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Rosendorn

Rosendorn

Titel: Rosendorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenna Black
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schlafen können, doch es hatte echt zum Heulen geschmeckt. Das hier war viiiiel besser.
    Auf mein Drängen hin hatte Kimber diesmal weniger Whisky beigemischt, auch wenn sie sich einen zusätzlichen Schuss in den Becher gegeben hatte.
    »Wissen deine Eltern, dass du deinen Punsch mit Whisky ›verfeinerst‹?«, fragte ich.
    Kimber schnaubte verächtlich. »Selbst wenn sie es wüssten, wäre es ihnen egal.«
    Sie achtete darauf, zwischen mir und dem Wohnzimmerfenster zu laufen, als wir uns auf den Weg in ihr Schlafzimmer machten, wo die schweren Vorhänge dafür sorgen würden, dass mich niemand sah. Im Zimmer angekommen, setzte sie sich auf die Bettkante, und ich nahm in einem gemütlichen Sessel in der Ecke unter einer Stehlampe Platz. Auf dem Tischchen neben dem Sessel lagen ein Lehrbuch, das aussah, als würde es acht Tonnen wiegen, und ein vergilbtes Taschenbuch mit Eselsohren. Neugierig warf ich einen Blick auf die Titel. Das Lehrbuch hieß
Rechnung mit einer Variablen: Frühe transzendente Funktionen,
und der Titel des Taschenbuches lautete …
Der geheime Garten
von Frances Hodgson Burnett. Das Buch hatte ich mit ungefähr acht Jahren gelesen. Ich blinzelte und sah zwischen den beiden Büchern und Kimber hin und her. Ihre Wangen erröteten zart.
    »Manchmal brauche ich eine Pause von den schwerfälligen akademischen Büchern«, sagte sie schulterzuckend.
    »Also hast du Mathe als Hauptfach?«, vermutete ich, denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass jemand ein solches Lehrbuch besaß, wenn er Mathe nicht wirklich, wirklich mochte. Sie sah nicht wie einer der typischen Mathestreber aus, die ich bisher kennengelernt hatte. Verdammt, Ethan hatte gesagt, sie sei zwei Jahre jünger als er, und Kimber hatte mir erzählt, dass Ethan achtzehn sei – Kimber war also eigentlich viel zu jung fürs College. Ausgenommen sie war so eine Art Wunderkind.
    »Ich habe mich bis jetzt noch nicht auf ein Hauptfach festgelegt«, sagte sie. »Aber ich tendiere zu Ingenieurwissenschaften.«
    Eine Feeningenieurin. Irgendwie klang das … seltsam. Und wie viele Jobs gab es in Avalon für Ingenieure? Schließlich war es nicht so, als wäre es in Faerie eine nützliche Fähigkeit, sich mit Technik auszukennen. Wenn sie also von ihrem Abschluss Gebrauch machen wollte, würde sie sich hier in Avalon etwas suchen müssen. Doch wenn ich mir so ansah, was für hochwertige Kleider sie trug und was für exklusive Möbel in ihrer Wohnung standen, gehörte sie vermutlich zu den Leuten, die für ihren Lebensunterhalt nicht unbedingt arbeiten mussten.
    »Und falls du dir die Frage stellen solltest«, fuhr Kimber fort, »Ethan wird im Herbst anfangen zu studieren, und ich komme ins zweite Jahr. Er mag vielleicht in unserer Familie derjenige sein, der die magischen Fähigkeiten geerbt hat, aber
ich
habe das Köpfchen.«
    Ihre Miene ließ allerdings keinen Zweifel daran, dass sie damit nicht sonderlich glücklich war – was mich überraschte. Angesichts der offensichtlichen Rivalität zwischen ihr und ihrem Bruder sollte man meinen, dass sie sich wahnsinnig freute, ihm in der Schule ein ganzes Stück voraus zu sein.
    »Das muss Ethan verrückt machen«, erwiderte ich, und ja, ich versuchte, ihr etwas zu entlocken.
    Kimber nahm einen großen Schluck von ihrem Punsch, ehe sie antwortete. »Eigentlich ist es ihm vollkommen egal. Er besitzt die magischen Fähigkeiten, und das ist es, was zählt.«
    Ich fühlte an ihrer statt eine Welle der Empörung. »Denkst du nicht, dass es auch etwas zählt, unglaublich klug zu sein?«
    Sie lächelte schief. »Für Menschen vielleicht. Für Feen nicht so sehr.« Sie legte den Kopf schräg. »Für menschliche Begriffe kann man Ethan mit dem supererfolgreichen Footballspieler vergleichen und mich mit der kleinen Intelligenzbestie. Wer erntet da den Ruhm?«
    Ich verstand, was sie sagen wollte, aber trotzdem … »Das ist Mist.«
    Sie lachte, doch es war kein fröhliches Lachen. »Wem sagst du das.« Schnell wurde sie wieder ernst. »Tatsächlich hat Ethan einiges mit einem menschlichen Superathleten gemeinsam. Er hat ein Ego in der Größe des Mount Everest, und er ist es gewohnt, dass ihm die Mädchen vor Bewunderung zu Füßen liegen.«
    Der Ausdruck in ihren Augen sollte eine Warnung sein, aber ich tat so, als würde ich ihn nicht bemerken. Ich würde mir schon meine eigene Meinung über Ethan bilden. Natürlich glaubte ich ihr, was sie erzählte – aber ich hatte die Hoffnung, Ethan mehr zu bedeuten als

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