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Rosenmunds Tod

Rosenmunds Tod

Titel: Rosenmunds Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Pointner
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hin und wieder ihren Enkel sehen.«
    Katharina griff nach ihrem Glas, trank aber nichts. Sie hatte Ullis Eltern insgesamt dreimal gesehen. Seine Mutter war ganz okay, aber mit seinem Vater verband sie eine herzliche, gegenseitige Abneigung.
    »Als ob dich das wirklich interessieren würde. Zu Weihnachten und zum Geburtstag gibt es höchstens ’ne Karte, noch nicht mal einen Anruf. Und jetzt machst du plötzlich auf Familie und willst fast eine ganze Woche zu deinen Eltern.«
    »Ich habe dir doch schon mal gesagt, dass ich mich mit meinem Vater vor kurzem am Telefon ausgesprochen habe. Natürlich ist er immer noch ein Arschloch, aber seit er pensioniert ist, hat er sich verändert. Vor allem ist ihm klar geworden, wie viel zwischen uns schief gelaufen ist.«
    »Aber solche Veranstaltungen waren dir immer ein Gräuel. Und denk an das letzte Mal, als wir in Frankfurt waren. Du wolltest schon am ersten Abend wieder nach Hause, weil dir dein Dad auf den Geist gegangen ist.«
    »Warum hast du so ein Problem damit?«, fragte Ulli erstaunt. »Mein Vater ist siebzig, wer weiß, wie lange er noch zu leben hat. Und bevor ich mir irgendwann Vorwürfe machen muss, dass ich nicht früh genug mit ihm gesprochen habe, kann ich doch mal zwei, drei Tage opfern. Außerdem, Arne wird schon für genug Stimmung sorgen.«
    »Und sich fürchterlich langweilen, weil er nicht so rumtoben darf wie sonst.«
    Ulli nahm einen tiefen Lungenzug. »Willst du ihn hier behalten?«
    »Das ist unfair«, meinte Katharina. »Außerdem muss mein Auto nächste Woche in die Werkstatt. Wie soll ich dann zur Arbeit kommen?«
    »Schatz, Arne und ich fahren mit dem Zug, das hatten wir doch längst besprochen. Was ist los mit dir?«
    »Nichts.«
    »Natürlich nicht. Früher sah das anders aus, wenn du gute Laune versprüht hast. Geht dir euer Fall an die Nieren?«
    »Ja. Nein. Ich hab einfach schlechte Laune.«
    »Hätte ich nicht bemerkt«, grinste Zander. »Oder packt dich so langsam deine alljährliche Geburtstagsdepression?«
    »Quatsch. Muss ich immer vor lauter Lebenslust durch die Gegend hüpfen? Wenn du mies drauf bist, bist du auch ungenießbar.«
    »Stimmt. Aber das dauert vielleicht mal einen Tag, dann ist das vorbei. Du grummelst jetzt schon seit Wochen.«
    Katharina nahm endlich einen Schluck Eistee und starrte über das Terrassengeländer auf die Ruhrwiesen. Der Griff zur Zigarettenschachtel erfolgte schon wieder fast automatisch.
    »Ich hab das Gefühl, dass es zwischen uns beiden nicht mehr so ist, wie es mal war«, meinte sie nach dem ersten Zug. »Findest du, unsere Beziehung ist noch intakt?«
    »Natürlich«, erklärte Ulli ehrlich überrascht. »Wie kommst du denn auf das schmale Brett?«
    »Findest du nicht, dass wir schon anfangen, aneinander vorbeizuleben? Zum Beispiel haben wir schon seit Ewigkeiten nichts mehr spontan unternommen.«
    »Ist ja auch nicht ganz so einfach. Immerhin haben wir hier ein Kind herumlaufen, da kann man nicht einfach freitagnachmittags Klamotten und ein Zelt in den Wagen packen, um mal eben nach Holland zu fahren. Aber für typische Couchpotatoes, die ihre Abende und Wochenenden ausschließlich vor dem Fernseher verbringen, halte ich uns auch nicht.«
    »Aber es fehlt etwas. Mir fehlt etwas. Es kommt mir so vor, als wäre jeder Tag gleich. Wenn ich morgens wach werde, hab ich schon beinahe keine Lust mehr aufzustehen.«
    Zander rutschte auf die zweite Liege und sah besorgt zu ihr herüber. »Du wirst doch nicht depressiv, oder?«
    »Unfug. Ich komm mir nur einfach so. so durchschnittlich vor.«
    »Verstehe ich nicht. Gibt keinen Grund, warum du mit deinem Leben unzufrieden sein könntest. Wir haben doch alles, was man sich erträumen kann.«
    »Wirklich?«
    »Etwa nicht? Sieh dich doch mal um. Wir haben ein wunderschönes Haus, für das wir kaum etwas bezahlen müssen, finanzielle Probleme haben wir auch nicht; wenn du nicht wie Onkel Dagobert auf deinem Geld hocken würdest, könnten wir uns alles erlauben, was wir wollten. Du hast einen absolut sicheren Job, ich hab einen absolut sicheren Job, unser Sohn ist gesund und munter, was willst du mehr?«
    »Stimmt alles. Aber ist dir aufgefallen, dass in deiner Aufzählung ein wichtiger Punkt fehlt?«
    »Nein«, antwortete Zander nach einer Denkpause.
    »Das waren alles materielle Dinge, von Arne mal abgesehen. Aber kein Wort von uns.«
    »Ich verstehe dich nicht«, meinte Ulli wieder und drückte seine Zigarette aus. »Wir ergänzen uns optimal, haben vielleicht

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