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Rot Weiß Tot

Titel: Rot Weiß Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Salomon
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Trotzdem war er jetzt überrascht. So real, dass die handelnden Personen sogar im Telefonbuch standen, hatte er ihn sich auch wieder nicht vorgestellt.
    »Ralf Stern ist ein interessanter Name«, sagte Sarah, die das Register weiter durchging. »Er klingt nach einem ungewöhnlichen Menschen.«
    Das fand Albin auch. Er erzählte ihr, was er über den Mann wusste. Stern hatte nach fünfzehn Jahren Bürogemeinschaft mit Markovics eine genauso abenteuerliche wie erfolgreiche Werbeidee entwickelt: Er hatte sich per Exklusivvertrag mit dem amerikanischen Zahnpastahersteller Interdental verpflichtet, ein Jahr lang sowohl privat als auch beruflich nur noch einen einzigen Satz von sich zu geben: »Interdental ist die beste Zahnpasta der Welt.« Er bezeichnete das Ganze als Kunstprojekt und trat bei Pressekonferenzen und in der Fernsehwerbung auf. In den USA war er ein echter Prominenter geworden. Demnächst sollte das Programm auch in Europa gestartet werden.
    »Ich habe davon gehört«, sagte Sarah.
    »Der Mann hatte das Glück, mit diesem Schwachsinn auch noch steinreich zu werden.«
    »Es ist weder Schwachsinn, noch war es Glück. Es ist eine Art Meisterwerk der Werbung, und nach fünfzehn Jahren Erfahrung in dem Beruf ist es auch nicht vom Himmel gefallen. Außerdem verstehe ich gar nicht, weshalb du ihn beneidest. Was würde ein Philosoph des Verzichtes wie du mit so viel Geld anfangen?«
    »Ich wollte mir schon immer einen Kinosaal mieten, den Film vor hochgeklappten Stühlen laufen lassen und währenddessen auf der Stiege vor dem Eingang Popcorn essen.«
    »Du könntest es wie Stern machen, es zum Kunstprojekt erklären und dir einen Popcorn-Hersteller als Sponsor suchen. Weißt du auch etwas über diesen Gregoritsch?«
    »Er war Lehrer und hat gemeinsam mit einem Partner eine Firma gegründet, die Literatur-Ferienlager für Acht- bis Achtzehnjährige veranstaltete. Das hat er aufgegeben, um Verlagslektor zu werden.«
    »Du musst auch mit ihm reden. Woher kannte er das Opfer?«
    »Markovics hat die Werbung für die Lager gemacht.«
    Für Albins Gefühl konnte sich dieser Mordfall leicht zu einer zähen Sisyphosarbeit entwickeln. Er hätte sich lieber aufs Bett gelegt und über nichts Bestimmtes nachgedacht, während Sarah auf der Kraftbank saß und lernte. Viele Abende hatte er so verbracht, mit einer Art von Zufriedenheit, die ihm davor unbekannt gewesen war.
    Er raffte sich auf. »Ich fange mit Hanna Goldmann an.«
    »Anschließend könnten wir essen gehen«, schlug Sarah vor.
    Sie ging nach oben, um zu duschen. Albin sah auf die Uhr. Es war kurz nach acht. Duschen hieß, dass sie doch bleiben würde. Er war froh darüber. Er lebte gerne allein, trotzdem schien ihm das Studio, wenn sie gegangen war, oft unerträglich leer.
    Hanna Goldmann meldete sich nach wenigen Sekunden. Das Gold in ihrem Namen, das von Bergmann beschriebene Blond ihrer Haare und die Freundlichkeit ihrer Stimme verschmolzen für Albin zu einem strahlenden Lächeln am anderen Ende der Leitung. »Albin Fischer, Report«, sagte er und fragte sich, ob sie so schön wie dieses Lächeln war. »Ich hoffe, ich rufe nicht zu spät an.«
    »Kein Problem. Ich bin übrigens Abonnentin. Schreiben Sie nicht in der Wirtschaft?«
    »Wir nehmen es damit nicht so genau. Im Moment arbeite ich an einem Mordfall.«
    Eine kurze Stille trat ein. »Marko«, sagte Hanna Goldmann schließlich. »Die Polizei hat schon angerufen. Ich soll morgen in die Rossauer Kaserne kommen. Bisher weiß ich nur, was in der Zeitung stand.«
    »Ich möchte Sie treffen«, sagte Albin und fürchtete, dass es wie Anmache klang.
    »Das bringt nichts. Weder für Sie noch für mich.«
    »Sie standen ihm sehr nahe.«
    Hanna Goldmann lachte trocken. »Das ist es ja. Ich habe ihn geliebt. Doch was immer vor zwei Jahren wirklich geschehen ist, für mich ist er schon damals gestorben. Haben Sie schon einmal vom Tod eines Toten erfahren?«
    »Er war nicht tot. Er starb am Montag im Morgengrauen.“
     »Vielleicht.«
    »Ich selbst habe die Leiche entdeckt.«
    Hanna Goldmann horchte auf. Ihre Stimme wurde eine Spur unsicherer. »Sie selbst?«
    »Ich kannte ihn nicht«, sagte Albin. »Doch das hat nichts an meinem Entsetzen geändert.«
    »Er hat also während der letzten beiden Jahre tatsächlich noch gelebt?«
    »So sieht es aus.«
    »Wo war er?«
    »Darauf gibt es noch keine Antwort.«
    »Wurde er entführt oder misshandelt? Gibt es Spuren?«
    »Soviel ich weiß, hat die Obduktion nichts Derartiges

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