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Rot Weiß Tot

Titel: Rot Weiß Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Salomon
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Mörder könnte damit etwas ausdrücken wollen. Vielleicht stirbt das nächste Opfer im Wasser.«
    »Das ist kein Spiel, sondern die grausamste Mordserie der letzten Jahrzehnte«, sagte Bergmann mit schwellender Stirnader. »Egal, was uns der Mörder sagen will. Ich kann ihm nur antworten, dass wir weitere Gewaltverbrechen dieser Art mit allen Mitteln verhindern werden.«
    Abrupt wandte er sich ab. Die Journalisten blieben stehen. Nur ein paar Fotografen liefen ihm bis zu seinem schwarzen Dienstwagen nach.
    Albin blieb zurück und hörte wie ein verspätetes Echo auf Bergmanns Erklärung Sabatellos Stimme: »Das ist die grausamste Mordserie der letzten Jahrzehnte«, sagte der Reporter in sein Mikrofon. »So lauteten vor wenigen Sekunden die Worte des Kriminalbeamten Damian Bergmann, gesprochen hier am nächtlichen Heidentor. Chefinspektor Bergmann, der Leiter der für die Heidentor-Morde eingesetzten Sonderkommission Wien-Ost, hat unter dem Eindruck des Grauens den heiligen Schwur getan, dass es keinen weiteren Toten geben werde. Das, obwohl die Polizei noch im Dunkeln tappt …«
    Albin setzte sich in seinen Wagen, der von den Golfs, Peugeots und Audis seiner Kollegen eingekeilt war. Er ließ den Motor an und rollte mit zwei Rädern über die Wiese. Zwischen den Feldern wendete er und fuhr durch die Unterführung zurück zur Bundesstraße. Hinter ihm blieb der aufgeregte Menschenauflauf zurück. Der Trubel der Journalisten und der Wettlauf um die besseren Informationen hatten den Mord zu einer Inszenierung auf einer Freiluftbühne gemacht. Mit dem Unterschied, dass sich die Protagonisten anschließend nicht beklatschen ließen, sondern zur Autopsie gebracht und beerdigt wurden. Eben schien selbst das noch zur Inszenierung gehört zu haben, doch in der Dunkelheit des Wagens war Albin mit der Wirklichkeit allein.
    Die Scheinwerfer tasteten sich durch den dichter werdenden Nebel. Albins Uhr zeigte fast Mitternacht und die Wiener Stadtgrenze war unendlich weit entfernt. Arko fiel ihm ein. Am Sonntag würden sie ihn aus dem Tierheim holen. Der Hund würde japsen, wedeln und um Sarah und ihn im Kreis laufen. Sarah würde ihm das neue Halsband umlegen. Das Bewusstsein, jemandem eine Freude machen zu können, und sei es einem Vierbeiner, gab Albin in diesem Moment etwas von seiner Selbstsicherheit zurück.
    Sein Handy läutete. »Wo bist du?« Es war Sarah.
    »Du weißt es schon?«
    »Es kommt im Radio.«
    »Ich bin auf dem Rückweg in die Stadt.«
    »War es schlimm?«
    »Ich muss solche Dinge nüchtern betrachten. Eines Tages wird mir das gelingen.«
    »Den besten Leuten gelingt das nie ganz.«
    »Der Tote ist Leo Zimmermann«, sagte Albin. »Gregoritschs Partner bei den Ferienlagern. Er wollte mir noch etwas sagen.«
    »Ich könnte schon heute bei dir übernachten«, schlug Sarah vor.
    Albin wollte das Angebot ausschlagen, da bog er schon zum Gürtel ab, um sie abzuholen. Am Samstagvormittag stocherte Albin mit einem Teelöffel in einem weichen Ei. Sie frühstückten im Café Ritter und hatten eben die Morgenzeitungen gelesen. »Wieso haben die alle nur so dünne Informationen?«, fragte Sarah.
    »Es ist zu kurz vor Redaktionsschluss passiert.«
    Vergeblich winkte er dem Kellner. Samstag war der wichtigste Einkaufstag. Hektische Menschenhorden drängten zur Tür des Kaffeehauses herein und degradierten die bejahrten Ober zu bloßen Laufburschen. Die Herren in den speckigen Smokings mussten im Akkord Getränke, Kuchen und Torten zu den Tischen schleppen. Sie hatten nicht einmal Zeit, ungeduldige Kundschaft durch besonders langes Warten auf die Rechnung zu bestrafen.
    Sarah machte Albin auf einen Zusatzartikel im Merkur aufmerksam. Der behandelte die lange Forschungsarbeit zur Ermittlung der historischen Bewandtnis des Heidentores. Jahrzehntelang hätten die Geschichtsforscher keine Erklärung für seine Entstehung gefunden. Das Wissen darüber beruhe auf ganz jungen Erkenntnissen. Die Symbolik des Gebäudes und der vielen im Schutt gefundenen Tafeln und Altärchen sei noch immer nicht restlos entschlüsselt.
    Auf dem Weg zur Toilette begegnete er Gering, der das Café eben verließ. »Ah, Albin«, sagte der Hausbesitzer. »Frühstücken Sie auch hier?« Er schlug sich auf den Bauch dabei.
    »Manchmal …«, fing Albin an.
    »Ich habe übrigens etwas für Sie«, unterbrach ihn Gering. »Ich wollte Sie schon anrufen.«
    Endlich wieder einmal eine gute Nachricht, dachte Albin. »Was ist es?« »Haben Sie jetzt gleich

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