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Rote Sonne über Darkover - 5

Rote Sonne über Darkover - 5

Titel: Rote Sonne über Darkover - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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er sich im Tod danach gesehnt.
    Man konnte sich leicht vorstellen, daß dies einmal ein Drache von großer Macht gewesen war. Ana blieb stehen, um den versteinerten Kopf voller Achtung zu berühren. Dann ging sie an Körper und Schwanz entlang eine Viertelmeile weiter in die Höhle hinein.
    Manchmal mußte sie kriechen, wenn die Decke niedrig wurde.
    Dann kam sie tief im Berg in eine Kammer und konnte sich wieder aufrichten.
    Große Steine lagen verstreut umher, vom Wasser geglättete Ovoide, die sie so tief im Berg nicht erwartet hatte. Dann lagen noch andere, große, gebogene Stücke da. Manche sahen aus, als könne ein Riese sie brauchen, um seine Wiese zu mähen. Versuchsweise berührte sie eins und spürte auf der Handfläche einen scharfen Schmerz. Ein winziger Steinsplitter ragte daraus hervor. Ana stellte die Laterne auf den Boden und versuchte, den Splitter mit der anderen Hand herauszuziehen. Sie erwischte den größten Teil und wickelte ihr Taschentuch um die Wunde. Zur Decke hochblickend, die jetzt von der Laterne angeleuchtet wurde, begriff sie plötzlich, und der Mund blieb ihr offenstehen.
    Sie hatte zu viele Jahre den Hühnerstall in High Rolls betreut, und sie erkannte ein Nest mit Eiern, wenn sie eins sah. Auch wußte sie, daß sie das Bruchstück eines Dracheneis in der rechten Hand hielt, eine zerbrochene Eierschale. Aus diesem Ei hatte sich der kleine Drache geduldig den Weg ins Freie gehackt, und dann war er entflohen. Ihre verletzte Hand schonend, machte sich Ana vorsichtig auf den Rückweg. Schließlich fühlte sie die starke Hand des ersten Mannes am Seil, der ihr durch die letzte enge Stelle half. Dann stand sie wieder in der Höhlenmündung.
    »Doro wird Hilfe brauchen - das wird jeder, der dem Drachen in den Weg gerät«, sagte sie. »Denn er ist frisch geschlüpft und fast ohne Verstand. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Gehen wir.«
    Zweifelnd betrachteten sie den Abstieg. Alle waren als Bergsteiger erfahren genug, um zu wissen, daß es schwieriger war, nach unten als nach oben zu klettern, und es war immer noch finstere Nacht.
    Der Drachengeruch, den Ana wahrgenommen hatte, führte sie nicht mehr, denn jetzt war er hinter ihnen.
    Trotzdem, dachte Ana, während sie sich mühselig an der Felswand hinuntertastete, hatte ihr seit Jahren nichts mehr so viel Spaß gemacht wie diese Nacht. Mochte Doro flehen, soviel sie wollte, sie würde sich nicht mehr an ihre Schürzenbänder fesseln lassen! Doro war alt genug, um für sich selbst zu sorgen, Frau genug, um Charlot zur Hilfe anzustellen. Es gab so viele Männer und Mädchen und Verwandte des Landes, daß Doro nicht allein sein würde. Und wenn sie nicht aus dem Ei schlüpfte, schoß es Ana plötzlich durch den Kopf, würde sie versteinern, wie es die Felsblöcke in der Drachenhöhle getan hatten.
    Über den östlichen Bergen wurde der Himmel allmählich violett-grau.
    Langsam hob sich das Dach des Küchenflügels von den Sparren. Ein riesiger, grün-bronzener Kopf sah durch die Balken und wandte sich dem Herd zu. Aus dem großen Maul peitschte begeistert die Zunge.
    Doro schrie. Der Kopf rückte näher und näher an das Feuer heran, und plötzlich sah Doro, daß ihm einer ihrer süßen Kuchen im Weg stand und gleich zerdrückt werden würde. Entrüstet riß sie den Kuchen unter dem Drachenkopf weg. Der Drache stieß einen leisen, klagenden Laut aus. Wo blieben ihre Beschützer?
    Die hervorstehenden Augen richteten sich auf sie, und obwohl ihnen keine Tränen entströmten, hatte Doro fast den Eindruck, das gewaltige Tier weine. Der schuppige Hals zuckte, der Drache sah Doro vorwurfsvoll an und jaulte ein bißchen. Eine große Klaue hob sich und kratzte den Hals, genau wie ein Hund sich flöht. Mehrere Pfeile fielen herab und landeten im Kochtopf. Über ihr auf dem Dach liefen ihre Verteidiger sinnlos mit Pike und Speer, Lanze und Schwert herum und suchten nach einer Stelle in der Drachenhaut, die ihre Waffen nicht zum Nichtwiedererkennen abstumpfte. Das Gesicht des Drachen kam dem Feuer näher.
    Mit klopfendem Herzen versuchte Doro, eins der vielen scharfen Messer zu erreichen, die jede Köchin zum Schneiden und Hacken braucht, aber der massige Reptilienkopf war zwischen ihnen und ihrer Hand. Langsam zog sie sich an den Herd zurück, mit wilden Flüchen ihre unfähigen Beschützer, die alte Sensitive, die Unheil riechen, aber nicht abwenden konnte, ihre abwesende Mutter und ihren sich herumtreibenden Ehemann bedenkend. Der Kopf des Drachen

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