Rosenherz-berbKopie
gegenüber verhalten sollte. Alles kam darauf
an, was er über sie wusste. Und was er von ihr wollte.
Irgendwas
lief hier falsch. Irgendwas passte nicht zusammen. Sie war
es, die vorhatte, sich in die Ermittlungen der Frankfurter Polizei
im Fall Rosenherz einzuklinken. Sie war es, die etwas von ihm wollte.
Warum lief es jetzt umgekehrt? Warum kam dieser Bulle zu ihr?
Und
woher, zum Teufel, wusste er, dass sie sich mit dem Fall
beschäftigte? Wie hatte er sie hier auf diesem Campingplatz
ausfindig machen können?
Es
gab nur eine Antwort. Und als ihr diese klar wurde, bekam Anna
Buchwald eine rasende Wut auf ihre Schulleiterin Ingeborg Kalz.
«Kommen
Sie», sagte Marthaler und berührte sie leicht am Oberarm, «lassen
Sie uns einfach ein paar Schritte an der Nidda entlanggehen. Dann
haben Ihre Nerven Zeit, sich ein wenig zu beruhigen.»
Auch
das noch, dachte sie. Nicht genug, dass er sie hier aufgespürt
hatte, er hatte sie auch noch durchschaut. Sie musste sich in
den Griff bekommen. Solange sie ihre Aufregung nicht unter Kontrolle
brachte, war die Gefahr zu groß, dass sie einen Fehler beging, der
ihr Vorhaben womöglich zunichtemachte.
Meine
Arme und Beine sind schwer! Wärme durchflutet meinen Körper. Mein
Herz schlägt ruhig und gleichmäßig.
«Schon
gut, alter Säusler», sagte sie. «Ich glaub dir sowieso
nichts.»
«Wie
bitte?» Marthaler schaute sie verwundert an.
«Nichts!
Ich meine nicht Sie! Ja, wir haben einiges zu bereden. Lassen
Sie uns ans Wasser gehen.» Nun war sie es, die Marthaler ihrerseits
am Oberarm berührte.
Sie
war entschlossen, sich diesen Bullen gewogen zu machen. Davon
würde abhängen, ob sie ihre Pläne verwirklichen konnte oder
ob sie unverrichteter Dinge wieder würde abreisen müssen.
Wortlos
bewegten sie sich auf den Ausgang zu. Anna drehte sich noch
einmal um. Ihre Zeltnachbarn saßen am Tisch und schauten ihnen mit
offenen Mündern nach. Anna hob die Hand und winkte den beiden zu.
«Es
war Ingeborg Kalz, die Ihnen gesagt hat, wo ich zu finden bin.»
«Ja.
Sie hat sich lange geweigert. Schließlich konnte ich sie
überzeugen. Mir scheint, Ihre Schulleiterin kann Sie wirklich gut
leiden. Sie hat Ihre Leistungen sehr gelobt.»
«Sie
hat mich verraten.»
«Nein,
indem sie mir gesagt hat, wo Sie sich aufhalten, hat sie Ihnen
geholfen. Hören Sie, Frau Buchwald, was Sie hier machen, ist kein
Witz. Es ist gefährlich. Sie können nicht einfach in einem
ungeklärten Mordfall ermitteln.»
«Ich
bin Journalistin. Und solange ich keine Gesetze übertrete,
kann ich machen, was ich will ... Wie sind Sie auf meinen Namen
gestoßen? Wie haben Sie erfahren, dass ich mich mit dem Fall
Rosenherz beschäftige?»
Marthaler
lachte. «Ich weiß, dass Sie die Ermittlungsakten aus dem
Hessischen Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden ausgeliehen haben.»
«Und
diese Information hat man Ihnen einfach so gegeben. Scheiß auf
den Datenschutz, oder wie?»
«Nein.
Ich musste erst einem freundlichen Angestellten und schließlich dem
Archivleiter mit einer richterlichen Anordnung drohen. Und ich
schwöre Ihnen, die hätte ich mir in kürzester Zeit auch
besorgt...»
«Gut,
weiter!»
«Sie
sind immer noch unter derselben Adresse gemeldet, die Sie im
Hauptstaatsarchiv angegeben haben.»
«Trotzdem
konnten Sie nicht wissen, dass ich jetzt die Journalistenschule
besuche.»
«Ich
habe Ihren Namen in eine Suchmaschine eingegeben. Wissen Sie,
wie viele Anna Buchwalds es in Deutschland gibt?»
Sie
zuckte mit den Achseln.
«Ganze
sechs. Auf dem Jahrgangsbild der Henri-Nannen-Schule habe ich Sie
gefunden. Eine Verwechslung war nicht möglich. Und da die Hamburger
Kollegen Sie zu Hause nicht angetroffen haben, habe ich Ihre
Schulleiterin angerufen. Den Rest kennen Sie ...»
Anna
dachte nach. Tatsächlich konnte es so gewesen sein, wie der
Polizist behauptete.
«Nicht
schlecht», sagte sie.
«Es
ist mein Beruf. Aber, ehrlich gesagt: Es geht nicht immer so
schnell. Immerhin, ich weiß noch mehr über Sie.»
Anna
runzelte die Stirn und wartete, dass er fortfuhr.
«Ich
weiß, dass Sie als Dreizehnjährige einmal ein ganzes Wochenende
verschwunden waren.»
Anna
ging in Lauerstellung.
«Zunächst
dachte man, Sie seien von zu Hause weggelaufen.»
Na
los, Bulle. Bringen wir's hinter uns! Erzähl schon weiter!
«In
Wirklichkeit waren Sie mit zwei älteren Schulkameraden in den
Wald gegangen. Die beiden haben Sie in einen winzigen
Bretterverschlag gesperrt. Es hat fast achtundvierzig Stunden
gedauert, bis
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