Rosenherz-berbKopie
Staatsanwaltschaft lehnt das Ansinnen
ab.»
«Das
ist immerhin bemerkenswert», sagte Marthaler.
«Allerdings!»,
bestätigte Sabato. «Trotzdem gibt der Anwalt schließlich
entnervt auf. Er klemmt sich das Bild unter den Arm, fährt mit
einem Kollegen zur Schirn - du erinnerst dich, dort waren die drei
Gemälde neun Jahre zuvor gestohlen worden -, ruft von seinem
Handy aus den Verwaltungsdirektor an und übergibt dem
verdutzten Mann die Nebelschwaden.»
«Ohne
Gegenleistung?»
«Ohne
Gegenleistung!»
Marthaler
sah Sabato erwartungsvoll an. «Und? Was weiter?»
«Nichts
weiter! Endgültiges Ende der Geschichte!»
«Der
Anwalt hat also 250000 Euro verloren. Das Londoner Museum hat
einen guten Schnitt gemacht, die Versicherung ist um einen
großen Millionenbetrag erleichtert worden. Und von den Tatern fehlt
jede Spur.»
«So
ungefähr. Soviel ich weiß, klagt der Anwalt inzwischen gegen die
Kunsthalle. Ich fürchte allerdings, dass ihm die beiden Hehler
keine Quittung gegeben haben. Dennoch ist er sicher nicht leer
ausgegangen: Von den Engländern dürfte ein saftiges Sümmchen als
Vermittlungsgebühr geflossen sein.»
«Aber
an uns ist das alles vorbeigegangen.»
«Si,
Compañero!», sagte
Sabato, trank sein Glas aus und wischte sich über die Lippen. «Und
zwar komplett. Oder sagen wir: die zweite Hälfte der Geschichte.»
Marthaler
nickte. Er öffnete die Terrassentür und trat ins Freie. Zum ersten
Mal seit Stunden schaute er auf die Uhr. Inzwischen dämmerte es
bereits. Im Westen sah man den Großen Feldberg mit seinem
Aussichtsturm im Abendlicht liegen.
Er
nahm sein Handy und wählte die Nummer der Klinik. Der Pfleger, mit
dem er sprach, hatte gerade seinen Dienst angetreten. Es war niemand
zu erreichen, der Marthaler Auskunft geben konnte.
Sabato
schaute ihn fragend an. Marthaler schüttelte den Kopf. «Noch
nichts Neues! Ich soll es später noch einmal versuchen ... Lass uns
weitermachen. Das heißt, die Hintermänner sind nie gefasst
worden?»
«So
ist es», brummte Sabato.
«Und
du meinst, die beiden Fälle haben miteinander zu tun? Diese alte
Geschichte und der Überfall heute Morgen im Stadtwald? Du denkst,
dass auch diesmal wieder die Jugo-Mafia im
Spiel sein könnte?»
«Das
weiß ich nicht», sagte Sabato. «Ich weiß nicht einmal, ob
es diese Gruppierung noch gibt. Ich wollte dir nur einen kleinen
Crashkurs in Sachen Kunstraub geben. Dir klarmachen, dass es sich
lohnt, wenn man Bescheid weiß. Dass es sich lohnt, dranzubleiben.
Sogar über viele Jahre. Nimm dir ein Beispiel an Sir Nicholas
Serota. Als alle längst aufgegeben hatten, hat er weiter daran
geglaubt, seine Bilder zurückzubekommen.»
Marthaler
nickte. «Was ich mich nur frage: Was war das Motiv der Jugos? Sie
haben die Bilder stehlen lassen, drei Leute sind dafür ins
Gefängnis gekommen, aber die Auftraggeber haben die Bilder
einfach irgendwo abgestellt und gewartet.»
«Ja»,
sagte Sabato, «man könnte auf Gedanken kommen.»
Um
kurz nach halb sechs wachte
Marthaler auf. Er merkte, dass er nicht wieder würde einschlafen
können. Sofort waren seine Gedanken bei Tereza. Er hatte gestern
noch ein weiteres Mal in der Klinik angerufen, aber wieder hatte man
ihn vertröstet. «Kommen Sie morgen früh», hatte die
Stationsschwester gesagt, «dann wissen wir sicher schon mehr.»
Er
hatte mit Elena und Carlos den Abend im Freien verbracht. Sie
hatten im Garten gesessen und Wein getrunken. Die beiden hatten
versucht, ihn zu trösten und abzulenken, aber ihre Sorge war kaum
kleiner als seine eigene. Es gab kein Thema, das ihn nicht an Tereza
erinnerte. Plötzlich war alles ins Wanken geraten. Jeder Gedanke an
morgen oder übermorgen war ihm unmöglich. Er konnte keine
Pläne machen. Er konnte nur noch von Minute zu Minute leben.
Marthaler
stand auf und ging ins Badezimmer. Er putzte sich die Zähne, dann
stellte er sich lange unter die Dusche. Vor dem Spiegel bemerkte er,
dass sich auf der Haut seiner Schultern und am Hals ein Ausschlag
gebildet hatte. Er beugte sich vor, betrachtete die
punktartigen Rötungen und beschloss, sie zu ignorieren.
Als
er nach oben kam, stand Elena im Bademantel in der Küche und kochte
Kaffee.
Sie
sah ihn an. «Hast du geschlafen?»
«Ein
wenig», sagte er. «Magst du einen Toast?» «Danke, nein!»
«Auch
nicht mit sehr bitterer Orangenmarmelade? Eine Tante aus Sevilla hat
sie selbst gemacht.» Er schüttelte den Kopf.
Sie
saßen zusammen am Küchentisch, ohne zu reden. Als er seinen
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