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Rot Weiß Tot

Titel: Rot Weiß Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Salomon
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wollte es ihr vor dem Essen zeigen. So würde die Wartezeit schneller vergehen.
    »Meine Eltern haben sich wegen des Toten ziemlich aufgeregt«, sagte sie, als die Getränke serviert wurden.
    »Du hättest ihnen nichts sagen müssen.«
    »Besser, sie erfahren es von mir als von der Polizei.«
    »Sind sie böse auf mich?«
    »Auf dich?«
    »Weil ich dich in gefährliche Situationen bringe.«
    »Sie schätzen dich sehr«, sagte Sarah. »Mein Vater mag deinen Lebensstil. Er sagt, er hätte auch immer versucht, frei zu sein, nur hätten seine Versuche immer mit Kompromissen geendet. Freiheit, Freundschaft und Liebe seien die einzigen Dinge der Welt, die keine Kompromisse vertrügen.«
    Sarah lachte. Sie mochte ihren Vater. Das Lachen klang allerdings abwesend.
    Albin war auch abwesend. Freiheit war für ihn im Moment keine Frage der Philosophie. Frei war, wer nicht hinter Gittern saß. Und genau dort konnte er landen, wenn sich die Polizei seine Akte vornahm, die Medien den Fall aufgriffen und dringend ein passender Schuldiger gesucht wurde. Er verscheuchte den Gedanken und legte das Foto von Arko auf den Tisch. »Die anderen Aufnahmen sind nicht so gut geworden«, sagte er.
    Jetzt wirkte Sarah auf einmal bedrückt. »Glaubst du, Arko denkt an uns?«
    »Er wird beim nächsten Mal fröhlich mit dem Schwanz wedeln und an uns hochspringen.«
    »Wann werden wir ihn wiedersehen?«
    Es klang wie eine Frage nach dem Leben, das sie noch vor kurzem geführt hatten. Nach jenem vor dem Mord am Heidentor.
    Albin wollte ihr das kommende Wochenende vorschlagen, doch sie war nun gar nicht mehr bei der Sache. »Was ist los mit dir?«, erkundigte er sich.
    »Ich habe an den Ring gedacht.«
    »Ich werde morgen Hanna Goldmann danach fragen.«
    »Er stammt nicht von ihr«, sagte Sarah. »Ein Mann hat den Ring einer Frau bei sich, wenn die Liebe noch frisch oder sehr tief ist. Als Unterpfand dafür, dass er zurückkommt. Seine Beziehung zu Hanna Goldmann war weder tief noch frisch.«
    Der Kellner baute eine Warmhalteplatte auf.
    »Seltsamerweise hat ihn die Polizei nicht gefunden«, sagte Albin.
    »Hast du Bergmann davon erzählt?«
    Albin nickte, während ihm schon das Wasser im Mund zusammenlief. »Er war sehr interessiert.«
    Sarah bedrückte das noch mehr. »Ich habe den Ring bei der Vernehmung absichtlich nicht erwähnt«, sagte sie.
    »Warum nicht?«
    »Weil ich dachte, dass du der Polizei immer einen großen Schritt voraus sein würdest, wenn du als Einziger davon weißt.«
    »Wie konntest du annehmen, dass er nicht gefunden wird?«
    Plötzlich lag das Schmuckstück wie bei einem Zaubertrick neben der Warmhalteplatte. Es befand sich in einer durchsichtigen Plastikfolie, die den Glanz des Goldes und der Smaragde stumpf machte.
    Der Kellner servierte Albins Eierreis und gebratene Ente für Sarah und lächelte. Er glaubte anscheinend, Zeuge einer Verlobung samt dazugehörigem Geschenk geworden zu sein.
    Albin hatte keinen Hunger mehr. Er dachte an die leeren Räume des Fitnessstudios, die Spiegel, Schatten und Geräusche. Er würde heute Nacht alle Lichter brennen lassen. Er würde es immer so machen, bis der Mörder verhaftet war. Sie hatten sich mit ihm auf etwas eingelassen.
    »Hast du Angst?«, fragte Sarah.
    »Nein.«
    »Ich habe den Ring aufgelesen, als du schon im Wagen warst. Im ersten Moment hielt ich das für eine wundervolle Idee. Bist du böse?«
    Albin schüttelte den Kopf. Er hatte Sarah immer souverän gefunden. Selbst ihre Art, ungeduldig, missmutig, nervös oder ängstlich zu sein, erschien ihm stets souverän. Jetzt fand er, dass sogar ihre Art, unsouverän zu sein, auf gewisse Weise souverän war.
    »Was sollen wir machen?«, fragte sie.
    Albin hatte im gleichen Moment eine Idee. »Vielleicht hättest du tatsächlich nichts Besseres tun können«, sagte er, steckte den Ring ein und griff nach den Essstäbchen.

 
    Kapitel 6
     
    Albin wachte auf. Es war drei Uhr morgens. Die Nacht sickerte mit mattem Licht herein, das zwischen den Spiegeln der Kraftkammer hin und her geworfen wurde. Die blassen Straßenlaternen waren wie die Notlichter im Schlafsaal damals im Waisenhaus. Mit etwas Anstrengung hätte er Sarah atmen hören können. Sie schlief nebenan in der Bauchkammer. Er war auch diesmal froh darüber. Allein wäre es ihm schwerer gefallen, wieder einzuschlafen.
    Bei seinem nächsten Erwachen war es sieben Uhr. Sarah war bereits angezogen. »Ich bringe dich nach Hause«, sagte er, während er seinen Schlafsack zum

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