Rosendorn
bringe, meine Ansichten zu teilen.« Ich kreuzte die Finger hinter dem Rücken. »Aber du musst dich noch eine Weile bedeckt halten. Denn wenn er erst mal anfängt, um das Sorgerecht zu streiten, brauchen wir wahrscheinlich eine Armee, um mich hier herauszuholen.«
Mom dachte kurz darüber nach, und ich konnte hören, wie eine Flasche gegen ein Glas stieß. Ich biss die Zähne zusammen, um sie nicht anzuschreien. Falls mein Plan wie durch ein Wunder funktionieren sollte, hatte sie noch viele Jahre ihres Lebens vor sich, in denen sie nicht mehr andauernd sturzbetrunken sein würde; da konnte ich ihre Sauferei vermutlich noch ein Weilchen länger ertragen – so lange, bis wir in Sicherheit waren.
»Also gut, Süße«, sagte sie schließlich, und ich seufzte vor Erleichterung stumm auf. »Ich bin im
Hilton,
Zimmer 526 . Ich warte darauf, von dir zu hören.«
»Danke, Mom. Ich werde dir Bescheid geben, sobald ich alles geregelt habe.«
»Lass dir nicht zu viel Zeit, Süße«, warnte sie. »Je länger du hier bist, desto schwerer wird es, wieder zu gehen.«
»Ich weiß. Ich werde mich beeilen, das verspreche ich.«
Wir verabschiedeten uns. Und dann legte ich mich auf mein Bett und versuchte, mir zu überlegen, wie um alles in der Welt ich entkommen sollte.
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23 . Kapitel
I n Sachen Fluchtplan machte ich keine besonders großen Fortschritte, bevor ich einschlief – der Stress und die Erschöpfung nach meinem Training mit Keane hatten mir den Großteil meiner Energie und meines Denkvermögens geraubt. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war ich über Schritt eins noch immer nicht hinausgekommen.
In meiner schlaftrunkenen, kaffeelosen Benommenheit setzte ich mich auf und schwang die Beine aus dem Bett. Und in dem Moment erinnerte mein Körper mich daran, dass er an solche Übungen, wie er sie am Tag zuvor hatte erdulden müssen, nicht gewöhnt war. Außerdem war er nicht daran gewöhnt, wiederholt gegen einen magischen Abschirmschild zu prallen und auf einer harten Matte zu landen. Ich stöhnte gequält auf und wäre beinahe zurück ins Bett gekrochen.
Ich verbrachte mehr Zeit unter der Dusche, als streng genommen gesund für mich war, doch das heiße Wasser, das über meine wunden Muskeln strömte, fühlte sich einfach himmlisch an. Ich war noch immer steif und wund, aber wenigstens konnte ich mich jetzt wieder rühren.
Ich Dummerchen hatte doch tatsächlich damit gerechnet, dass ich nach dem intensiven Training vom Vortag einen freien Tag haben würde. Aber als ich auf der Suche nach Kaffee nach unten kam, erblickte ich Finn und Keane, die zusammen am Esstisch saßen.
Zuerst sahen sie mich nicht, und ich blieb zögernd im Treppenflur stehen. Der Anblick, der sich mir bot, überraschte mich. Keane lächelte. Es war weder böse noch herablassend, sondern ein
echtes
Lächeln. Er und Finn nippten jeder an einer Tasse Tee, und obwohl sie zu leise sprachen, um ihre Worte verstehen zu können, schienen sie eine lockere, neckische Unterhaltung zu führen. War das derselbe Keane, den ich gestern kennengelernt hatte?
Dann erblickte er mich, und das Lächeln verschwand schlagartig.
Da fühlt man sich doch gleich herzlich willkommen …
Ganz offensichtlich hatte er irgendein Problem mit mir, aber ich wusste verdammt noch mal nicht, was es sein konnte.
»Lasst euch nicht stören«, brachte ich hervor, als ich an ihnen vorbei in die Küche rauschte, um mir eine Tasse von Dads fürchterlichem Instantkaffee zu holen. Ich durfte nicht vergessen, eine Kaffeekanne und echten Kaffee zu besorgen, falls ich vorhatte, noch länger hierzubleiben – was der Fall sein würde, wenn es mir nicht gelang, mir endlich einen Fluchtplan aus Avalon zurechtzulegen. Der Wasserkessel war leer, also nahm ich ihn mit zur Spüle, um ihn zu befüllen. Als ich mich dann umdrehte, stand Keane hinter mir. Viel zu dicht.
Ich hatte nicht gemerkt, dass er sich mir genähert hatte, und er hatte Glück, dass ich ihm vor lauter Schreck nicht den vollen schweren Kessel auf den Fuß fallen ließ.
»Du solltest vielleicht lieber bis nach dem Training warten, ehe du etwas isst«, sagte er und grinste zufrieden, weil er mich erschreckt hatte.
»Sich zwischen mich und meinen Kaffee zu stellen ist gefährlich«, warnte ich ihn. »Und ich bin heute auf keinen Fall in Form für eine weitere Trainingseinheit.«
Ich wollte an ihm vorbeigehen, doch – Überraschung, Überraschung – er ließ mich nicht. Ich fragte mich, ob sein magischer
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