Rote Spur
Masilo gar nicht. Sie saß neben Rajkumar, die Augen auf die Wand geheftet, während er ihr Bericht erstattete: »Die Operation bei Consolidated Fisheries war ein voller Erfolg. Eine großartige Teamarbeit zwischen Taus Agenten und meinen Technikern«, fügte er hinzu und blickte sie an. Sie schien völlig unbeeindruckt zu sein.
»Fahren Sie fort.«
»Wir kopieren momentan ihre gesamten Daten. Die Software ist zum Teil gekauft, zum Teil selbstgeschrieben, aber wir werden in Rekordzeit fertig und einsatzbereit sein«, erklärte er mit so viel optimistischem Elan, wie er aufbringen konnte. »Doch die wirklich gute Neuigkeit ist, dass wir uns bereits in ihre Fleet-Tracker-Website eingeloggt haben. Dadurch erhalten wir eine vollständige Übersicht über die Bewegungen aller Schiffe während des letzten Monats bis heute Mittag.«
Sie nickte nur. »Sonst noch etwas?«, fragte sie, ohne Masilo anzusehen.
»Nur schlechte Neuigkeiten«, sagte der Anwalt. »Wir können weder de la Cruz noch Baadjies aufspüren. Die Mitglieder des Höchsten Rates gehen ihren Alltagsgeschäften nach. Unsere Fahndung nach dem Lastwagen ist bisher ergebnislos geblieben. Das ist alles.«
Milla war als Erste im Büro. Mutter Killian kam eilig auf sie zu, einen dünnen Hefter in der Hand. Sie begrüßte Milla und legte die Mappe vor sie hin.
|296| »Theunie wird dir gleich erklären, wie man ein neues Profil anlegt. Sieh dir das hier an, bevor er ins Büro kommt. Wir erwarten die ersten Berichte der Agenten nicht vor morgen. Deine Aufgabe besteht darin, die Akte zu ergänzen, sobald es neue Informationen gibt.«
Milla öffnete den Ordner. Darin befand sich nur ein Blatt Papier mit den ursprünglichen Instruktionen unter der Überschrift:
Tiefenprofil: Lukas Becker
.
»Der hier ist sehr wichtig, Milla. Du musst deine Gedanken zusammenhalten.«
Operation Shawwal
Mitschrift: abgehörtes Handygespräch zwischen A. Hendricks und L. Becker
Datum und Uhrzeit: 27. September 2009, 17:41 Uhr
LB: Kann ich bitte mit Shahid Latif Osman sprechen?
AH: I’m sorry?
LB: Verstehen Sie Afrikaans?
AH: Wer ist da, bitte?
LB: Mein Name ist Lukas Becker. Ich suche Shahid Latif Osman.
AH: Ich glaube, Sie haben die falsche Nummer.
LB: Tweety the Bird? Ist er zu sprechen?
AH: Sie haben wirklich die falsche Nummer.
LB: Sind Sie sicher?
AH: Ja. Hier gibt es niemanden, der so heißt.
LB: Okay. Entschuldigen Sie.
Janina Mentz saß im Büro des Ministers bei einer Tasse Tee und wählte vorsichtig ihre Worte, denn sie hatte sich sorgfältig vorbereitet. »Meneer Minister, wir haben möglicherweise das Ziel eines Terroranschlags identifiziert. Es hat sich herausgestellt, dass es sich um ein politisch äußerst heikles Ziel handelt. Unsere Priorität ist es natürlich, dieses Ziel abzusichern. Aber wir stehen vor zwei Problemen. Erstens haben wir keine konkreten Beweise dafür, dass es sich tatsächlich um das Anschlagsziel handelt. |297| Unsere Spekulationen basieren auf einem bestimmten Datum, das wir von den Extremisten abgefangen haben. Zweitens brauchen wir zur Sicherung des möglichen Ziels die Hilfe unserer Kollegen bei der Polizei, möglicherweise unter Einbeziehung bestimmter örtlicher Behörden. Doch wie Sie wissen, wird die DA-Regierung im West-Kap versuchen, aus allem politisches Kapitel zu schlagen. Ich weiß nicht, inwieweit wir ihr vertrauen können.«
Der Minister nickte.
»Ich bin hier, weil ich Ihren Rat brauche, Meneer Minister. Wie können wir den Terroranschlag verhindern, ohne schon im Vorfeld die gesamte Operation zu gefährden?«
(29. September 2009. Dienstag.)
»Wenn es einen Kontakt zwischen den Ravens und dem Höchsten Rat gegeben hat, ist er uns entgangen. Vielleicht hat es aber auch gar keinen gegeben«, sagte Quinn.
»Aber wo sind denn nun die Diamanten?«, fragte Rajkumar.
»Auf dem Weg nach Oman.«
Die beiden stellvertretenden Direktoren sahen Quinn forschend an.
»Überlegen Sie doch mal«, fuhr er fort. »Das sind muslimische Extremisten. Die Steine sind beschmutzt. Sündhaft. Sie wollen nicht direkt mit ihnen in Berührung kommen. Und auch den Kontakt zu den Ravens wollen sie auf ein Minimum beschränken. Aus naheliegenden Gründen. Welche Optionen bleiben also? Sie beauftragen Terror, die Steine in eine Stahlkassette zu packen und zu Macki nach Oman zu schicken. In dem Moment, wo sie eintreffen, wird das Geld überwiesen. Oder so ähnlich.«
Masilo sah Quinn wortlos an.
Rajkumar sagte:
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