Rosentraeume
vielleicht nicht so überheblich, weil ihn keine Prinzessin Isabel bedrängt.«
Es stellte sich heraus, daß Prinz Edward seinem Haushofmeister genaue Instruktionen zur Unterbringung seiner Gäste gegeben hatte. Adele bekam ein eigenes Zimmer gleich neben dem von Lady Bedford. Als Paddy Adeles Gepäck in ihr Zimmer gebracht hatte, lud er sie ein, zusammen mit ihm in der großen Halle zu sitzen. Adele versprach ihm, ihr Bestes zu tun, und als sie ihn anlächelte, zeigten sich zwei Grübchen in ihren Wangen. Als sie sich um ihren Schützling kümmern wollte, meinte Brianna: »Heute abend bin ich keine angenehme Gesellschaft, Adele. Ich denke, ich werde allein in meinem Zimmer essen.«
»Nach einem Bad und einem kleinen Schlummer wirst du wieder frisch und munter sein, mein Lämmchen.«
Brianna bezweifelte das. Sie hatte sich Joan gegenüber schrecklich benommen, und jetzt belasteten sie Schuldgefühle. »Wenn du mein Bad bestellst, dann bestell auch gleich eines für dich, Adele. Ich komme ganz gut allein zurecht. Wahrscheinlich werde ich etwas zeichnen, einige Szenen des Turniers sind mir noch deutlich vor Augen.« Sie hängte ihre Tunika in den Schrank und wartete auf ihr Bad. Dann schlüpfte sie in das aprikosenfarbene Unterkleid, stand dann am Fenster und blickte in die einsetzende Dunkelheit, während sie versuchte, Herr über ihre verwirrten Gefühle zu werden.
Als Adele ihr das Essen brachte, erzählte ihr diese: »Dieser verrückte Haushofmeister hat Joan in einem anderen Flügel des Schlosses untergebracht. Aber vielleicht ist das ja auch besser so, ihr beide scheint heute nicht besonders gut aufeinander zu sprechen zu sein.«
Adeles Worte steigerten Briannas Elend noch. Doch sie machte keine Anstalten, Erklärungen abzugeben. Deshalb meinte Adele: »Glynis und ich werden zusammen in die große Halle gehen. Joan hat auch darum gebeten, auf dem Zimmer zu speisen. Sicher tut ihr gut daran, euch heute abend aus dem Weg zu gehen.« Als Brianna schwieg, wünschte Adele ihr angenehme Ruhe und ging.
Brianna blickte seufzend auf ihren Skizzenblock. Sie begann, eines der Pferde zu zeichnen, die sie im Turnier gesehen hatte. Sein Fell glänzte herrlicher als das Federkleid eines Pfaus. Normalerweise verstand sie es, das Bild eines solchen Geschöpfes festzuhalten. Der Kopf mußte schlank sein, die Augen grau wie die eines Falken, die Brust breit und muskulös. Die Schenkel sollten gerundet und der Rumpf fest sein. Voller Entsetzen blickte sie auf das, was sie gezeichnet hatte. »Das Pferd sieht ja aus wie ein Hund!« sagte sie voller Abscheu.
Briannas Gedanken flogen unkontrolliert hin und her, und immer wieder mußte sie an Joan denken. Abwesend zeichnete sie weiter, merkte gar nicht, was ihre Finger zu Pergament brachten. Doch plötzlich starrte sie entsetzt darauf. Ihr blickte das Gesicht Christian Hawksbloods entgegen. Ungeduldig warf sie die Kohle fort und wusch geschwind die Überreste von ihren Fingern. Mit einem tiefen Seufzer nahm sie ihren Platz am Fenster wieder ein.
Joans Tür wurde leise geöffnet, und Prinz Edward trat in den Raum. Er trug einen langen, schwarzen Mantel, bestickt mit dem Drachen von Wales. Mit einem Jubelschrei flog Joan in seine
Arme, und er drückte sie an sich. Sie war so zierlich, daß sie ihm nur bis an sein Herz reichte. Joan preßte die Wange gegen seine Brust und fühlte seinen kräftigen, gleichmäßigen Rhythmus. »Euer Hoheit, wie hast du es nur geschafft, noch vor uns hier zu
sein?«
»Liebling, du sollst mich nicht >Euer Hoheit< nennen. Das errichtet eine weitere Barriere zwischen uns, und Gott allein weiß, daß es davon schon viel zu viele gibt.«
»Oh, Edward, ich hatte schon Angst, daß ich dich nie wieder alleine sehen würde.«
»Von jetzt an wird das mein Hauptaugenmerk sein, Jeanette.«
Er fühlte ihr Zittern. »Ich... ich will William de Montecute nicht heiraten.«
Nach einem Kuß auf ihr Haar legte er seine Hand unter ihr Kinn und hob ihren Kopf, damit er in ihre Augen sehen konnte. Ungeweinte Tränen glänzten darin. »Mein liebstes Herz, du wirst ihn nicht heiraten«, erklärte Edward voller Nachdruck.
»Aber der König...«
»Der König ist der Geliebte von Katherine de Montecute, er kann ihr nichts abschlagen. Vertrau mir, ich werde einen Weg für uns finden, meine Schöne!«
Joan schwieg erschrocken. Der ganze Hof war der Überzeugung, daß König Edward Königin Philippa die Treue hielt. Sie trug bereits ein weiteres Kind von ihm unter dem
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