Rosenmunds Tod
einmal im Jahr so etwas wie einen richtigen Streit, wir müssen teilweise noch nicht mal miteinander sprechen, um zu wissen, was der andere denkt.«
»Warum heiraten wir dann nicht?«, fragte Katharina.
Ullis Augenwinkel zuckten, Katharina sah es ganz deutlich.
»Ach, darum geht es«, seufzte er. »Wir haben das Thema doch oft genug durchgekaut. Im Augenblick stehen wir uns finanziell doch so wesentlich besser.«
»Immer wieder Geld, als wenn das der einzige Grund wäre«, giftete die Blonde. »Außerdem, Steuerklasse zwei wird abgeschafft. Bin mal gespannt, was dir dann als Ausrede einfällt.«
»Ach Gott, jetzt werde aber nicht komisch. Natürlich werden wir heiraten, aber warum willst du das übers Knie brechen?«
»Übers Knie brechen? Wie lange sind wir denn schon verlobt? Fast sechs Jahre! Langsam glaube ich, das wird ein Dauerzustand.«
»Blödsinn. Und sei doch mal ehrlich, wer hat denn immer herumgerechnet und mir unter die Nase gehalten, wie viel Steuern wir sparen können, wenn Arne bei einer allein Erziehenden auf der Steuerkarte steht?«
»Ja, ich weiß, jetzt ist der schwarze Peter wieder bei mir. Als du damals mit dem Verlobungsring angekommen bist, hatte ich gedacht, wir heiraten auch bald. Dass Arne dazwischengekommen ist, war doch Zufall.«
»Ich finde, du redest am Thema vorbei. Fehlt dir etwas? Soll sich etwas ändern?«
Katharina strich ihre Haare zurück und zuckte hilflos die Schultern. »Ich weiß es doch auch nicht. Hast du wirklich das Gefühl, dass zwischen uns alles in Ordnung ist?«
»Aber sicher doch. Natürlich ändert man sich im Laufe der Jahre, auch eine Beziehung entwickelt sich. Aber ich bin alles andere als unglücklich.«
Die Blonde überlegte lange. Sollte sie weiterbohren? Oder hörte sie einfach nur die Flöhe husten?
»Hören wir auf damit, okay?«, flüsterte sie dann. »Unternehmen wir am Wochenende was zusammen?«
»Gerne«, meinte Zander und strich ihr zärtlich über die Wange. »Morgen Nachmittag wollte ich noch kurz bei Thilo vorbei, aber sonst steht nichts an. Lass dir keine grauen Haare wachsen. Ich mach uns jetzt was zu essen.«
»Ulli!«, rief sie, als er schon fast im Wohnzimmer verschwunden war.
»Ja?«
»Wenn du eine andere hättest, würdest du mir das doch sagen, oder?«
Zander sah sie fassungslos an, schnaufte hörbar durch und ging in die Küche.
27
Gabriele Düdder ließ ohne Schwierigkeiten erahnen, wie ihre Tochter mit vierzig ausgesehen hätte, wenn sie nicht umgebracht worden wäre. Wielert hatte, als ihm die Frau vor zehn Minuten die Tür geöffnet hatte, ein derart intensives Déjà-vu gehabt, dass er kurz zurückgezuckt war. Die beiden hätten sogar noch als Schwestern durchgehen können.
Svenjas Mutter hockte zusammengesunken in einem Sessel, Wielert und Gassel saßen auf der Couch. Die Frau hatte sich so platziert, dass der hässliche Blutfleck an der Wand von ihrem Sitz nicht zu sehen war. Gestern Abend war die Spurensicherung mit ihrer Arbeit fertig geworden, Frau Düdder hatte darauf bestanden, so schnell wie möglich in ihr Haus zurückzukehren.
Wielert kratzte sich unbehaglich über die Nase. Er konnte sich einen schöneren Wochenanfang vorstellen, als gleich mit der Befragung der Mutter eines Mordopfers beginnen zu müssen.
»Ich weiß, das ist für Sie sehr unangenehm«, nahm Gassel den Faden wieder auf. »Aber je mehr wir über Svenja erfahren, umso größer wird unsere Chance, den Mörder zu fassen.«
Die Frau nickte abwesend, so als hätte sie Gassels Worte zwar gehört, aber deren Sinn nicht verstanden. »Möchten Sie einen Kaffee?«, fragte sie leise.
»Nur wenn es keine Umstände macht«, gab Wielert betreten zurück.
»Nein, gar nicht. Ich habe bestimmt noch eine volle Kanne in der Küche. Warten Sie.«
Wie in Trance stand sie auf, verschwand hinter einer Tür und kehrte mit einem Tablett, auf dem eine silberne Thermoskanne, Milch, Zucker und drei Tassen standen, zurück. Mechanisch verteilte sie die Utensilien auf dem Tisch und schenkte das bitter duftende Gebräu ein.
Gassel ließ viel Milch in den Kaffee laufen, der danach immer noch nur schwach goldbraun war. Schon nach dem ersten Schluck bekam er Sodbrennen.
»Können wir anfangen?«, fragte Wielert sanft.
»Fragen Sie«, seufzte die Frau. »Irgendwann muss es ja sein.«
»Frau Düdder, wir können uns von Ihrer Tochter bisher nur ein sehr unzusammenhängendes Bild machen. Zu den Kindern in ihrer Klasse scheint sie sehr wenig Kontakt gehabt zu
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