag seines Vaters unterwegs war, das gibt Annes Wagen gar nicht her, doch immer noch recht flott.
Ich bleibe wieder hinter ihm, lasse vorsichtshalber aber zwei Autos zwischen uns, damit es nicht auffällt. Wir nähern uns dem Finale, so oder so, das spüre ich, und da will ich meinen Job auf den letzten Metern nicht noch versauen.
Das Schlingern hat sich gelegt. Moritz hat sich mittlerweile daran gewöhnt, nur mit dem linken Arm zu lenken. Er vor mir, ich hinter ihm, fressen wir Kilometer um Kilometer. Das ist es, was ich an meinem Job hasse: dieses ständige Sitzen. Keine Bewegung, Fast Food und wenig Schlaf, das kann nicht gesund sein, und wenn das hier vorüber ist, werde ich mich mal ordentlich durchchecken lassen. Vielleicht ist ja sogar eine Kur drin.
31 / 10 / 2015 – 20 : 25 Uhr
Nach zweieinhalb Stunden fährt Moritz an einer Raststätte rechts raus. Das ist gut, weil ich dringend pinkeln muss. Während Moritz tankt, verschwinde ich schnell auf dem Klo. Als ich wieder herauskomme, steht er bereits an der Kasse, um zu zahlen. Der ganze Laden ist mit billigem Halloween-Plastikschnickschnack dekoriert: lauter Totenköpfe und Kürbisse, und der Kassierer trägt sogar eine dieser dämlichen Scream-Masken, obwohl es darunter bestimmt teuflisch heiß ist. Wahrscheinlich hat ihn sein Chef dazu verdonnert.
Auf dem Tresen vor Moritz liegen eine Flasche Cola, zwei Schokoriegel und eine Taschenlampe. Über der Kasse hängt ein Fernseher. Es laufen die Nachrichten. Die großen Weltneuigkeiten sind schon durch, jetzt ist das Lokale
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