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Rote Spur

Rote Spur

Titel: Rote Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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das Champagnerglas ab. »Ich habe in den letzten Jahren versucht, meine Kapitalanlagen zu streuen, anstatt alles in einem Fonds zusammenzufassen. Ein Konto hatte ich bei der Northern Rock Bank, die letztes Jahr durch die Finanzkrise in Schwierigkeiten geraten ist. Damals bin ich nach London geflogen und habe den gesamten Betrag abgehoben, weil ich erst abwarten und weitersehen wollte. Aber dann hatte ich das viele Bargeld am Hals, und das im Irak. Mir blieb nichts anderes übrig, als es in einem Schließfach zu deponieren. Bis ich vor drei Wochen hierher zurückgekehrt bin. Mit dem Geld in meinem Rucksack. Das war mein erster Fehler. Und dann kam der nächste. In Johannesburg. Am Flughafen habe ich ein schickes Auto gemietet. Das war nicht geplant, sie hatten mir ein Upgrade angeboten, und vor mir lagen die unbefestigten Straßen im Vrystaat. Also wählte ich einen Mercedes ML und fuhr nach Sandton, um mir ein Hotelzimmer zu nehmen und mich auszuschlafen. Da wurde der Wagen gekapert. Vier Kerle mit Pistolen, ich hatte keine Chance. Das Geld war in meinem Rucksack im Kofferraum. Ich habe gefragt, ob ich mein Gepäck rausholen dürfte …«
    »Und da haben sie das Geld gestohlen?« Die Frage rutschte ihr unwillkürlich heraus. Er lächelte über die Unterbrechung. »Entschuldige«, sagte sie.
    »Ja, das Geld haben sie gleich mitgenommen. Vierzigtausend Pfund Sterling. Eine halbe Million Rand.«
    Milla schnappte nach Luft und musste sich zwingen, ihn nicht erneut zu unterbrechen.
    »Es war eine interessante Erfahrung«, fuhr er fort, »sie davonrasen zu sehen. Ich bin ihnen hinterhergerannt, ein paar hundert Meter weit …«
    Milla sah ihn gespannt an. Ihr Herzklopfen hatte sich ein wenig gelegt.
    |344| »Wie dem auch sei – ich habe den Überfall und den Diebstahl gemeldet und anschließend ein, zwei Tage gewartet, bis … Nein, ich muss ein bisschen weiter ausholen. Bitte habe Geduld, denn das ist wichtig. Ich möchte dir erklären, warum ich gewisse Dinge einfach tun muss. Teilweise kommt das durch meine Kindheit, die Krankheit meiner Mutter, die Hilflosigkeit meines Vaters – keiner von beiden hatte Kontrolle über sein Leben, die Umstände haben sie völlig überrollt. Mit fünfzehn wurde mir schlagartig klar, dass ich so nicht leben wollte. Und dass ich durch die … Abwesenheit der beiden im Grunde auf mich allein gestellt war. Dann, an der Universität, las ich Voltaire, der sagt, dass man an den Karten, die einem das Leben austeilt, nichts ändern könne. Aber man habe die Freiheit, zu entscheiden, wie man sie ausspielt. Wenn man gewinnen will. Damals habe ich einen Entschluss gefasst, Milla: mein Schicksal selbst zu bestimmen …«
    Sie nickte, denn sie konnte ihn gut verstehen.
    »Als mir das Geld gestohlen wurde … Als mir klar wurde, dass die Polizei in Sandton es jeden Tag mit zwei, drei solcher bewaffneter Überfälle mit Autodiebstahl zu tun hat und dazu noch allen möglichen anderen Verbrechen … Und selbst wenn sie die Kerle erwischen, stehen die Chancen gering, dass sie auch das Geld finden. Ich brauche es aber unbedingt, um die Farm zu bezahlen, sonst fällt der Kauf ins Wasser. Da habe ich entschieden, mir das Geld auf eigene Faust zurückzuholen. Das erste Problem bestand darin, die Ganoven aufzuspüren. Einer von ihnen hatte ein ernstes Augenproblem, eine weiße Verfärbung der Hornhaut. Ich wusste, wenn ich ihn den richtigen Leuten beschrieb … Es hat ein paar Tage gedauert, ich habe mich umgehört, habe Leute geschmiert, bis ich ihn hatte. Dann hat es noch einen Tag gedauert, bis er mir sagte, für wen er arbeitete. Von da an habe ich mit ihnen verhandelt, mit dem Boss, Julius Shabangu …«
    Bei dem Namen erschrak Milla, denn sie kannte ihn.
    »… und die Spur meines Geldes führte ans Kap. Deswegen bin ich hier. Die Leute, mit denen ich zu tun habe, sind allerdings |345| nicht ungefährlich. In Johannesburg herrschen Syndikate und das Organisierte Verbrechen, hier am Kap die Pagad, vermute ich. Und vorgestern … Ich glaube, ich werde verfolgt. Deswegen möchte ich erst diese Sache hinter mich bringen. Aber ich verspreche dir, mich wieder zu melden, sobald ich alles erledigt habe.«
    »Augenblick«, warf sie ein. »Geh doch zur Polizei. Jetzt, wo du weißt, wer dein Geld hat.«
    »Shabangu ist tot, Milla, er wurde letzte Woche in seinem Haus erschossen. Wenn ich zur Polizei gehe und sage, dass er mir mein Geld gestohlen hat … Verstehst du?«

63
    Die Last ihres eigenen Betrugs legte

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