Rosenherz-berbKopie
Hause kommen. Und
weißt du was: Dann werde ich zur Feier des Tages eine
Geflügelterrine machen.»
Sie
hatte die Augen wieder geschlossen. Von ihrer Stirn löste sich ein
Schweißtropfen.
Marthaler
hörte, wie hinter ihm die Tür geöffnet wurde. Eine Schwester
steckte den Kopf herein: «Ich denke, das reicht für heute», sagte
sie. «Wir wollen ihr nicht zu viel zumuten.»
Marthaler
stand auf.
Noch
einmal beugte er sich zu Tereza hinab. Er küsste sie auf den Mund.
Bevor
er den Raum verließ, drehte er sich um und winkte ihr mit einer
hilflosen Geste zu.
Als
Anna das Haus im Großen Hasenpfad verließ und auf die Straße trat,
schien ihr die Sonne ins Gesicht. Sie trug ein enges Tank-Shirt mit
einem Aufdruck der Rolling-Stones-Zunge. Sie hatte eine Jeans und
ihre Chucks an.
Im
Erdgeschoss des gegenüberliegenden Hauses lehnte eine Frau im
offenen Fenster und schaute auf die Straße. Sie hatte Lockenwickler
im Haar. Sie rauchte und hatte sich ein Kissen unter die Arme gelegt.
Aus dem Inneren der Wohnung hörte man die Stimme von Bugs
Bunny.
Anna
nickte der Frau zu, erhielt aber keine Reaktion.
Das
rote Olmo hatte sie am Gitter neben den Mülltonnen angeschlossen.
Ein paar Meter weiter stand ein Taxi am Straßenrand. Es war ein
Mercedes der C-Klasse. Der Fahrer saß hinter dem Steuer, er hatte
das Fenster heruntergelassen und las Zeitung. Auf der Rückbank
meinte Anna eine zweite Person zu erkennen.
Sie
öffnete das Fahrradschloss und stopfte es in ihren Rucksack.
Sie
stieg in die Pedale und rollte die steile Straße hinunter. Hinter
ihr startete ein Automotor.
Vor
der nächsten Seitenstraße bremste sie ab, um ein von rechts
kommendes Fahrzeug vorzulassen. Das Taxi war drei Meter hinter ihr.
Als
sie am unteren Ende des Großen Hasenpfades angelangt war, bog
sie nach rechts in die Mörfelder Landstraße. Obwohl genügend Platz
war, machte der Mercedes keine Anstalten zu überholen.
An
der nächsten Ampel mussten sie halten. Sie drehte sich um und
versuchte, einen Blick auf die Rückbank zu werfen. Aber der Winkel
war ungünstig, und sie konnte nur erkennen, dass dort jemand
saß, der seinen Kopf abwandte. Sie war sicher, dass es sich um einen
Mann handelte.
Vor
der Tankstelle bog sie nach links in die Siemensstraße. Sie
überquerte die Schienen der S-Bahn und fuhr auf das Main-Plaza zu.
Anna stellte sich kurz in die Pedale, um ihr Handy aus der
Hosentasche zu ziehen.
Sie
fuhr langsam in der Mitte der Fahrbahn. Einige der nachfolgenden
Wagen begannen zu hupen und wichen auf die linke Spur aus. Der
Mercedes blieb hinter ihr.
Sie
lenkte das Olmo nach rechts und blieb abrupt am Straßenrand
stehen. Der Taxifahrer bremste und hielt direkt neben ihr. Sie
hob das Handy, fixierte die hintere Seitenscheibe und drückte auf
den Auslöser der Kamera.
Dann
riss sie das Vorderrad hoch, hievte das Olmo auf den Gehweg und fuhr
über die Pflastersteine den breiten holperigen Gehweg zum Main
hinunter. Der Mercedes konnte ihr nicht folgen. Vom Flussufer aus
schaute Anna nach oben und konnte sehen, wie sich der Wagen über die
Flößerbrücke entfernte.
«Arschloch»,
sagte Anna und wunderte sich, dass der Vorfall sie nicht stärker
beunruhigte.
Sie
fuhr am Mainufer entlang, passierte die Ruder-Clubs, kam an einem
großen Ausflugslokal vorbei und hatte zehn Minuten später das
Gebiet des Offenbacher Hafens erreicht. Auf Google
Maps hatte
sie sich den Weg von Marthalers
Wohnung
bis nach Tempelsee angeschaut und sich die Route eingeprägt. Sie
musste noch einmal nach rechts abbiegen und dann immer geradeaus auf
der langen Waldstraße bleiben, die das gesamte Stadtgebiet
durchquerte.
Als
sie das Ende der Bebauung erreicht hatte, verließ sie die Straße
und bog in einen kleinen Weg, der zwischen den letzten Häusern und
dem Wald entlangführte. Zwei Mädchen kamen ihr entgegen, denen
ein weißer Spitz vorauslief, der alle paar Meter stehen blieb, um
sich nach den beiden umzusehen.
Die
Siedlung war alt. Die schmutziggelb verputzten Doppelhäuser
hatten jeweils zwei Stockwerke und boten Platz für vier Familien.
Sie sahen aus, als stammten sie aus der ersten Hälfte des vorigen
Jahrhunderts. Die Fenster waren klein, und von den Rahmen blätterte
die Farbe ab.
Vor
der Gerhart-Hauptmann-Straße 43 blieb Anna stehen. Ein Mann in
Unterhemd und kurzen Hosen hatte die Motorhaube seines Wagens
geöffnet. Er hielt den Ölstab und einen Lappen in der Hand.
Neugierig äugte er zu Anna herüber.
«Kann
man helfen?»,
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