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Rot Weiß Tot

Titel: Rot Weiß Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Salomon
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Polizist eine Schublade auf und holte eine Klarsichthülle heraus. Sie enthielt ein Olivenblatt, das von der Mittelader her gelb wurde. »Das haben wir in Olga Dacias rechtem Schuh gefunden.«
    »Ein Olivenblatt?«
    »Genau. Hier in Österreich gibt es so etwas nicht.«
    »Vielleicht in einem Feinkostladen.«
    »Ich habe bisher nur Rispentomaten und Mandarinen mit Blättern daran gesehen. Keine Oliven. Die Schlussfolgerungen müssen Sie selbst ziehen.«
    »Wieso soll ich raten, wenn Sie es mir auch sagen können?«
    »Olga Dada stammte aus der Stadt Rumin auf der gleichnamigen Kornateninsel«, sagte Bergmann unwillig. »Aufgrund unserer bisherigen Ermittlungen gehen wir davon aus, dass sich während der letzten beiden Jahre sowohl sie als auch Ronald Markovics in dieser Region aufgehalten haben. Ich hoffe, dass wir Ende nächster Woche dort mit den Ermittlungen beginnen können.«
    »Ende nächster Woche erst?«
    »So einfach ist das nicht. Interpol wurde eingeschaltet und wir haben mit unserem Verbindungsbeamten Süd-Ost Kontakt aufgenommen. Er übersiedelt gerade von Laibach nach Zagreb und steckt bis über beide Ohren in Arbeit. Inzwischen steht er in Kontakt mit einem lokalen Polizeiattaché.«
    Kroatien, dachte Albin und fragte sich, was sein alter 2 CV dazu sagen würde.
    »Wenn jemand von diesem Gespräch erfährt, gehen Sie und Ihre Freundin in Untersuchungshaft«, sagte Bergmann. »Und zwar in getrennte Zellen und viel länger als Ralf Stern.«
    »Auf Kroatien wäre ich auch von selbst gekommen.«
    »Falls Sie eine Reise in den Süden erwägen: Vergessen Sie es. Wer sich auf den Kornaten versteckt und Ortskenntnisse hat, ist auch mit militärischen Satellitensystemen kaum aufzuspüren. Es gibt dort siebenhundert Inseln, die noch nicht einmal von den Geografen restlos erforscht sind.«
    »Hört sich nach einer interessanten Gegend an.«
    »Ich will Sie nicht als Leiche einfliegen lassen müssen und dann auch noch zum Minister zitiert werden. Wenn Sie weiter als bis zur Triester Straße in den Süden reisen, lasse ich Sie verhaften.«
    »Mein Ressortleiter würde mir so eine Dienstreise ohnedies nie bewilligen.«
    Bergmann war misstrauisch. Offenbar ahnte er, dass Albin seinen Ressortleiter erst gar nicht um Erlaubnis fragen würde. »Begreifen Sie eigentlich, womit wir es hier zu tun haben?«, schimpfte er. »Wenn das so weitergeht, haben wir bald die spektakulärste Mordserie der zweiten Republik. Dann steht für Österreich nicht mehr Rot-Weiß-Rot, sondern Rot Weiß Tot. Sie haben eine schwierige Rolle dabei. Sie dürfen sich keinen falschen Schritt erlauben. Sonst sind auch Sie tot.«
    »Das klingt wie eine Drohung.« Albin ging zur Tür.
    »Ich meine es gut mit Ihnen, Sie Dummkopf.«
    »Natürlich.«
    Aus den Augenwinkeln sah Albin Bergmanns Stirnadern schwellen.
    »Tot«, schrie ihm der Chefinspektor nach. »Tot, sie eingebildeter Narr!«
    Ungeachtet der mit feinem Nebel vermischten Autoabgase holte Albin draußen auf der Rossauer Lände tief Luft. Durch die Berggasse, in der einst Sigmund Freud residiert hatte, ging er zu Fuß Richtung Votiv-Kirche und rätselte dabei über die Psyche des Chefinspektors. Er dachte an den freundlichen Herrn aus dem Domcafé, der sich allmählich als trickreicher Choleriker herausgestellt hatte. Was sollte er von dem Mann halten?
    Kroatien kannte Albin nicht. Er wusste bloß, dass es im Süden von Österreich lag und dass die Halbinsel Istrien eine Art Toskana für Ärmere war. Er stellte sich das ganze Land als eine Art Ostitalien vor, mit dichterem Macchie-Bewuchs und mehr Konsonanten in der Landessprache. Er würde dort schon nicht untergehen, hoffte er. Schließlich gab es Landkarten, und wenn diese Insel Rumin in einem Touristengebiet lag, würde er sich sogar mit Deutsch durchschlagen können. Im schlimmsten Fall würde er mit leeren Händen heimkommen und am Meer gewesen sein.

 
    Kapitel 14
     
    Stern hat mit fünfundzwanzig Jahren einen Literaturpreis gewonnen«, sagte Sarah.
    Albin stand zwischen zwei Bauchgeräten am Fenster und starrte zu seinem Wagen hinunter. Er war eben erst zurückgekommen und nicht bei der Sache. »Angeblich verkommen viele literarische Talente als Werbetexter«, sagte er nur. »Woher weißt du das?«
    »Es steht in einem Artikel über ihn.«
    »In Zeitungen steht viel Blödsinn.«
    Sarah schien enttäuscht zu sein, weil er ihre Neuigkeit nicht würdigte. »Du musst es wissen.«
    Der Wagen sah aus, als würde er es nicht einmal mehr bis

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