Rosendorn
weiterunterhalten.«
»Ich bin im
Stone’s Throw Inn
«, antwortete ich. »Zimmer 201 .«
»Ich bin in spätestens fünfzehn Minuten da.«
»Gut.« Ohne mich zu verabschieden, klappte ich Ethans Handy zu und legte es auf den Nachttisch.
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14 . Kapitel
I n den fünfzehn Minuten, die ich damit verbrachte, auf meinen Vater zu warten, hatte ich genug Zeit, um darüber nachzugrübeln, wie das erste Treffen mit ihm wohl werden würde. Jeder, den ich bisher in Avalon kennengelernt hatte, hatte mich angelogen, und auf gewisse Weise gehörte mein Dad auch dazu. Immerhin hatte er mir die Kamee geschickt, ohne mir zu erklären, dass sie zu tragen ungefähr so war, als würde ich lauthals das »Team Sommerhof« anfeuern. Und ich hatte mich immer gefragt, warum er mich hierherholen wollte, ohne sich auch nur einmal danach zu erkundigen, ob Mom damit einverstanden war. Ich war bereit gewesen, über dieses kleine Detail hinwegzusehen, weil ich sein Angebot so gern hatte annehmen wollen. Aber jetzt schoss mir durch den Kopf, dass ich doch mehr Fragen hätte stellen sollen.
Ich dachte, ich würde Dads Schritte auf jeden Fall auf der Holztreppe hören, bevor er vor meiner Tür stehen würde, doch ich hörte nichts. Als er dann unvermutet klopfte, zuckte ich zusammen und keuchte erschrocken auf. Zuerst reagierte ich gar nicht, da meine Füße praktisch am Boden festgefroren zu sein schienen.
»Dana?«, erklang seine gedämpfte Stimme. »Geht es dir gut, Süße?«
Ich stieß die Luft aus, die ich unwillkürlich angehalten hatte, und wischte meine mit einem Mal schweißnassen Hände an meiner Hose ab. Dann drehte ich den Schlüssel im Schloss, öffnete die Tür und konnte endlich den ersten Blick auf meinen Vater werfen.
Feen sind, wenn sie das Erwachsenenalter erreicht haben, alterslos. Vom Verstand her wusste ich das. Aber es minderte nicht den Schock, als ich dem Mann die Tür öffnete, der mein Vater war und doch nicht älter als fünfundzwanzig aussah.
Er hatte die typische Gestalt der Feen, groß und schlank, aber er wirkte dennoch drahtig und strahlte Stärke aus. Seine Haare, die sehr blond und kurz geschnitten waren, umrahmten sein aristokratisches Gesicht. Seine Augen waren vom gleichen kühlen Blau wie die seiner Schwester Grace – und im Übrigen auch meine –, doch es lag eine … Tiefe in ihnen, die ihn älter erscheinen ließ. Trotz des jugendlichen Aussehens seines Gesichtes waren seine Augen nicht die eines jungen Mannes.
»Dana«, sagte er, und seine Stimme klang beinahe ehrfürchtig, als er mich nun von Kopf bis Fuß musterte. Es kam mir vor, als würde er mich abchecken, aber da ich dasselbe mit ihm machte, konnte ich mich wohl kaum beschweren.
Einen Moment lang glaubte ich, er würde mich umarmen, und ich verspannte mich. Ich bin schon an guten Tagen keine übermäßig gefühlsbetonte Person, und dieser Tag zählte nicht unbedingt zu den besten.
Ich war erleichterter, als ich sagen konnte, als er mir dann doch nur die Hand reichte. Ach, die berühmt-berüchtigte Distanziertheit der Feen. Ich hatte das beinahe vergessen, da Ethan diesem Bild so gar nicht entsprach.
Ich schreckte vor dem Gedanken an Ethan zurück.
»Hi, Dad«, sagte ich. Es fühlte sich unerklärlich seltsam an, ihn so zu nennen. Am Telefon war das etwas anderes gewesen.
»Mein armes Kind«, sagte er leise und drückte meine Hand. »Ich kann mir gar nicht vorstellen, was du in den letzten Tagen durchgemacht haben musst.«
Mich schauderte es. Nein, wahrscheinlich konnte er das nicht.
»Dann wollen wir dich mal nach Hause bringen«, fuhr er fort. »Ich habe deinen Koffer und deinen Laptop bei Grace abgeholt.« Er lächelte. »Ich nehme an, dass du dich in deinen eigenen Kleidern wohler fühlen wirst.«
»Bevor wir gehen«, sagte ich, »würde ich dich gern etwas fragen.«
Er nickte ernst. »Also gut.«
»Warum warst du so versessen darauf, dass ich nach Avalon komme?«
Er blinzelte überrascht. »Ich erfahre, dass ich eine Tochter habe, die ich noch nie gesehen habe, und da ist es eine
Überraschung,
dass ich dich treffen möchte?«, fragte er ungläubig.
»Aber du hast dich kein einziges Mal nach meiner Mom erkundigt. Du hast es anscheinend nie komisch gefunden, dass du ausschließlich mit mir über die Pläne gesprochen hast. Da steckt doch mehr dahinter als nur der Wunsch, mich kennenzulernen.« Meine Kehle war wie zugeschnürt, doch ich glaube, es gelang mir, meiner Stimme den Schmerz in diesen Worten nicht anmerken
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