Rosenherz-berbKopie
Anschließend bestellte sie noch ein Glas
Orangensaft. Es bediente sie derselbe Kellner wie am Abend zuvor.
Wieder zwinkerte er ihr zu.
Als
sie zurückkam, sah sie von weitem einen Mann, der sich in der Nähe
ihres Iglus aufhielt. Sofort erwachte ihr Misstrauen. Sie überlegte,
ihn zur Rede zu stellen. Stattdessen verbarg sie sich hinter
einer Hecke, um abzuwarten, was passierte. Sie hatte den Mann nie
zuvor gesehen, sie hatte keine Ahnung, wer er war und was er von ihr
wollte. Aber er schien sie zu suchen.
Der
Mann umrundete mehrmals ihr Zelt, dann sprach er mit dem Zahnarzt
und seiner Frau, die noch immer am Tisch saßen und frühstückten.
Ihre Nachbarn lächelten und schüttelten die Köpfe.
Anna
merkte, wie ihre Nervosität wuchs. Niemand wusste, dass sie hier
war. Außer Ingeborg Kalz hatte sie keinem Menschen gesagt,
dass sie nach Frankfurt fahren würde. Sie hatte das deutliche
Gefühl, dass dieser Mann eine Grenze übertrat, von der sie nicht
wollte, dass sie übertreten wurde.
Einmal
schaute der Fremde in ihre Richtung. Sie zog rasch den Kopf zurück.
Als er keine Anstalten machte, sich ihr zu nähern, war sie
überzeugt, dass er sie nicht bemerkt hatte.
Jetzt
ging er zu ihrem Wagen und notierte sich die Autonummer.
Verdammt,
was will der Typ von mir?
Schließlich
schien er aufzugeben. Er ging noch einmal auf das Nachbarzelt zu.
Dort zog er seine Brieftasche aus der Innentasche seines Jacketts
und nahm etwas heraus. Es sah aus wie eine Visitenkarte. Er legte
sie auf den Tisch. Wieder sprach er ein paar Worte mit der Frau und
dem Zahnarzt. Die beiden lächelten und nickten. Zum Abschied nickte
der Fremde ebenfalls.
Als
er an der Hecke vorbeikam, war er keine zwei Meter von Anna
entfernt. Sie hielt den Atem an und blieb reglos stehen. Nach einer
halben Minute wagte sie sich aus ihrem Versteck. Sie ging auf den
Ausgang zu und sah, wie der Mann das Schloss eines Fahrrads öffnete.
Er stieg in die Pedale und fuhr davon.
Dass
der Mann nicht mit einem Auto gekommen war, war bemerkenswert. Es
machte die Sache umso seltsamer, zugleich kam ihr der Fremde
dadurch weniger bedrohlich vor.
Als
sie sich ihrem Iglu näherte, wurde sie mit verhohlener Neugier von
ihren Nachbarn beäugt.
«Es
war jemand für Sie da!», sagte der Zahnarzt.
«Für
mich?», fragte Anna.
«Ja,
ein Mann hat nach Ihnen gefragt.»
«Es
muss sich um einen Irrtum handeln.»
«Aber
er hat Ihren Namen gewusst.»
«Ein
Mann, der meinen Namen wusste? Wie gesagt, wahrscheinlich eine
Verwechslung.»
«Heißen
Sie Buchwald? Anna Buchwald?»
Anna
trat einen Schritt auf die beiden zu: «Okay», sagte sie. «Wer war
der Mann?»
Das
Paar schaute sich an. «Das ... das wissen wir nicht. Er hat sich
nicht vorgestellt.»
«Doch»,
sagte Anna. «Das hat er. Er hat Ihnen seine Visitenkarte
gegeben. Wahrscheinlich hat er gesagt, Sie sollen ihn
benachrichtigen, wenn ich wieder auftauche. Ich möchte Sie bitten,
das nicht zu tun. Ich möchte Sie bitten, mir zu sagen, wer er war.»
«Marthaler»,
sagte eine Stimme hinter ihr.
Erschrocken
fuhr Anna herum. Vor ihr stand der fremde Mann. Sie trat einen
Schritt zurück und hatte kurz den Impuls, davonzulaufen.
Der
Mann hatte ein freundliches Gesicht. Ein wenig erschöpft sah
er aus, aber freundlich. Er streckte ihr die rechte Hand entgegen.
«Robert
Marthaler, Kriminalpolizei Frankfurt.»
Als
sie keine Anstalten machte, ihn zu begrüßen, ließ er seine Hand
wieder sinken. «Ich hoffe, Sie hatten eine gute Fahrt, Frau
Buchwald.»
Sie
hatte das Gefühl, als wanke der Boden unter ihren Füßen.
Innerhalb weniger Minuten war sie von diesem Typen das zweite Mal
überrumpelt worden und hatte noch immer keinen Schimmer, worauf das
Ganze hinauslaufen würde.
«Was
wollen Sie von mir?», fragte sie und versuchte, ihre Aufregung vor
dem Polizisten zu verbergen.
«Ich
muss dringend mit Ihnen reden!»
«Ich
habe mir nichts zuschulden kommen lassen», sagte sie trotzig. «Ich
wüsste nicht, was wir zu besprechen hätten.»
«Es
scheint, als würden wir uns für denselben alten Kriminalfall
interessieren ...» Er warf einen raschen Seitenblick zu den beiden
Nachbarn, die so taten, als würden sie sich intensiv mit den
Resten ihres Frühstücks beschäftigen. «Aber ich würde es für
besser halten, das vielleicht an einem anderen Ort zu bereden.»
Anna
starrte den Polizisten an. Sie merkte, wie eine dicke Schweißperle
ihren Rücken hinunterlief. Sie überlegte fieberhaft, wie sie
sich Robert Marthaler
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