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Rote Sonne über Darkover - 5

Rote Sonne über Darkover - 5

Titel: Rote Sonne über Darkover - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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ohne viel eigenen Willen. So reinlich und zierlich sie in den Gewohnheiten des täglichen Lebens war, brauchte sie doch ständig aufmerksame Betreuung. Sie erwiderte sie mit anspruchsloser und unbegrenzter Liebe und Zuneigung. Calla liebte sie von Herzen, aber auch wenn das nicht der Fall gewesen wäre, hätte sie mit gleicher Pflichttreue für sie gesorgt. Es war eine Schuld, die sie ihrer Meinung nach abtragen mußte, eine Verantwortung, die sie mit Freuden auf sich genommen hatte.
    Jetzt richtete sie sich auf und maß die Männer, die Ari so gierig betrachteten, mit finsteren Blicken. Ihre Müdigkeit abschüttelnd, ging sie in einer Haltung, die der eines Soldaten ähnelte, zu der primitiven Theke an der einen Seite des Raumes und klopfte darauf.
    Ein Mädchen erschien, und bald trug Calla Becher mit dampfender Brühe an den Tisch zurück. Ari saß schlaff, mit geschlossenen Augen da und saugte die Wärme des Feuers in sich ein. Ihre Augen öffneten sich, große blaue Sterne, die Calla dankbar ansahen, als sie den warmen Becher in die kalte kleine Hand drückte.
    »Trink«, befahl Calla mit einem Lächeln, das den Ton ihrer Stimme Lügen strafte. »Nein, nicht daran riechen, dabei wird dir bestimmt der Appetit vergehen. Trink es einfach ‘runter.« Sie setzte sich. Wie sehnte sie sich danach, ihre kalten, nassen Stiefel auszuziehen! »Ein Junge kümmert sich um die Pferde«, teilte sie Ari zu deren Beruhigung mit, »und wir haben ein Zimmer, in das wir uns zurückziehen können, sobald wir gegessen haben. Nein, wir werden erst essen, du hast den ganzen Tag noch nichts gehabt«, erklärte sie energisch, denn Aris Blick sagte ihr, daß das Mädchen viel lieber gleich aufs Zimmer gehen würde. »Bei den Göttern«, sagte Calla gereizt, »ich glaube, du würdest überhaupt nichts essen, wenn ich nicht aufpaßte! Mein Magen knurrt im Augenblick wie eine Bergkatze; ich könnte beim besten Willen nicht schlafen. Aber dann gehen wir gleich nach oben.«
    »Du kannst in mein Zimmer gehen, Püppchen«, knarrte eine Stimme hinter Calla. Sie drehte sich auf ihrem Stuhl um und sah einen großen Mann, der die rauhe Jacke und die ledernen Reithosen eines Soldaten trug. Er war bärtig, seine Augen, mit denen er Ari anstarrte, glitzerten vor Gier. Er legte eine massige Hand auf die Lehne von Callas Stuhl. Sie stieß sie weg; er roch nach Ale.
    Unverzagt schob er sich näher an Ari heran, die ihn erstaunt und ohne Angst betrachtete. Calla fuhr mit der Hand in ihre Jacke und legte sie um das glatte Heft ihres Messers.
    »Was sagst du dazu, du hübsches, hübsches Ding?« säuselte der Mann. »Ich habe da oben so einige Sachen, die ich dir zeigen möchte.« Einladend sah er zu der Treppe hin, die in Dunkelheit verschwand. Wieder legte er die Hand schwer auf die Lehne von Callas Stuhl und schrie plötzlich auf, als Blut aus der Messerwunde spritzte, die quer über den Handrücken lief. Der Stuhl kippte um, als Calla aufsprang und sich vor ihn stellte, den Kopf leicht gesenkt und mit glimmenden Augen. Das Messer glänzte in ihrer Hand, und sie hatte die Verteidigungsstellung eines Fechters eingenommen.
    Der große Mann trat einen Schritt zurück, die verwundete Hand mit der anderen umfassend. Ein zweiter Mann kam herein. Dieser war nicht betrunken, und seine Augen blickten konzentriert und intelligent. Calla erkannte sofort, daß er derjenige war, vor dem sie sich in acht nehmen mußte, und ihr Herz begann zu hämmern. Ein schneller Blick durch den Raum zeigte ihr kein einziges freundliches Gesicht; sie war also allein. Nun, sie war früher schon allein gewesen. Beide Männer rückten gegen sie vor. Ihr Unterkiefer spannte sich.
    »Ihr seid gegen sie beträchtlich in der Überzahl, Gentlemen«, kam eine trockene Stimme von der Tür her, »und ich benutze den Ausdruck ›Gentlemen‹ im weitesten Sinn.«
    Calla sah zur Tür und erkannte eine hochgewachsene, in einen Mantel gehüllte Gestalt. Das Gesicht wurde von den tiefen Falten der Kapuze verborgen, aber der Körper war eindrucksvoll. Der Mantel war über eine Schulter zurückgeworfen worden. Die Art, wie die im Handschuh steckende Hand leicht auf dem Schwertgriff ruhte, verriet, daß ihr Besitzer das Schwert zu benutzen verstand.
    Nun zog die andere Hand die Kapuze vom Kopf, und Calla blickte in die mageren, wie gemeißelten Züge und die scharfen, furchtlosen Augen einer von der Schwesternschaft. Das Haar war kastanienfarben, so kurz geschnitten wie ihr eigenes, und die

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