Rot und Schwarz
verbracht habe. Meine Blicke schweiften weithin über die reichen Gefilde Frankreichs, während mir der Ehrgeiz die Seele durchloderte. Der Ehrgeiz, das war damals meine Leidenschaft! Mit einem Wort, diese wunderbar gelegene Grotte ist mir lieb und wert. Denke daran! Die braven Besançoner schlagen aus allem Geld. Wenn du es schlau anfängst, werden sie dir meine irdische Hülle verschachern.«
Der traurige Handel gelang Fouqué. Als er in der Nacht in seinem Zimmer allein bei dem Leichnam des Freundes wachte, sah er zu seiner größten Überraschung Mathilde eintreten. Er hatte sie vor wenigen Stunden sieben Meilen hinter Besançon verlassen. Ihre Blicke irrten durch den Raum.
»Ich will ihn sehen!« sagte sie.
Fouqué hatte weder den Mut zu reden noch aufzustehen. Stumm wies er mit der Hand auf einen großen blauen Mantel, der am Boden lag. Er deckte Julians irdische Reste.
Mathilde sank in die Knie. Die Erinnerung an Bonifaz von La Mole und Margarete von Navarra verlieh ihr übermenschliche Kraft. Mit zitternden Händen schlug sie den Mantel zurück. Fouqué wandte seine Blicke ab.
Er hörte, wie Mathilde durch das Zimmer schritt. Sie zündete mehrere Kerzen an. Als es Fouqué über sich gewann, hinzusehen, hatte sie Julians Haupt vor sich auf einen kleinen Marmortisch gestellt und küßte es auf die Stirn.
Mathilde folgte ihrem Geliebten nach der Grabstätte, die er sich gewünscht hatte. Eine große Anzahl von Priestern begleitete die Bahre. Ohne daß es einer unter ihnen wußte, hielt sie in dem verhängten Wagen, in dem sie fuhr, den Kopf des Mannes, den sie so sehr geliebt hatte, auf ihrem Schoße.
So, in tiefer Nacht, gelangte der Zug auf einen der Gipfel der Juraberge und vor die von zahllosen Kerzen prächtig erleuchtete kleine Grotte. Vierundzwanzig Priester zelebrierten die Totenmesse. Eine Menge Einwohner der kleinen Gebirgsdörfer, durch die der Zug gekommen war, hatten sich ihm angeschlossen.
Mitten unter ihnen stand Mathilde in langem Trauerkleid und ließ nach Beendigung des Requiems mehrere tausend Silbertaler unter die Leute werfen.
Als sie dann allein mit Fouqué war, begrub sie eigenhändig das Haupt des Toten. Der Freund sah zu, halb wahnsinnig vor Schmerz.
Auf Mathildens Veranlassung wurde die Grotte mit Marmorskulpturen ausgeschmückt, die unter großen Kosten aus Italien herbeigeschafft worden waren.
Frau von Rênal blieb ihrem Gelübde treu. Sie suchte den Tod nicht, aber drei Tage nach Julians Ende verschied sie in den Armen ihrer Kinder.
To the happy few
dem Fähnlein Erkorener
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