Rot Weiß Tot
ergeben.«
Albin verzichtete darauf, ihr zu sagen, dass in Markovics’ Magen eingelegter Tintenfisch, Oliven und Weißbrot gefunden worden waren.
»Was wollen Sie von mir?«, fragte Hanna Goldmann. Das große Lächeln am anderen Ende der Leitung wich dem Schimmern von unterdrückten Tränen in rot geränderten Augen.
»Ich möchte wissen, wer ihn getötet hat«, sagte Albin. »Sie können mir dabei helfen.«
»Das kann ich nicht.«
»Sie tun es, indem wir reden.«
»Geht es um Ihre Karriere?«
»Der Anblick des Toten lässt mich nicht mehr los.«
»Gehen Sie zu einem Psychotherapeuten.«
»Ich werde diesen Mord aufklären.«
»Ich träume noch manchmal von Marko«, sagte Hanna Goldmann. »In meinem Traum ist sein schwarzer Alfa ein Cabrio, er sitzt am Steuer, hat die Hände hinter dem Kopf verschränkt und lacht mich aus.« »Weshalb?«
»Weil er sich verdrückt und mich sitzen gelassen hat. In dem Traum ist es so.«
»Was haben Sie vor zwei Jahren der Polizei gesagt?«
»Der Polizist war ein Fließbandarbeiter, der mich nach einem Tatmotiv abgeklopft hat. Der Mann sah aus, als würde er an Sonntagen im Wohnzimmer Pfeife rauchend seinen Dackel streicheln, während seine Frau den Schweinsbraten zubereitet. Ich konnte ihn nicht leiden. Ich habe gar nichts gesagt.«
»Hieß er Damian Bergmann?« Albin fand, dass ihre Beschreibung den Chefinspektor ausgezeichnet traf.
»Möglich«, sagte Hanna Goldmann. »So heißt jedenfalls der Polizist, den ich morgen treffen soll.«
»Was genau haben Sie damals nicht gesagt?«
»Es gibt Dinge, die mir erst wieder eingefallen sind, lange nachdem die Polizei danach gefragt hat.«
»Zum Beispiel?«
»Dass ich selbst Grund genug gehabt hätte, ihn umzubringen. Er hat mich ausgenützt. Meine Freunde haben nur den Kopf geschüttelt. Ich bin blind gewesen.«
»Wie hat er Sie ausgenützt?«
»So, wie eine verliebte Frau von einem gefühllosen Mann eben ausgenützt wird. Ich war immer für ihn da, ich gab alles, er nichts.«
»Haben Sie ihn umgebracht?«
»Ich bin nicht auf die Idee gekommen. Das war ja gerade mein Problem. Sonst wäre ich vorher noch auf die Idee gekommen, ihn zum Teufel zu schicken.«
»Was ist Ihnen noch eingefallen?«
»Er dachte, ich lasse ihn observieren.«
»Zu welchem Zweck hätten Sie das tun sollen?«
»Aus Eifersucht.«
»Und, haben Sie?«
»Ich habe ihn für verrückt erklärt. In Momenten wie diesem dämmerte mir die Sinnlosigkeit dieser Sache. Doch ich wollte es nicht wahrhaben.«
»Wie kam er auf die Idee?«
»Vielleicht wurde er von jemand anderem beobachtet. Ich weiß es nicht.«
Albin war hellwach. »Werden Sie das morgen auch Bergmann erzählen?«
»Liegen Sie mit ihm im Wettbewerb?«
Albin schwieg.
»Wenn es Ihnen so wichtig ist, dann treffen wir uns meinetwegen.«
Sie verabredeten sich für den kommenden Nachmittag um vier Uhr in ihrem Büro.
Albin legte grübelnd sein Gesicht in die Hände. Er fragte sich, ob sie am nächsten Tag noch genauso offen sein würde. Jetzt war ihre Stimmung von der Nachricht über den Tod ihres Geliebten geprägt, später würde sie sich vielleicht schon eine ausweichende Strategie zurechtgelegt haben.
Oben verebbte das Prasseln der Dusche. Wie angenehm, dass Sarah noch da war, dachte Albin. Die weitläufigen Trainingsräume des Fitnessstudios mit den vielen Spiegeln, Säulen und metallenen Geräten waren ihm auf einmal unheimlich. Es gab Lichter von der Straße her und Schatten, die sich mit den Scheinwerfern der vorbeifahrenden Autos bewegten. Es gab Geräusche, die er nicht kannte, Knarren, Pochen, Schleifen, Huschen und Scheppern. Angst hätte in dem ehemaligen Studio reichen Nährboden gefunden.
Sarah kam über die eiserne Wendeltreppe herunter. »Hast du etwas herausbekommen?«
»Markovics fühlte sich beobachtet.«
»Behauptet das Hanna Goldmann?«
»Sie hat ihn sehr geliebt.«
»Das sagt sie einem Fremden am Telefon?«
»Sie war außer sich und scheint überhaupt extrovertiert zu sein. Morgen treffe ich sie.«
Den Namen Ralf Stern hatte Sarah im Telefonbuch nicht gefunden. Albin selbst suchte jetzt nach Frank Gregoritsch. Den gab es, sogar mit Festnetz- und Handynummer. Doch Albin hatte für heute genug. Ihm stand der Sinn nach Spinatstrudel mit Fladenbrot vom Türken in der Kirchengasse oder nach Eierreis vom nächsten Chinesen.
Sarah wollte gebratene Ente, also wurde es der Chinese. Albin steckte das Bild von Arko in die Brusttasche. Sarah hatte es nicht entdeckt. Er
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