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Rosendorn

Rosendorn

Titel: Rosendorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenna Black
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können. Deshalb müssen die meisten Leute sich spezialisieren. Ethan dagegen kann eine neue ›Sprache‹ im Handumdrehen lernen.«
    Und das gab Kimber zusätzlich zu der üblichen Rivalität unter Geschwistern noch ein besonderes Minderwertigkeitsgefühl. Ich konnte es ihr nicht verübeln – vor allem, weil Ethan Freude daran zu haben schien, sich wegen seiner Fähigkeiten ihr gegenüber aufzuspielen.
    »Also ist es eine bestimmte Sprache der Magie, die ihr sprecht, wenn ihr zaubert?«, fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. »Die Worte sind nicht so wichtig. Die Sache mit der Sprache war nur ein Vergleich. Jemand, der richtig gut zaubern kann, braucht nicht einmal mehr Worte, sondern nutzt Gesten. Du musst der Magie nur beibringen, dass ein ›Abrakadabra‹ von dir bedeutet, dass du die Tür abschließen willst oder so.«
    Ich nickte vorsichtig und war mir noch immer nicht sicher, ob ich es verstanden hatte. Aber jede weitere Erläuterung hätte vermutlich dazu geführt, dass ich Kopfschmerzen bekam. Ich beschloss, dass es an der Zeit war, die Frage zu stellen, die mehr und mehr an mir nagte, je tiefer Kimber in die Erklärungen eintauchte. »Kann Tante Grace Magie benutzen, um mich zu finden?«
    »Wenn sie es könnte, dann hätte sie es schon längst getan. Auffindungszauber sind schwierig – jemanden oder etwas zu finden, das nicht da ist, ist irgendwie abstrakt und schwer zu vermitteln –, also fällt es in eine Kategorie, auf die man sich spezialisieren muss, um wirklich gut darin zu sein.«
    Das war zumindest eine Erleichterung. »Hat Tante Grace ein Spezialgebiet?«
    Kimbers Miene wirkte mit einem Mal grimmig. »Ja.«
    »Und? Was ist es?«, wollte ich wissen.
    Kimber seufzte. »Angriffszauber.«
    Und damit war meine kurzzeitige Erleichterung schlagartig verschwunden.
     
    Als Kimber ihren extrastarken heißen Punsch ausgetrunken hatte, war sie sichtlich angeheitert. Ich würde nicht so weit gehen zu behaupten, dass ich auch beschwipst war, doch ich war so entspannt, wie ich es seit meiner Ankunft in Avalon nicht gewesen war. Noch nie hatte ich eine richtig gute Freundin gehabt. Selbstverständlich hatte es auf meinen unterschiedlichen Schulen Mädchen gegeben, mit denen ich beim Mittagessen zusammengesessen oder mit denen ich nach der Schule noch ein bisschen herumgehangen hatte. Aber immer wenn ich mich näher mit jemandem hatte anfreunden wollen, hatte Mom mir erklärt, dass es an der Zeit für einen Umzug sei. Jedes Mal hatte ich auf einer neuen Schule bei null anfangen müssen. Und nach einer Weile war es mir zu kompliziert gewesen, mich mit irgendjemandem anzufreunden – es hatte immer mehr Probleme als Gewinn bedeutet.
    Ich war relaxed genug, um die Frage zu stellen, die mich beschäftigte, seit ich Kimbers Apartment zum ersten Mal gesehen hatte. War das erst gestern gewesen? Ich fühlte mich, als wäre ich schon seit Jahren hier.
    »Wie kommt es, dass deine Eltern dir eine eigene Wohnung erlauben?« Meine Mom war vielleicht nicht die fürsorglichste Mutter auf Erden, doch ich hatte das Gefühl, dass selbst
sie
sich dagegen gesperrt hätte, eine Sechzehnjährige allein wohnen zu lassen.
    Kimber senkte den Blick, und ich wusste, dass ich ein heikles Thema angeschnitten hatte.
    »Tut mir leid«, murmelte ich und wünschte mir, ich könnte das Gesagte zurücknehmen. »Ich höre jetzt auf, so neugierig zu sein.«
    Kimber sah mich an und rang sich ein Lächeln ab. »Ist schon gut. Du hast nur einen empfindlichen Punkt getroffen, das ist alles.«
    Ich wollte mich wieder entschuldigen, aber sie unterbrach mich mit einer Handbewegung. »Nein, ich meine es ernst – es ist schon gut.« Sie stieß einen tiefen Seufzer aus und schien sich zu sammeln, ehe sie weitersprach.
    »Meine Mom ist nicht mehr bei uns, seit ich zehn bin«, sagte sie und spielte dabei mit einer Haarsträhne. »Sie hat sich entschieden, nach Faerie zurückzugehen. Mein Dad ist allerdings in Avalon geboren und wollte nicht gehen. Sie beschlossen, dass Ethan und ich bei Dad bleiben sollten, und seitdem gibt es nur noch uns drei. Ich bin mir sicher, dass mein Dad mich auf seine Art liebt, doch er bemüht sich nicht sonderlich zu verbergen, dass er Ethan noch lieber mag. Tja, Ethan wollte in eine Studentenwohnung umziehen, sobald er den Highschool-Abschluss in der Tasche hatte, und weil Ethan immer bekommt, was er will, hat Dad es ihm erlaubt. Einige Zeit später hatten Dad und ich einen heftigen Streit, und ich sagte ihm, dass ich

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