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Rot Weiß Tot

Titel: Rot Weiß Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Salomon
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hätte. Doch Sarah wickelte die Käsebrote aus der Alufolie, und er wollte sie nicht allein essen lassen.
    Eine Weile schwiegen sie. Sarah und der Hund beobachteten einen Schwan am anderen Ufer. Die Ranken einer Waldrebe wanden sich dort um eine Weide wie in einem brutalen Ringkampf, den der Herbst mit dem Raub des Laubes unterbrochen hatte. Im Frühling würde der Kampf weitergehen, manche Weiden würden sich durchsetzen, manche verlieren, und die Waldreben würden immer da sein.
    Albin verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Er strengte sich an, wach zu bleiben, und war schon im nächsten Moment eingenickt.
    Er merkte es an seinem Traum. Der handelte vom Heidentor: Das Denkmal war mit bunten Blumengirlanden umwickelt. Markovics traf auf einem tänzelnden Rappen ein. Er trug schwarzes Leder und Stiefel mit klirrenden Sporen.
    Vor dem Tor stieg Markovics vom Pferd und spielte auf einer kleinen Flöte. Albin erschien das Lied zu sanft für einen Macho wie den Werbetexter. Da mischten sich Geigenklänge in die Melodie. Albin hatte wieder so einen Moment der Erkenntnis, zu denen er anscheinend nur in Träumen fähig war.
    »Hast du von dem Mord geträumt?«, fragte Sarah, als er hochschreckte.
    Albin strich sich das Haar aus der Stirn und blinzelte in die Sonne. »Ich habe von der vollkommenen Liebe geträumt.«
    »Die vollkommene Liebe? Wie ist sie?«
    »Ein Mann spielte auf einer Flöte die Melodie einer Frau und sie begleitete ihn auf einer Geige.«
    »Du kannst so poetisch sein, wenn du schläfrig bist.«
    »Glaubst du, dass sich ein Macho verlieben kann?«
    »Wahrscheinlich hört er im gleichen Moment auf, ein Macho zu sein. Woran denkst du?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Du denkst an Olga Dada und fragst dich, was sie mit Markovics verbunden haben könnte.«
    »Ich will mir den Tag nicht mit diesen Dingen versauen.«
    »Sie sind in jedem Fall da. Ob du nun darüber sprichst, nur daran denkst oder nicht einmal das.«
    »Olga Dacia hatte sich anscheinend in Markovics verliebt und ihm nachgestellt. Sie ist gleichzeitig mit ihm untergetaucht.«
    »Das kann alles Mögliche bedeuten.« »Was zum Beispiel?«
    »Keine Ahnung.«
    Albin sah sich nach Anglern um. Er entdeckte keinen und suchte einen flachen Stein im Schotter. »Jetzt ist sie tot. An der gleichen Stelle wie Markovics ermordet. Wieso?«
    »Du wirst es herausfinden.«
    Albin blickte zu der Weide und der Waldrebe hinüber. Auf einmal beklemmte ihn das Bild. Statt den Stein springen zu lassen, legte er ihn zurück.
    »Im Videotext hieß es, die Tote sei eine gebürtige Kroatin. Stimmt das?«, fragte Sarah.
    »Keine Ahnung.«
    »Die Ost- oder die italienische Mafia könnte demnach beteiligt sein. Es könnte sich um einen Ritualmord handeln.«
    Albin dachte an Bergmanns Wette um eine Sachertorte im Domcafé. Er vertraute auf die Erfahrung des Chefinspektors. »Weil sich bisher niemand einen vernünftigeren Reim darauf machen kann«, sagte er.
    »Vielleicht musste sie sterben, weil sie zu viel über den Mord an Markovics wusste. Sie war so etwas wie sein Tagebuch.«
    »Warum hat der Mörder die Leiche dann nicht einfach still und heimlich verschwinden lassen?«
    »Unauffälligkeit scheint nicht sein Stil zu sein.«
    »Es ist ein dummes Gefühl, nichts tun zu können.«
    »Zeiten, in denen es nichts zu tun gibt, nutzt man am besten zum Nichtstun.«
    Sarah warf ein Stück Holz für Arko ins Wasser.
    Der Hund stürzte sich nach kurzem Zögern in die Fluten, brachte es schnaufend ins Trockene und rannte damit hinauf zum Weg, wo er sich die Nässe aus dem Fell schüttelte. Eine Gruppe von Spaziergängern sprang erschrocken zur Seite.
    »Braver Arko«, lobte Albin. »Guter Hund.«
    »Du bist furchtbar«, sagte Sarah.
    »Ich bin so ein Spießer geworden, dass mir manchmal schlecht davon wird. Es tut gut, wenigstens noch einen Anarchisten in der Familie zu haben.«
    Sarah lachte. Auf einmal hatte sie einen Hundekeks in der Hand. »Soll ich«, fragte sie und deutete auf Arko, der mit den Tatzen im Wasser stand.
    »Nein.« Albin schüttelte energisch den Kopf.
    »Feigling.«
    »Ich habe genug mit mir selbst zu tun. Arko hat es im Heim besser.«
    Der Hund hatte bemerkt, dass es um ihn ging. Er war herangekommen und beschnupperte Sarahs Hand, mit der sie den Keks umschloss. Sie kicherte, als er sie mit den Barthaaren kitzelte.
    »Du solltest das nicht tun«, warnte Albin.
    Da öffnete Sarah schon die Hand. »Albin traut sich nicht so recht«, sagte sie mit schmeichelnder Stimme

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